Wellentänze: Roman (German Edition)
Salon.«
Suzy fluchte gutmütig vor sich hin und schleuderte ihr Schuhwerk von sich, wobei sie einen Stiefel benutzte, um aus dem anderen zu schlüpfen. Dann ließ sie beide Stiefel auf Deck stehen, bevor sie den Salon betrat.
Julia hatte gewisse Schwierigkeiten, an Bord zu kommen. Ihre sonst so beweglichen Glieder zitterten vor Müdigkeit. »Hilf mir mal rauf, Jason«, fuhr sie ihren zukünftigen Kollegen an, da ihr im Augenblick nicht nach Höflichkeit zumute war.
Jason ließ sich widerwillig dazu herab, Julia zu stützen, während sie über den Rand des Bootes kletterte und mit einem Aufprall auf dem Deck landete. Zu müde, um sich noch zu bewegen, sah sie sich um.
Der vordere, offene Teil des Bootes bot etwa für sechs Personen Platz. Er konnte bei Bedarf mit einer Plane überdacht werden, die über ein Metallgestänge gezogen und bei Regen wahrscheinlich auch an den Seiten heruntergelassen werden konnte. Die Fächer unter den aufklappbaren Sitzen dienten als Stauraum. Eins davon stand offen. Es war voller Farbdosen.
»Farbe!«, ächzte sie Ted zu, der ihr in der Hoffnung auf eine Portion Fisch und Pommes frites und ein Bier an Bord gefolgt war. »Ich könnte nicht einmal eine Gabel an die Lippen heben, geschweige denn einen Pinsel schwingen.«
»Dann stellen wir Ihnen Ihr Essen eben auf den Boden. Oder Sie könnten Jason bitten, Ihnen zu helfen.«
Julia sah ihn erschöpft an. »Jason lässt mich mit Stiefeln bestimmt gar nicht erst rein, und die Dinger sind furchtbar eng.«
Ted grinste. Dann hob er einen von Julias Füßen hoch und zog. Nach einigem Gezerre hielt er den Stiefel schließlich in der Hand und wandte sich dem zweiten zu. »So, das wär’s. Jetzt dürfen Sie eintreten.«
Julia lächelte und tätschelte ihm dankbar den Arm. Wenn doch Jason und Ted nur für den Sommer ihren Charakter tauschen könnten, würde sie der ganzen Angelegenheit viel lockerer entgegensehen.
Sie öffnete die Doppeltüren und trat in einen Raum voller Wärme und Licht, der ein Lächeln auf ihre Lippen zauberte. »Meine Güte!«, sagte sie zu Ted, der hinter ihr stand. »Wie wunderschön!«
»Und die Zentralheizung funktioniert sogar«, erwiderte Ted, der sie am Arm festhielt, als sie sich hinsetzen wollte. »Aber wenn Sie es sich nicht mit Jason verderben wollen, ziehen Sie Ihren Overall aus, bevor Sie sich in die Nähe des Polsters wagen. Er ist der Einzige, der hier irgendetwas schmutzig machen darf.«
Julia zog an den Druckknöpfen ihres Overalls, kletterte hinaus und ließ sich dann auf die gepolsterte Bank an der Tür sinken. Müde, aber neugierig sah sie sich um. Der Raum war extrem schmal, wirkte jedoch trotzdem sehr gemütlich. Wie allerdings zehn Passagiere hier das Dinner einnehmen sollten, war Julia im Augenblick noch schleierhaft. Suzy war nirgends zu sehen.
Ralph, der dringende Geschäfte vorgeschützt hatte, hatte früher als die anderen mit der Arbeit aufgehört. Jetzt trat er durch die Klapptüren, hinter denen die Küche lag – oder musste es Kombüse heißen? Julia nahm sich vor, Suzy zu fragen.
»Eine Tasse Tee oder lieber etwas Alkoholisches?«, fragte Ralph.
»Etwas Alkoholisches«, antworteten Ted und Julia wie aus einem Mund. »Ich brauche jetzt einen ordentlichen Schluck«, fügte Julia hinzu; sollte Ralph doch glauben, seine Nichte habe eine Alkoholikerin engagiert. »Ich hätte gern ein ganzes Wasserglas voll.«
Ralph lachte leise. Er nahm zwei Gläser aus einem versteckten Schrank und füllte sie zwar nicht bis zum Rand, schenkte aber ansehnliche drei Finger breit ein. »Heute haben Sie die Feuertaufe bestanden. Alles andere wird jetzt wie von selbst gehen. Suzy ist übrigens auf Donalds Boot, um sich die Haare zu waschen.«
Julia nippte an ihrem Whisky und dachte über Suzys verdrehte Prioritäten nach. Selbst wenn ihr noch ein Fünkchen Energie verblieben wäre, hätte Julia sie nicht auf ihr Aussehen verschwendet. Es war so eine Erleichterung, nicht mehr von Kopf bis Fuß wie eine erfolgreiche Geschäftsfrau aussehen zu müssen.
»Tut mir Leid, dass ich Ihnen auf diesem Boot keine Dusche anbieten kann«, meinte Ralph und reichte Julia ein Päckchen Chips. »Das Wasser ist knapp, und es gibt da ein Problem mit der Pumpe. Wir mussten am Ende eine neue bestellen.«
Julia blickte unglücklich zu ihm auf. Es hatte ihr nichts ausgemacht, dass Suzy mit frisch gewaschenem Kopf zurückkommen würde, während ihr die Haare vor lauter Farbklecksen buchstäblich zu Berge standen, aber der
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