Wellentänze: Roman (German Edition)
mich zu spielen. Wir sind nämlich nicht mehr auf den Booten, wie dir vielleicht aufgefallen ist.«
Julia, die unter dem Gewicht des Mantels leicht zusammensackte, lächelte noch strahlender. »Das Ding ist tropfnass. Ich hänge es in der Küche auf. Möchtest du etwas zu essen oder zu trinken?«, fügte sie hinzu, in der Hoffnung, sich ein paar kostbare Minuten allein zu verschaffen, um allein zu sein und sich zurechtzulegen, warum er hergekommen war.
Er wollte nichts. Und er folgte ihr in die Küche. »Du bist schwanger«, donnerte er hinter ihr.
Es erschien ihr sinnlos, es abzustreiten. So fühlte sie sich auch immer, wenn jemand ihr erzählte, dass sie beim Friseur gewesen sei, als sei ihr das selbst vielleicht gar nicht aufgefallen. »Ich weiß. Wer hat es dir denn erzählt?«
»Meine Mutter! Deine Mutter hat es ihr erzählt.«
Julia fühlte sich plötzlich schwach, zog sich mit dem Fuß einen Stuhl heran und setzte sich. Sie hatte angenommen, dass ihre Mutter eine derart vernichtende Neuigkeit für sich behalten würde, zumindest noch ein Weilchen. Es musste hart für sie gewesen sein, der Mutter des perfekten Kindes mitzuteilen, dass ihr eigenes Kind buchstäblich ein gefallenes Mädchen war.
»War Lally sehr wütend?«
»Warum sollte sie? Sie weiß ja nicht, dass ich der Vater bin.«
Julia spielte den Bruchteil einer Sekunde mit dem Gedanken, seine Vaterschaft abzustreiten, entschied sich dann aber dagegen. Sie hatte auch so schon genug Probleme. »Also hast du es ihr nicht erzählt?«
Die Dummheit dieser Frage ließ Fergus sichtlich zusammenzucken. »Nein, wenn du es genau wissen willst, ich habe es ihr nicht erzählt. Als sie meinte: ›Du wirst es nicht glauben, aber die Tochter der armen Margot, Julia – das ist die unverheiratete –, erwartet ein Baby‹, da habe ich nicht erwidert: ›Dann muss ich wohl der glückliche Vater sein!‹«
»Du brauchst gar nicht so sarkastisch zu sein, ein simples ›Nein‹ hätte völlig genügt.«
Fergus zog sich an der gegenüberliegenden Seite des Tisches ebenfalls einen Stuhl heran und nahm Platz. »Ich würde niemandem irgendetwas erzählen, ohne vorher mit dir gesprochen zu haben. Aber warum zum Teufel hast du es mir nicht erzählt? Es ist nicht leicht, von der eigenen Mutter zu hören, dass man demnächst Vater wird.«
»Ich dachte, du würdest mich vielleicht anbrüllen«, sagte Julia, nicht weil sie es wirklich gedacht hatte, sondern weil es ihn vielleicht davon abhalten würde, sie jetzt anzubrüllen. Doch es hielt ihn nicht davon ab.
»Ich hätte dich nicht angeschrien«, antwortete er mit Donnerstimme, »wenn ich es nicht aus dritter Hand erfahren hätte!«
»Hat ... wird ... hat deine Mutter mit meiner darüber gesprochen, wer der Vater ist?«
»Um Himmels willen, warum sollte sie? Ich habe ihr keine Postkarte geschrieben: Amüsiere mich blendend, habe mit der Tochter deiner besten Freundin geschlafen. Aber hast du es denn Margot nicht selbst erzählt?«
»Lieber Gott, nein!«
»Warum nicht? Schämst du dich für mich?«
»Nein, aber ich wollte nicht, dass man uns mit vorgehaltenem Gewehr zum Altar jagt.«
»Hätte deine Mutter das denn getan?«
»Sie hätte sich jedenfalls mächtig ins Zeug gelegt, um es zu versuchen.«
Fergus hob die Hände. »Und dabei dachte ich, sie sei Pazifistin.«
»Nur der Theorie nach. Wenn es um ihre Kinder geht, ist sie eine altmodische Löwin.«
Fergus schob sich das Haar aus den Augen. »Du könntest mir nicht vielleicht ein Handtuch für mein Haar geben, oder? Es tropft mir in den Nacken. Ich musste meilenweit von hier entfernt parken.«
Julia stand auf, dankbar dafür, wieder das tun zu können, worauf sie sich verstand: sich um jemanden kümmern. »Ja, natürlich.« Sie öffnete einen Schrank und holte ein Handtuch daraus hervor, das zu ihrer nicht unerheblichen Überraschung gebügelt worden war, wahrscheinlich von ihrer Mieterin. »Kann ich dir etwas zu essen oder zu trinken anbieten?«
»Was hast du denn da?«
»Nun, Kaffee, Tee, Kakao, jede Menge zwielichtiger Kräuter und Früchtetees, die meine Mieterin dagelassen hat, oder Alkohol.«
»Welche Art von Alkohol?«
»Ähm ...« Sie beäugte ein staubige Flasche. »Holunderschnaps. Meine Mutter hat ihn mir letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt. Ich fürchte, sonst habe ich nichts im Haus. Ich selbst trinke im Augenblick nicht, und ich bin noch nicht dazu gekommen, etwas für Gäste einzukaufen.«
»Erst recht nicht für ungebetene
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