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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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den Abflussschlauch.
    »Schon gut«, sagte Mom, »das kann warten, bis …«
    »Nein, das kann nicht warten.« Ich verband einen Schlauch mit dem ersten Stutzen, der schon in Rachels Schulter steckte. »Der Rücken kann nach dem großen Blutverlust nicht so stark verfärbt sein, und die Gelenke sind steif. Irgendetwas steckt in ihr, und das müssen wir herausbekommen.« Üblicherweise schoben wir den Schlauch in den Abfluss im Boden, doch dieses Mal hängte ich ihn in einen Eimer. Ich wollte auffangen, was dort herauslief.
    »Das ist doch nur die Leichenstarre«, wandte Margaret ein.
    »Es ist seit fünf Tagen tot«, widersprach ich. »Das ist keine Leichenstarre.« Die Frauen wechselten einen Blick, während ich zum Regal mit den Chemikalien ging. »Ihr könnt herumstehen, oder ihr könnt mir helfen. Auf jeden Fall werde ich sie gleich einbalsamieren.«
    Die beiden Frauen zögerten kurz, dann gingen sie mir zur Hand. Sie schlossen die Pumpe an, mischten die Zusatzstoffe und Färbemittel, fügten das Formaldehyd hinzu. Wir verbanden alle Schläuche, verschlossen die Wunden an den Unterarmen mit festen Verbänden und schalteten die Pumpe ein. Sie sollte die Chemikalienmischung durch den ganzen Kreislauf treiben und dabei alle Körperflüssigkeiten herausspülen. Mom stellte sie sorgfältig nach und suchte einen Rhythmus, der in etwa einem schlagenden Herzen entsprach. Dieses Mal hantierte sie allerdings länger als gewöhnlich daran herum.
    »Da stimmt was nicht«, sagte sie schließlich. »Es kommt nichts durch.«
    »Nach dem großen Blutverlust sind die Arterien leer«, meinte Margaret. »Wahrscheinlich sind sie kollabiert.«
    »Nein, sie sind blockiert.« Wie gebannt beobachtete ich den Eimer. »Erhöh den Druck!« Mom stellte einen Regler nach, und die Pumpe summte lauter, die künstlichen Herzschläge folgten schneller aufeinander. Bald zuckte auch der Abflussschlauch, als er sich füllte und der Druck anstieg. Endlich tropfte eine zähflüssige dunkle Masse in den Eimer.
    Wie verflüssigte Asche, schwarz – genau wie bei Crowley und Forman.
    Mom keuchte auf.
    »Was um alles in der Welt ist das?«, murmelte Margaret. Mit offenem Mund beugte sie sich über den Eimer.
    Ich wandte mich zu Mom um, die meinen Blick schweigend und mit weit aufgerissenen Augen erwiderte. »Wir hatten recht«, keuchte ich.
    Sie starrte mich noch einige Sekunden lang an, dann schüttelte sie ratlos den Kopf. »Was tun wir jetzt?«
    Margaret, deren Hände durch Einmalhandschuhe geschützt waren, nahm eine Fingerspitze des Breis auf. Er war schmierig und erinnerte an verkohlte Rückstände eines schmutzigen Grills. »Wie konnte Ron nur übersehen, dass ihr Körper mit diesem Zeug gefüllt ist?«
    »Er ist von Selbstmord ausgegangen und gar nicht auf den Gedanken gekommen, genauer nachzusehen. Bei den anderen Mädchen habt ihr es auch nicht bemerkt, weil ihr alles gleich in die Kanalisation gepumpt habt.«
    »Das sieht aus wie die Schmiere, die an den Tatorten des Clayton-Killers gefunden wurde«, murmelte Margaret.
    »Genau«, bestätigte ich.
    Sie sah zuerst mich und dann Mom an. »Was ist hier los?«
    Auch ich nahm eine Fingerspitze mit dem Handschuh auf und betrachtete die Substanz aus der Nähe. Genau wie bei Crowley und Forman. »Es ist ein Dämon«, murmelte ich. »Oder dessen Überreste. Er hat in ihrem Körper gelebt und sie im Griff gehabt.«
    »Ein Dämon?«, fragte Margaret. Sie öffnete den Mund, als wolle sie etwas sagen, bekam aber kein Wort heraus und schüttelte nur den Kopf. »Was tun wir jetzt?«, fragte sie schließlich.
    »Wir rufen die Polizei an.« Mom schaltete die Pumpe ab. »Wir rufen Agentin Ostler an …«
    »Das tun wir nicht«, widersprach ich.
    »… und bitten sie herzukommen«, brachte sie den Satz entschlossen zu Ende. »Wir zeigen ihr alles.«
    »Das geht nicht. Wie gesagt – beim FBI ist niemandem zu trauen. Wenn Forman ein Dämon war, dann ist Agentin Ostler vielleicht auch kein richtiger Mensch.«
    »Wir müssen sie doch warnen.«
    »Wen denn?«, fragte Margaret.
    »Alle«, antwortete Mom. »Wenn wir nicht zur Polizei gehen können, dann wenden wir uns eben an die Presse.«
    »Die Leute dort lachen uns bloß aus.«
    »Wir können doch nicht einfach untätig herumsitzen!«, rief Mom.
    Ich betrachtete den Kleister und stellte mir vor, wie er durch Marcis Adern kroch, die Bewegungen steuerte und die Handgelenke aufschnitt, während Marci vergeblich dagegen ankämpfte. Wie war das Ungeheuer in ihren

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