Wellenbrecher
Hose opfern müssen. »Wo ist das Vieh?«
»Auf der Balz, nehme ich an. Seine andere Lieblingsbeschäftigung besteht darin, die örtlichen Hündinnen zu bedienen.«
Galbraith ließ sich vorsichtig im einzigen Sessel nieder. »Hat er Flöhe?«
Lachend wies Ingram mit dem Kopf zur Küchentür. »Hinterlassen Mäuse ihren Kot im Zucker?« murmelte er.
»Verdammt!«
Ingram ging zum Fenster und hockte sich auf die Kante des Simses. »Sie können froh sein, daß Sie es nicht mit ihrer Mutter zu tun haben«, sagte er gedämpft. »Diese Küche hier ist steril im Vergleich zu der von Mrs. Jenner.«
Er war bisher nur ein einziges Mal in den Genuß von Mrs. Jenners Gastfreundschaft gekommen, vor vier Jahren, an dem Tag nach Healeys Verschwinden, und er hatte sich geschworen, das nie wieder auf sich zu nehmen. Sie hatte ihm den Kaffee in einer gesprungenen Tasse aus feinstem Spode gereicht, die innen schwarz von Tannin gewesen war, und er hatte die Brühe kaum hinuntergebracht. Er hatte die seltsamen Sitten und Gebräuche des verarmten Landadels nie verstanden. Diese Leute schienen alle zu glauben, wenn nur das Porzellan wertvoll war, spielte die Hygiene keine Rolle.
Sie warteten schweigend, während Maggie in der Küche hantierte. Von einem Misthaufen im Hof wehte der strenge Geruch von Pferdedung durchs offene Fenster herein, und die Hitze im Raum war beinahe unerträglich. Im Nu hatten beide Männer hochrote Gesichter und mußten sich immer wieder mit ihren Taschentüchern die Stirn wischen, und der Vorteil, den Ingram eben noch gegenüber Maggie zu haben geglaubt hatte, war rasch zerronnen.
Einige Minuten später kam sie mit einem Tablett aus der Küche und reichte die Kaffeetassen herum, ehe sie sich auf Berties Decke auf dem Sofa niederließ.
»Ich glaube nicht, daß ich Ihnen noch etwas erzählen kann, was ich Nick nicht schon gesagt hätte«, bemerkte sie zu Galbraith gewandt. »Ich weiß, daß Sie einen Mord untersuchen, ich habe die Zeitungen gelesen, aber da ich die Tote nicht gesehen habe, kann ich mir wirklich nicht vorstellen, wie ich Ihnen behilflich sein soll.«
Galbraith zog seine Notizen aus seiner Jackentasche. »Es geht um mehr als um Mord, Miss Jenner. Kate Sumner wurde vergewaltigt, bevor sie ins Meer geworfen wurde. Der Mann, der sie umgebracht hat, ist also äußerst gefährlich, und wir müssen ihn fassen, bevor er so etwas noch einmal tut.« Er machte eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen. »Glauben Sie mir, wir sind für jeden noch so kleinen Hinweis dankbar.«
»Aber ich weiß doch nichts«, entgegnete sie.
»Sie haben sich mit einem Mann namens Steven Harding unterhalten«, erinnerte er sie.
»Ach, mein Gott«, rief sie, »Sie wollen doch nicht etwa behaupten, daß er’s getan hat?« Sie warf Ingram einen mißbilligenden Blick zu. »Sie haben es wirklich auf den Mann abgesehen, nicht wahr, Nick? Dabei wollte er doch weiß Gott nur helfen. Genausogut könnten Sie jeden anderen Mann, der an diesem Tag in Chapman’s Pool war, des Mordes an ihr verdächtigen.«
Ingram reagierte mit milder Gleichgültigkeit sowohl auf ihren Blick als auch auf ihren Vorwurf. »Sicher.«
»Warum dann ausgerechnet Harding?«
»Es geht uns darum, Miss Jenner, ihn aus dem Kreis der Verdächtigen auszuschließen. Weder mir noch dem Inspector liegt etwas daran, mit Vernehmungen von Unbeteiligten Zeit zu verschwenden.«
»Aber am Sonntag haben Sie genau damit eine Menge Zeit verschwendet«, versetzte sie schnippisch, verärgert über sein stures Beharren darauf, sie mit dieser unerschütterlichen Förmlichkeit zu behandeln.
Er lächelte, sagte aber nichts.
Sie wandte sich wieder Galbraith zu. »Ich werde mein Bestes tun«, sagte sie, »wenn ich auch bezweifle, daß ich Ihnen helfen kann. Was wollen Sie denn wissen?«
»Vielleicht könnten Sie zuerst einmal das Zusammentreffen mit ihm schildern. Soviel ich weiß, sind Sie den Weg zu den Bootshütten hinuntergeritten und trafen ihn und die beiden Jungen neben Constable Ingrams Wagen an. Haben Sie ihn da zum ersten Mal gesehen?«
»Ja, aber ich bin zu dem Zeitpunkt nicht geritten. Ich habe das Pferd geführt, weil es vor dem Hubschrauber Angst hatte.«
»Gut. Was taten Steven Harding und die Jungen gerade, als Sie kamen?«
Sie zuckte die Achseln. »Sie beobachteten mit dem Fernglas ein junges Mädchen auf einem Boot, Harding und der ältere Junge jedenfalls. Der Kleinere langweilte sich, glaube ich. Dann ist Bertie losgestürmt -«
Galbraith
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