Wellenbrecher
verschwenden, die Luft herauszulassen). Daß eine Jacht zwei Beiboote hat, ist höchst ungewöhnlich, und spätestens nach Bekanntwerden des Diebstahls hätten sich die Leute von der Küstenwache, die oben in ihrem Ausguck über der Bucht sitzen, daran erinnert.
Ich halte es jetzt für wahrscheinlicher, daß das Schlauchboot zu Fuß abtransportiert wurde. Nehmen wir an, der Dieb bemerkte, daß der Außenbordmotor nicht gesichert war, also nahm er ihn ab und trug ihn ganz offen zu seinem Auto/Haus/Wohnwagen oder seiner Garage. Nehmen wir weiter an, er ging eine halbe Stunde später noch einmal hin, um zu sehen, ob die Eigentümer inzwischen zurück wären, stellte fest, daß das nicht der Fall war, hievte das Schlauchboot kurzerhand auf seinen Kopf und trug es ebenfalls weg. Ich will nicht unterstellen, daß die Ermordung Kate Sumners bereits zu diesem Zeitpunkt geplant war; ich würde aber unterstellen, daß der Diebstahl des spanischen Schlauchboots im Mai dem Mörder im August die perfekte Möglichkeit lieferte, sich der Leiche zu entledigen. (Anmerkung: Diebstähle von Booten oder an Bord befindlicher Gegenstände rangieren in der Verbrechensstatistik der Südküste ganz oben). Ich würde Ihnen daher dringend raten herauszufinden, ob sich irgend jemand, der mit Kate Sumner bekannt war, in der Zeit zwischen dem 24. und 31. Mai in der Nähe von Lulworth aufgehalten hat. Vermutlich wird sich herausstellen, daß sie gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Tochter dort war - es gibt bei Lulworth mehrere Wohnwagen- und Campingplätze -, aber ich könnte mir vorstellen, daß Sie das freuen wird. Denn es würde ja Ihren Verdacht gegen den Ehemann erhärten.
Aus den nachfolgenden Gründen glaube ich nicht mehr, daß Sie den Außenbordmotor noch finden werden. Wenn es die Absicht des Mörders war, das gestohlene Schlauchboot samt Inhalt (d. h. Kate Sumner) untergehen zu lassen, dann muß der Außenbordmotor an Bord gewesen sein.
Sie erinnern sich vielleicht an meine Nachfrage bezüglich der Unterkühlungstheorie, als Sie mir am Montag den Befund des Pathologen zeigten. Der Pathologe vertritt die Ansicht, daß Kate Sumner sich, bevor sie ertrank, längere Zeit im Wasser befand, was zu starkem nervlichen Streß und Unterkühlung führte. Ich wunderte mich damals, wieso sie so lange gebraucht hatte, um eine relativ kurze Strecke zurückzulegen, und fand es wahrscheinlich, daß die Unterkühlung infolge der Lufttemperatur eingetreten sei, die gerade nachts um einiges niedriger ist als die Wassertemperatur. Es hinge natürlich davon ab, wie gut sie schwimmen konnte, zumal der Pathologe meinte, sie wäre mindestens achthundert Meter westsüdwestlich von Egmont Bight ins Wasser gestoßen worden, obwohl ich annahm, sie müsse wesentlich weiter als von ihm geschätzt geschwommen sein. Aber Sie haben heute morgen zu Miss Jenner bemerkt, daß Kate Sumner eine schlechte Schwimmerin war, und seitdem frage ich mich, wie eine schlechte Schwimmerin sich bei diesem Seegang so lange über Wasser halten konnte, daß sich bei ihr Anzeichen von Unterkühlung zeigten. Ich frage mich außerdem, wieso ihr Mörder so sicher war, wohlbehalten an Land zurückkehren zu können, obwohl es an diesem Teil der Küste keine Leuchtfeuer gibt und die Strömungen unberechenbar sind.
Eine Antwort auf die oben angeführten Fragen wäre, daß Kate Sumner irgendwo an Land vergewaltigt wurde, ihr Mörder sie nach dem Erdrosselungsversuch für tot hielt und das ganze Manöver mit dem »Ertrinken« nur dazu diente, die Leiche vor einem einsamen Küstenabschnitt zu beseitigen.
Was würden Sie zu folgenden Überlegungen sagen: 1. Er legte sie nackt und bewußtlos in das gestohlene Schlauchboot, brachte sie dann eine beträchtliche Strecke hinaus - Lulworth Cove bis Chapman’s Pool = ca. acht Seemeilen -, fesselte sie draußen an den Außenbordmotor und überließ das Boot den Wellen, in der Hoffnung, daß es samt seinem Inhalt sinken würde (der kalte Wind hätte zu diesem Zeitpunkt bereits zur Unterkühlung der unbekleideten Frau geführt); 2. nachdem das Schlauchboot ausgesetzt worden war, erlangte Kate Sumner trotz Erdrosselungsversuch/Rohypnol das Bewußtsein wieder und erkannte, daß sie sich retten mußte; 3. die gebrochenen Finger und Fingernägel könnten die Folge ihrer Bemühungen sein, sich von ihren Fesseln zu befreien und den Außenbordmotor zu entfernen, um sein Gewicht loszuwerden, wobei das Boot wahrscheinlich kenterte; 4. sie benutzte das
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