Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
mich auch nicht groß gewundert hat. Der Mann hat nämlich soviel Talent zum Schauspieler wie eine Kuh zum Autofahren.« Seine Augen verengten sich. »Glauben Sie, daß er’s war?«
    Galbraith schüttelte leicht den Kopf. »Im Augenblick geht es uns nur darum festzustellen, ob er überhaupt in die Sache verwickelt ist oder nicht. War er mit Ihrer Frau befreundet?«
    Sumner verzog den Mund. »Sie meinen, ob die beiden was miteinander hatten?«
    »Wenn Sie so wollen?«
    »Nein«, sagte er mit Entschiedenheit. »Er ist stockschwul. Er läßt sich für pornographische Schwulenhefte fotografieren. Und überhaupt, sie kann ihn... konnte ihn nicht ausstehen. Sie war wütend, als ich ihn damals mit nach Hause brachte - sagte, ich hätte sie vorher fragen sollen.«
    Galbraith sah ihn einen Moment lang nachdenklich an. Er empfand die Abwehr als übertrieben. »Woher wissen Sie das mit den Schwulenzeitschriften? Hat Harding Ihnen das erzählt?«
    Sumner nickte. »Er hat mir sogar so ein Heft gezeigt. Und er war auch noch stolz darauf. Aber er stellt sich eben gern zur Schau. Er genießt es, im Rampenlicht zu stehen.«
    »Okay. Erzählen Sie mir von Ihrer Frau. Wie lange waren Sie verheiratet?«
    Er mußte nachdenken. »Es wären bald vier Jahre gewesen. Wir haben uns in der Firma kennengelernt und sechs Monate später geheiratet.«
    »Was für eine Firma ist das?«
    »Pharmatec in Portsmouth. Ich bin Chemiker und arbeite dort in der Forschung. Kate war Sekretärin.«
    Galbraith senkte die Lider, um sein aufflammendes Interesse zu verbergen. »Ist das dieses pharmazeutische Unternehmen?«
    »Ja.«
    »Auf welchem Gebiet forschen Sie?«
    »Ich persönlich?« Er zuckte gleichgültig die Achseln. »Alles, was mit dem Magen zu tun hat.«
    Galbraith merkte es sich. »Hat Ihre Frau nach der Hochzeit weitergearbeitet?«
    »Ein paar Monate lang, bis sie schwanger wurde.«
    »Freute sie sich über die Schwangerschaft?«
    »O ja. Es war ihr größter Wunsch, eine eigene Familie zu haben.«
    »Und es ist ihr nicht schwergefallen, ihre Berufstätigkeit aufzugeben?«
    Sumner schüttelte den Kopf. »Etwas anderes wäre für sie nicht in Frage gekommen. Sie wollte nicht, daß ihre Kinder auf die gleiche Art aufwachsen mußten wie sie selbst. Sie hatte keinen Vater, und ihre Mutter war den ganzen Tag weg. Sie war immer auf sich allein gestellt.«
    »Und Sie sind jetzt noch bei Pharmatec tätig?«
    Er nickte. »Ich bin der Topwissenschaftler dort«, sagte er völlig sachlich.
    »Sie wohnen also in Lymington und arbeiten in Portsmouth?«
    »Ja.«
    »Fahren Sie mit dem Auto zur Arbeit?«
    »Ja.«
    »Das ist eine ganz schöne Strecke«, meinte Galbraith teilnehmend, während er im Kopf nachrechnete. »Da brauchen Sie doch jedesmal - warten Sie - mindestens anderthalb Stunden. Haben Sie schon mal daran gedacht umzuziehen?«
    »Wir haben nicht nur daran gedacht«, erwiderte Sumner mit einem Anflug von Ironie, »wir haben’s auch getan. Wir sind erst vor einem Jahr nach Lymington gezogen. Sie haben recht, die Fahrt ist eine Tortur, besonders im Sommer, wenn der New Forest von Touristen überlaufen ist.« Er schien unzufrieden mit seinem Los.
    »Und von wo sind Sie weggezogen?«
    »Chichester.«
    Galbraith erinnerte sich der Aufzeichnungen, die Griffiths ihm nach Sumners Anruf gezeigt hatte. »Dort wohnt doch Ihre Mutter?«
    »Ja. Sie hat schon immer da gewohnt.«
    »Und Sie auch? Sie sind in Chichester geboren und aufgewachsen?«
    Sumner nickte.
    »Da ist Ihnen der Umzug sicher nicht ganz leichtgefallen, zumal die Fahrt zur Arbeit dadurch wesentlich länger wurde.«
    Sumner ging auf die Bemerkung nicht ein. Er starrte weiter mit trostloser Miene zum Fenster hinaus.
    »Wissen Sie, was ich dauernd denken muß«, sagte er nach einer Weile. »Wenn ich hart geblieben wäre und mich einfach geweigert hätte wegzuziehen, wäre Kate jetzt nicht tot. Wir hatten nie Probleme, als wir noch in Chichester lebten.« Augenblicklich schien ihm bewußt zu werden, daß seine Bemerkung zu allen möglichen Interpretationen einlud, und er fügte hinzu: »Ich meine, in Lymington wimmelt’s doch von Fremden. Die meisten Leute, denen man begegnet, leben nicht einmal dort.«
    Galbraith führte noch ein kurzes Gespräch mit Griffiths, ehe diese William und Hannah Sumner nach Hause begleitete. Während die Spurensicherung ihre Durchsuchung von Langton Cottage beendete, hatte sie Zeit gehabt, nach Hause zu fahren, sich umzuziehen und ein paar Sachen zu packen, und

Weitere Kostenlose Bücher