Wellentänze: Roman (German Edition)
nicht hören konnte, was er zu ihm sagte, aber sie hatte das grauenhafte Gefühl, dass es etwas in der Art war wie: »Glauben Sie ja nicht, Sie bräuchten nicht mehr mit mir zu rechnen bloß weil ich von der Bildfläche verschwinde!«
Nachdem alle gegangen waren, ließ sich die gesamte Mannschaft sich im Salon auf irgendwelche Sessel fallen, und jedes Fünkchen an Gutwilligkeit, Energie und Begeisterung war mit einem Mal erloschen.
»Was machen wir denn nun mit dir, Fergus?«, jammerte Suzy. »Ich bin so müde, ich könnte eine Woche lang schlafen. Wenn du nicht mehr hier bist, werde ich die Schleusen bedienen müssen.«
»Ich habe eine Studentin, die vielleicht herkommen würde«, erwiderte er, »aber du müsstest sie bezahlen.«
»Ich bezahle sie. Ich verkaufe die Perlen, die Daddy mir zu meinem einundzwanzigsten Geburtstag geschenkt hat.«
»Suzy!«, rief Julia schockiert. »Du hast die Perlen doch nicht etwa bei dir, oder?«
»Nun, ich habe sie nicht absichtlich mitgebracht. Ich hab sie in meiner Sporttasche gefunden. Wahrscheinlich liegen sie da schon seit einer Ewigkeit. Angeblich sind sie ziemlich wertvoll. Daddy hat jedenfalls einen großen Wirbel um ihre Versicherung gemacht.« Plötzlich hellte Suzys Miene sich auf. »He! Warum behaupte ich nicht einfach, die Perlen seien gestohlen worden, und lasse mir die Versicherungssumme auszahlen?«
»Weil das unehrlich wäre«, erwiderte Julia.
»Na schön, dann verkaufen wir sie eben«, brummte Suzy. »Schließlich gehören sie mir«, fügte sie hinzu, als sie Julias unausgesprochene Missbilligung spürte.
»Es ist nie einfach, etwas zu verkaufen. Vor allem wenn man nur samstags in einer Stadt ist und hektisch durch die Gegend zu laufen pflegt. Außerdem würdest du nie den wahren Gegenwert für den Schmuck bekommen.« Julia konnte es förmlich vor sich sehen, wie Suzy in Shorts, Arbeitsstiefeln und zu engem T-Shirt bei einem Juwelier hereinschneite. Wahrscheinlich würde ihr dieser Auftritt nur das Erscheinen der Polizei einbringen – was Suzy möglicherweise einen Riesenspaß machen würde –, aber Geld hätte sie dann immer noch nicht.
»Warum gibst du die Perlen nicht einfach mir?«, schlug Fergus vor. »Ich könnte sie in Oxford einem angesehenen Juwelier verkaufen und dir schon mal etwas Geld dalassen. Wenn ich für die Perlen nicht so viel bekomme, wie ich dir leihe, können wir am Ende der Saison miteinander abrechnen.«
»Eine geniale Idee. Ich wusste ja, dass du was auf dem Kasten hast, Fergus, ganz egal, was Julia erzählt hat.«
Fergus sah Julia mit einer Strenge an, die sie bei ihm noch nie zuvor erlebt hatte. »Hmm. Ich würde gern mit dir einen kleinen Spaziergang machen, wenn niemand etwas dagegen hat.«
»Oh, geht nur«, meinte Suzy.
»Entschuldige mal!«, rief Julia laut. »Ich habe etwas dagegen. Ich habe viel zu viel um die Ohren und keine Energie mehr, um nur zum Spaß irgendwohin zu laufen.«
»Ich glaube nicht, dass dies hier unter ›Spaß‹ fällt, und ich werde dich nicht lange aufhalten. Ich muss wirklich einmal unter vier Augen mit dir sprechen.«
Julia stand auf, außer sich vor Wut und Angst. Mit lauter Stimme zu erklären, dass man jemanden unter vier Augen sprechen müsse, war fast genauso schlimm, als in einem Raum voller Menschen mit allem herauszuplatzen, was man zu sagen hatte. Genau genommen, war es wahrscheinlich noch schlimmer – wegen der Spekulationen, die eine solche Bemerkung auslöste.
»Wirklich, Fergus, ich habe keine Zeit für so etwas«, schimpfte sie, während er sie bereits den Treidelpfad hinunterschleifte. »Du weißt doch, wie hektisch die Samstage immer sind.«
»Ich muss wissen, wo ich bei dir stehe.« So, wie er vor ihr stand, die Hände auf ihre Schultern gelegt, etliche Zentimeter größer als sie, fand Julia, dass er ihr gegenüber eindeutig im Vorteil war. »Haben wir nun eine Beziehung oder nicht?«
»Nein«, antwortete Julia.
»Dann war die Tatsache, dass wir miteinander geschlafen haben, nur eine Art – Fehltritt?«
»Ja. Ich war mit den Nerven runter. Ich wusste nicht, was ich tat.«
Er stieß ein ungläubiges Schnauben aus. »Du kannst dir kaum eingebildet haben, etwas anderes zu tun!«
»Ich weiß, es wirkt ein bisschen seltsam ...«
»Ein bisschen, ja.«
»Aber ich wusste wirklich nicht, was ich tat. Ich meine, ich war quasi im Halbschlaf. Es sieht mir so gar nicht ähnlich, mit jemandem zu schlafen, wenn ich keine feste Beziehung zu ihm habe. Normalerweise ...«
Er
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