Wellenbrecher
erkannt, daß er sie als selbstverständlich hinnehmen konnte. Deshalb machte er immer mehr Überstunden, und deshalb erhob er auch keinen Einspruch gegen den Umzug nach Lymington. Sie war ja mit allem einverstanden, was er tat, verstehen Sie, da brauchte er sich nicht die Mühe zu machen, ihr Zeit zu widmen. Ihre Beziehung enthielt keinerlei Herausforderung.« Sie hielt kurz inne. »Ich hatte gehofft, ein Kind würde die beiden einander näherbringen, aber Kate hat von Hannah derart Besitz ergriffen, als wären Kinder die alleinige Domäne der Frau. Durch das Kind wurde die Distanz zwischen den beiden nur noch größer. Jedesmal, wenn William die Kleine hochnehmen wollte, fing sie an zu brüllen wie am Spieß, so daß er ziemlich bald das Interesse verlor. Ich habe mir Kate deswegen einmal vorgeknöpft und ihr gesagt, sie täte dem Kind nichts Gutes mit solcher Affenliebe, aber erreicht habe ich damit gar nichts. Sie hat es mir nur übelgenommen.« Sie seufzte. »Ich hätte mich nicht einmischen sollen. Das hat sie von hier fortgetrieben.«
»Aus Chichester, meinen Sie?«
»Ja. Es war ein Fehler. Sie haben zu schnell zu vieles in ihrem Leben verändert. William mußte die Hypothek auf meine Wohnung abbezahlen, als er unser altes Haus verkaufte, und dann eine weit höhere aufnehmen, um Langton Cottage kaufen zu können. Er hat sein Boot verkauft und das Segeln aufgegeben. Ganz zu schweigen davon, daß die tägliche weite Fahrt zur Arbeit und wieder nach Hause ihn enorme Zeit und Kraft kostet. Und wozu das alles? Für ein Haus, das er nicht einmal besonders mag.«
Galbraith bemühte sich, kein allzu heftiges Interesse zu zeigen. »Warum sind sie dann umgezogen?«
»Weil Kate es so wollte.«
»Aber wenn die beiden nicht miteinander ausgekommen sind, warum hat William das dann mitgemacht?«
»Regelmäßiger Sex«, antwortete sie verdrossen. »Im übrigen hab ich nicht gesagt, daß sie nicht miteinander ausgekommen wären.«
»Sie sagten, er hätte sie als selbstverständlich hingenommen. Ist das nicht das gleiche?«
»Ganz und gar nicht. In Williams Augen war sie die ideale Ehefrau. Sie führte ihm den Haushalt, setzte seine Kinder in die Welt und ließ ihm seine Ruhe.« Ihr Mund verzog sich zu einem bitteren Lächeln. »Die beiden sind prächtig miteinander ausgekommen, solange er die Hypothekenraten bezahlte und ihr den Lebensstil ermöglichte, an den sie sich sehr schnell zu gewöhnen begann. Ich weiß, man sollte nicht schlecht über eine Tote sprechen, aber sie war schrecklich gewöhnlich. Die wenigen Freundinnen, die sie hatte, waren fürchterlich - laut und ordinär...« Sie schauderte. »Grauenhaft!«
Galbraith sah sie mit unverhohlener Neugier an. »Sie haben sie wirklich nicht gemocht, stimmt’s?«
Wieder dachte Angela Sumner gründlich über seine Frage nach. »Nein, ich habe sie nicht gemocht«, gestand sie schließlich. »Nicht, weil sie unangenehm oder lieblos gewesen wäre, sondern weil sie die egozentrischste Person war, die mir je begegnet ist. Wenn sich nicht alles - und ich meine wirklich alles - um sie gedreht hat, hat sie so lange manövriert und manipuliert, bis sie es geschafft hatte. Sie brauchen sich ja nur Hannah anzusehen, wenn Sie mir nicht glauben. Warum hätte sie das Kind sonst in solcher Abhängigkeit halten sollen, wenn nicht deshalb, weil sie es nicht ertragen konnte, um seine Zuneigung wetteifern zu müssen?«
Galbraith dachte an die Fotos in Langton Cottage und an seinen eigenen Eindruck, daß Kate Sumner eine eitle Frau gewesen war. »Wenn nicht eine gescheiterte Affäre dahintersteckt, was ist Ihrer Meinung nach dann passiert? Was hat sie dazu veranlaßt, Hannah auf ein Boot mitzunehmen, wo sie sonst doch nie jemand auf ein Boot gekriegt hat?«
»Was für eine seltsame Frage«, meinte Angela Sumner überrascht. »Nichts, aber auch wirklich gar nichts hätte sie dazu bringen können. Sie ist garantiert mit Gewalt an Bord gebracht worden. Wie können Sie noch daran zweifeln? Jemand, der es fertigbrachte, sie zu vergewaltigen und zu ermorden und dann ihr Kind auszusetzen und allein in einer fremden Stadt herumirren zu lassen, hätte bestimmt keine Skrupel gehabt, sie mit Drohungen dahin zu bringen, wo er sie haben wollte.«
»Gut, aber in einem Jachthafen herrscht immer Betrieb, da wäre es doch aufgefallen, wenn jemand eine Frau und ein Kind mit Gewalt auf ein Boot geschleppt hätte. Uns liegt aber keine derartige Meldung vor.« Soweit man bisher hatte feststellen
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