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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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unterbrach sie. »Sie sagten, sie sahen durch den Feldstecher. Wie haben sie das gemacht? Haben sie abwechselnd durch das Glas gesehen?«
    »Nein, das war falsch. Paul hat hindurchgesehen. Harding hat das Fernglas für ihn ruhig gehalten.« Sie sah, wie er fragend die Augenbrauen hochzog, und kam seiner nächsten Frage mit ihrer Antwort zuvor. »So.« Sie machte eine Geste, als umarmte sie jemanden. »Er hatte von hinten die Arme um Paul gelegt und hielt den Feldstecher für ihn fest. Der Junge fand das komisch und lachte dauernd. Es war eigentlich richtig nett. Ich glaube, er wollte Paul von dem Gedanken an die Tote ablenken.« Sie schwieg einen Moment, als sie sich die Szene ins Gedächtnis rief. »Ich dachte zuerst, er wäre der Vater der Jungen. Bis ich sah, daß er zu jung dafür war.«
    »Einer der Jungen hat ausgesagt, er hätte mit seinem Telefon herumgespielt, bevor Sie kamen. Haben Sie das auch beobachtet?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es hing an seinem Hosenbund.«
    »Gut. Wie ging es weiter?«
    »Bertie führte sich ziemlich wild auf, daraufhin packte Harding ihn am Halsband und schlug dann vor, wir sollten den Jungen die Angst nehmen, indem wir sie dazu ermuntern, Bertie und mein Pferd zu streicheln. Er sagte, er sei Tiere gewöhnt, weil er auf einem Bauernhof in Cornwall aufgewachsen sei.« Sie runzelte die Stirn. »Was ist an alldem so wichtig? Er war doch einfach nur nett.«
    »Inwiefern, Miss Jenner?«
    Ihr Stirnrunzeln vertiefte sich, und sie starrte ihn einen Moment lang an, während sie sich offensichtlich fragte, worauf er hinauswolle. »Er war nicht aufdringlich, falls Sie das meinen.«
    »Weshalb sollte ich glauben, er sei aufdringlich gewesen?«
    Sie warf ungeduldig den Kopf zurück. »Weil Sie es dann sehr viel leichter hätten«, meinte sie.
    »Wie das?«
    »Sie möchten doch gerne, daß er der gesuchte Vergewaltiger ist, oder nicht? Nick hofft das jedenfalls ganz sicher.«
    Galbraith maß sie mit einem kühlen Blick aus grauen Augen. »Zu einer Vergewaltigung gehört etwas mehr als Aufdringlichkeit. Kate Sumner ist mit einem Schlafmittel betäubt worden, sie hatte Abschürfungen am Rücken, Würgemale am Hals, von Stricken wundgescheuerte Handgelenke, gebrochene Finger und Verletzungen in der Vagina. Sie ist - noch lebend - von einer Person ins Meer gestoßen worden, die zweifellos wußte, daß sie eine schlechte Schwimmerin war und sich nicht würde retten können, selbst wenn die Wirkung des Schlafmittels nachlassen und sie wieder zu Bewußtsein kommen sollte. Sie war außerdem schwanger, als sie ums Leben kam, und das heißt, daß ihr ungeborenes Kind mit ihr sterben mußte.« Er lächelte dünn. »Mir ist klar, daß Sie eine vielbeschäftigte Frau sind und der Tod einer Unbekannten für Sie von untergeordneter Bedeutung ist, aber Constable Ingram und ich nehmen die Sache etwas ernster, wahrscheinlich, weil wir beide die Leiche gesehen haben und sehr erschüttert waren.«
    Sie blickte auf ihre Hände. »Verzeihen Sie«, sagte sie.
    »Wir fragen nicht zum Spaß«, fuhr Galbraith ohne Feindseligkeit fort. »Im Gegenteil, die meisten von uns finden einen solchen Fall sehr belastend, obwohl die Öffentlichkeit das selten wahrnimmt.«
    Sie hob den Kopf. In ihren dunklen Augen blitzte der Anflug eines Lächelns. »Ich habe schon verstanden«, sagte sie. »Aber sehen Sie, ich habe den Eindruck, daß Sie sich auf Steven Harding festgelegt haben, nur weil er zufällig an Ort und Stelle war, und das erscheint mir einfach ungerecht.«
    Galbraith tauschte einen Blick mit Ingram. »Wir interessieren uns auch noch aus anderen Gründen für ihn«, sagte er, »aber im Moment möchte ich Ihnen nur einen nennen: Er war mit der Frau bekannt. Schon aus diesem Grund würden wir uns danach erkundigen, ob er nun am Sonntag in Chapman’s Pool war oder nicht.«
    Sie war verblüfft. »Er hat nichts davon gesagt, daß er sie kennt.«
    »Hätten Sie das denn erwartet? Uns gegenüber hat er behauptet, er hätte die Tote gar nicht gesehen.«
    Sie wandte sich Ingram zu. »Er kann sie doch auch nicht gesehen haben, oder? Er hat gesagt, er sei zu Fuß von St.-Alban’s-Kap gekommen.«
    »Vom Küstenwanderweg hat man einen sehr guten Blick auf Egmont Bight«, erinnerte Ingram sie. »Wenn er ein Fernglas hatte, hätte er sie leicht ausmachen können.«
    »Aber er hatte keines«, wandte sie ein. »Er hatte nur das Handy. Das haben Sie doch selbst angesprochen.«
    Galbraith überlegte, wie er die nächste Frage

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