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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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gelebt hatte. Seine Kenntnis des Hauses war überaus dürftig. Der Constable, der zu ihrem Schutz abgestellt worden war und der den Kollegen von der Spurensicherung bei der akribischen Durchsuchung jedes einzelnen Zimmers zugesehen hatte, kannte sich weitaus besser aus. Sumner sah sie nur jedesmal, wenn sie ihm eine Frage stellte, verständnislos an. In welchem Schrank Tee aufbewahrt würde? Er wußte es nicht. Wo Hannahs Windeln lägen? Welches ihr Waschlappen sei? Auch das wußte er nicht. Ob er ihr wenigstens Hannahs Zimmer zeigen könnte, damit sie die Kleine zu Bett bringen könne? Er drehte den Kopf zur Treppe. »Es ist da oben«, sagte er. »Sie können es nicht verfehlen.«
    Er schien wie gelähmt angesichts des Eingriffs des Spurensicherungsteams in seine Privatsphäre. »Was suchen Sie überhaupt?« fragte er.
    »Alles, was in irgendeinem Zusammenhang mit dem Verschwinden Ihrer Frau stehen könnte«, antwortete Griffiths.
    »Heißt das, sie glauben, daß ich es getan habe?«
    Griffiths ließ Hannah auf ihre Hüfte hinuntergleiten und drückte das kleine Gesicht an ihre Schulter, als könnte sie so verhindern, daß das Kind das Gespräch mitbekam. »Das ist das übliche Verfahren, Mr. Sumner, aber ich denke, darüber sollten wir uns nicht in Gegenwart Ihrer Tochter unterhalten. Ich schlage vor, das besprechen Sie morgen mit Inspector Galbraith.«
    Doch er war entweder zu unsensibel oder zu gleichgültig dem Wohl seiner Tochter gegenüber, um den Hinweis zu verstehen. Er starrte auf ein Foto seiner Frau, das auf dem Kaminsims stand. »Ich kann es doch gar nicht getan haben«, murmelte er. »Ich war doch in Liverpool.«
     
    Auf Ersuchen der Polizei von Dorset hatte die Liverpooler Polizei bereits erste Ermittlungen im Regal Hotel aufgenommen, und die Rechnung, die William Sumner an diesem Morgen beglichen hatte, erwies sich als äußerst interessant. In den ersten zwei Tagen hatte er ausgiebig Gebrauch von Telefon, Restaurant und Bar gemacht, dann aber klaffte zwischen dem Mittagessen am Samstag und einem Getränk an der Bar am Sonntag mittag eine Lücke von vierundzwanzig Stunden. In dieser Zeit hatte er den Hotelservice in keiner wie auch immer gearteten Weise in Anspruch genommen.

10
     
     
    Als John Galbraith am folgenden Morgen in der Diele von Langton Cottage wartete, um mit William Sumner zu sprechen, wurden ihm zwei Dinge über die tote Ehefrau des Mannes klar. Zunächst einmal stellte er fest, daß Kate Sumner eitel gewesen war. Jedes Foto im Zimmer zeigte entweder sie allein oder mit Hannah. Vergeblich schaute Galbraith sich nach einem Foto von William oder auch dem einer alten Frau um, die Williams Mutter hätte sein können. Aus reiner Langeweile zählte er die Fotos - dreizehn insgesamt -, die alle dasselbe gefällig lächelnde Gesicht, umrahmt von blonden Locken, zeigten. Zeugt das nun von extremer Ichbezogenheit, fragte er sich, oder ist es Zeichen eines tiefsitzenden Minderwertigkeitsgefühls, das die ständige Erinnerung daran braucht, daß fotogen zu sein ein Talent wie jedes andere ist?
    Als nächstes wurde ihm bewußt, daß er selbst niemals mit Kate Sumner hätte zusammenleben können. Sie schien mit Begeisterung alles, was ihr unter die Finger gekommen war, mit Rüschen und Fransen versehen zu haben: Spitzenvorhänge, Vorhangschabracken, Sessel - selbst die Lampenschirme hatten Fransen oder Troddeln. Nichts, nicht einmal die Wände, waren von ihrem Faible für bombastische Dekorationen verschont geblieben. Langton Cottage war ein Haus aus dem neunzehnten Jahrhundert mit Balkendecken und gemauerten offenen Backsteinkaminen, aber statt diese Besonderheiten mit einem schlichten weißen Anstrich vorteilhaft hervorzuheben, hatte sie die Wände im Wohnzimmer mit einer Pseudo-Regency-Tapete mit goldenen Streifen, weißen Schleifen und Obstkörben voll unnatürlich gefärbter Früchte bespannen lassen. Galbraith fand diese Verunstaltung des Zimmers, das so reizvoll und gemütlich hätte sein können, schauderhaft und verglich die Überladenheit automatisch mit der strengen Schlichtheit auf Steven Hardings Boot, das im Moment von der Spurensicherung unter die Lupe genommen wurde, während Harding, unter Berufung auf sein Recht zu schweigen, in einer Zelle schmorte.
    Rope Walk war eine ruhige, von Bäumen gesäumte Straße im Westen des Royal-Lymington- und des Town-Jachtklubs, und Langton Cottage war bestimmt nicht billig gewesen. Als Galbraith am Dienstag morgen um acht nach nur zwei Stunden

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