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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Schlauchboot als Luftkissen, um sich darauf treiben zu lassen, und verlor es erst, als sie entweder erneut bewußtlos wurde oder zu erschöpft war, um sich noch länger festzuhalten; 5. auf jeden Fall vermute ich, daß das Boot weit näher an die Küste herantrieb, als von Ihrem Pathologen geschätzt, sonst wäre es nämlich überflutet worden, und der Mörder selbst wäre in Schwierigkeiten geraten; 6. der Mörder kletterte die Klippen hinauf und kehrte in den dunklen Nachtstunden auf dem Küstenwanderweg nach Lulworth/Kimmeridge zurück. Soweit haben mich meine Überlegungen bisher gebracht. Nur eines noch: Wenn das Schlauchboot tatsächlich bei dem Mord eine Rolle gespielt hat, muß es von Westen her gekommen sein - von Kimmeridge Bay oder der Bucht von Lulworth. Es hätte die Strömungen rund um St.-Alban’s-Kap niemals unbeschadet überstehen können. Mir ist klar, daß all dies nicht erklärt, was mit Hannah geschehen ist, aber ich denke, wenn Sie herausfinden können, wo das gestohlene Schlauchboot zwei Monate lang versteckt war, werden Sie auch herausfinden, wo Kate Sumner vergewaltigt wurde und wo Hannah sich befand, als ihre Mutter ertränkt wurde.
    (N. B.: Nichts von dem, was ich oben ausgeführt habe, schließt Harding als Täter aus - die Vergewaltigung kann an Deck seines Bootes stattgefunden haben, alle Spuren können danach abgewaschen worden sein; das Schlauchboot kann von der Crazy Daze geschleppt worden sein -, aber macht es ihn weniger verdächtig?) Nick Ingram

17
     
     
    Am Freitag morgen, knapp eine Stunde nach Sonnenaufgang, trabte Maggie Jenner den Reitweg hinter Broxton House entlang, begleitet von ihrem Hund Bertie. Sie ritt einen nervösen braunen Wallach namens Stinger, dessen Eigentümerin jedes Wochenende aus London nach Longton Matravers kam, um zur Erholung von ihrer anstrengenden Tätigkeit als Brokerin in der City ausgedehnte Ausritte zu unternehmen und ihr Pferd zur Landspitze hinaufzujagen. Maggie liebte das Pferd und verabscheute die Frau, der alle Sensibilität fehlte und für die Stinger wahrscheinlich nichts anderes war als ein Aufputschmittel. Wäre sie nicht bereit gewesen, Maggie weit mehr als das Übliche für die angebotenen Dienste zu bezahlen, hätte diese sie ohne Zögern abgewiesen; aber wenn einen ständig der Pleitegeier umkreiste, mußte man eben zu Kompromissen bereit sein.
    Am Steinbruch beim St.-Alban’s-Kap wandte sie sich nach rechts und ritt durch das Tor in das tiefe, breite Tal, das zwischen dem Kap im Süden und dem höher gelegenen Gebiet oberhalb von Chapman’s Pool einen grasbewachsenen Durchgang zum Meer bildete. Sie trieb das Pferd zu leichtem Galopp an und ließ es mit einem herrlichen Gefühl der Befreiung durch das hohe Gras laufen. Es war noch kühl, aber es regte sich kaum ein Lüftchen, und wie immer an solchen Morgen hob sich ihre Stimmung beträchlich. Wie schwer das Leben auch immer war - und es konnte manchmal sehr schwer sein -, hier hörte sie auf, sich Sorgen darüber zu machen. Wenn es überhaupt einen Sinn im Leben gab, dann fand sie ihn hier, allein und frei, in der wiedergefundenen Zuversicht, daß die Sonne mit jedem Tag aufs neue aufging.
    Nach etwa einem Kilometer zügelte sie den Wallach und trieb ihn im Schritt auf den eingezäunten Küstenwanderweg zu, der in einer Folge steiler, in den Fels gehauener Stufenkanten zu beiden Seiten des Tals hinaufführte. Man mußte schon ein robuster Wanderer sein, um die Strapazen des steilen Abstiegs auf sich zu nehmen, nur um sich dann der noch größeren Strapaze des Aufstiegs auf der anderen Seite gegenüberzusehen. Und Maggie, die das nie versucht hatte, dachte, wieviel vernünftiger es doch sei, die Schlucht hinunterzureiten und dabei den Blick auf die Landschaft zu genießen. Vor ihr lag das Meer, eine blau glitzernde, spiegelglatte Fläche, und Maggie ließ sich aus dem Sattel gleiten, während sich Bertie, japsend von den Anstrengungen des Galopps, faul im Gras zu Füßen des Wallachs wälzte. Nachdem sie die Zügel lose um die oberste Zaunlatte geschlungen hatte, kletterte sie über die Absperrung und ging die wenigen Meter bis zum Rand der Klippen, um auf die schier endlose blaue Wasserfläche hinauszublicken, wo die Grenzlinie zwischen Meer und Himmel kaum noch auszumachen war. Die einzigen Geräusche um sie herum waren das sanfte Rauschen der Brandung unten am Strand, das leise Schnauben der Tiere, der Gesang einer Lerche am Himmel über ihr …
    Es war schwer zu sagen, wer

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