Wellentänze: Roman (German Edition)
konnte sie sich viel leichter beschweren. Jetzt muss sie sich mehr anstrengen«, meinte Fergus.
Julia verlieh mit einem leisen Brummen einer anderen Meinung Ausdruck. »Sie würde noch in einem Fünf-Sterne-Hotel einen Grund finden, sich zu beklagen. ›Nicht ganz das Publikum, das man in einem solchen Haus erwarten würde‹«, äffte sie Oscars Mutter nach.
Fergus lachte. »Nun, zumindest sind die Kinder jetzt zufriedener.«
Die drei Mädchen verliebten sich promt unsterblich in Wayne, was bedeutete, dass Suzy ihn sich nach dem Mittagessen einmal kurz vornehmen musste, während die jungen Leute und ihre Begleiter einen Steinbruch besuchten. Julia, die sich mit ihrem Berg von Gemüse auf das Dach des hinteren Bootes verzogen hatte, damit sie bei ihrer Arbeit nicht in Mrs. Anstruthers Schusslinie geriet, lauschte mit einiger Belustigung.
»Ich habe ja nichts dagegen, dass sie jedes Mal in Ohnmacht fallen, wenn du sie anlächelst«, sagte Suzy nicht ganz wahrheitsgemäß, »aber könntest du vielleicht dafür sorgen, dass dich das nicht allzu sehr ablenkt? Als wir gestern gegen die Brücke gefahren sind, ist Mrs. A’s ihr ganzes Kosmetikarsenal vom Regal aufs Bett gefallen. Sie war sehr verärgert.«
Wayne antwortete mit einem Grinsen, bei dem sich selbst Julias Herzschlag beschleunigte. »Ich kann hier am Ruder nicht genug sehen, wenn die Mädchen überall auf dem Dach des hinteren Bootes rumklettern. Tut mir leid.« Suzy hatte ihm schon verziehen. »Aber ich habe ein paar gute Aufnahmen gemacht, als die drei sich sonnten«, fuhr Wayne fort, nicht ahnend, dass er damit möglicherweise seine Vergebung gefährdete.
»Ich will sie aber nicht auf dem Film haben«, erklärte Suzy.
Wayne legte schützend eine Hand auf den Camcorder. »Ich dachte, sie wären mal eine hübsche Abwechslung nach all diesen ...«
»Frauen in einem gewissen Alter«, kam Julia ihm zu Hilfe.
»Genau das meine ich.«
»Für dich mögen sie ja ein Lichtblick sein«, meinte Suzy entschieden, »aber wir wollen doch nicht, dass unsere amerikanischen Freunde denken, man müsse blaue Fingernägel oder ein Nabelpiercing haben, um hierher zu passen, oder dass Schulklassen ein regelmäßiger Bestandteil unseres Programms sind. Meiner Meinung nach wird es höchste Zeit, dass du mit dem Film fertig wirst und das Video zum Schneiden an deinen Freund schickst.«
»Dieser Film könnte ein Sprungbrett für meine Karriere sein«, protestierte Wayne. »Ich könnte ihn als Arbeitsprobe mit ins College nehmen.«
»Du wirst sicher mehr Eindruck machen, wenn der Film bereits geschnitten ist.« Freundlich, aber entschieden entwand Suzy ihm den Camcorder. »Gib ihn her, sei ein braver Junge. Sonst wird er nicht pünktlich fertig und nutzt uns am Ende gar nichts. Der amerikanische Agent muss ihn noch vor Ende der Saison zu sehen bekommen. Ich gebe ihn jetzt für Ralph in die Post. Er hat doch die Adresse deines Freundes?«
Wayne nickte; seine gekränkte Miene war fast so hinreißend wie sein Lächeln. »Ich habe keine Ahnung, wie das Endergebnis aussehen wird«, erklärte er verdrossen. »Mein Kumpel steht auf experimentelle Filmtechniken.«
»Sag ihm, er bekommt keinen Penny, wenn wir mit dem Film nichts anfangen können«, entgegnete Julia, um deren Pennys es hier ging.
Die Jungen aus der Schulklasse, die gehofft hatten, sich bei den Mädchen eine Weile ungestört in Szene setzen zu können, konzentrierten ihre Anstrengungen rasch auf Suzy, die genau wusste, wie sie die Burschen in ihren Bann ziehen konnte. Sie erkannte, wann ein Flirt angebracht war und wann ein Tadel, und wusste, wann sie ihnen einen Blick auf ihre Beine unter den Shorts gestatten sollte. Früher einmal wäre Julia angesichts dieser unverhohlenen Manipulation schockiert gewesen. Nach zwei Monaten pausenloser Arbeit auf den Hotelbooten war alles, was das Leben leichter machte, moralisch akzeptabel. Und es machte ihnen das Leben wirklich leichter: Suzys Fanclub überschlug sich förmlich, um die Schleusentore zu öffnen, bevor die Schleuse leer war, sodass Suzy das Boot hineinsteuern konnte, ohne zuvor anhalten zu müssen. Die Teenager legten sich mächtig ins Zeug, um die Schütze zu öffnen, bevor der ältere, stärkere und erfahrenere Wayne sie zu fassen bekam. Sie zogen die Leinen beim Anlegen viel zu straff, sie hämmerten die Festmacherbolzen viel zu tief in den Boden, aber sie hungerten so sehr nach einem Lächeln oder gar einem Kuss, dass sie sich sogar von Mrs. Anstruther fern
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