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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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weist man Sie weiter. Schlimmstenfalls durch die Hills.«
    »Was geht hier vor?«
    »Die Indianer wollen eine verbotene Versammlung erzwingen.«
    »Es wird doch kein Blut fließen?«
    »Vorläufig haben wir noch keinen Schießbefehl.«
    Lucie Green atmete tief ein und entschloß sich, den empfohlenen Umweg zu fahren. Vorher aber erkundigte sie sich noch: »Aus welchem Grund ist die Versammlung verboten?«
    »Gefahr der weiteren Ausbreitung der schweren Grippeepidemie.«
    »Was für eine Unvernunft, trotzdem in Massen zusammenzukommen.«
    »So ist’s, Ma’m.«
    Lucie Green ging zu ihrem Wagen zurück, dabei begegnete sie noch einmal Tatokala und Irene.
    »Wenn Sie die Straße zur 3. Tagesschule nehmen«, sagte Irene Oiseda, »so fahren Sie an der King-Ranch vorüber. Wollen Sie nicht dort die Arbeiten von Missis King besichtigen? Ich weiß, daß sie einiges zu Hause hat.«
    Lucie blieb reserviert. »Ich kenne die Familie nicht. Vielleicht sind auch dort Grippefälle.«
    Tatokala und Oiseda sahen sich an.
    »Ich könnte mitkommen, Miss Green«, schlug Irene Oiseda vor.
    »Das – ja das wäre ein Gedanke, Missis Goodman. Sie kennen sich hier überall aus. Bitte, steigen Sie ein.« Lucie fühlte sich in Gesellschaft sicherer.
    Irene Oiseda folgte der Aufforderung, nachdem sie von zu Hause ein wenig Proviant geholt hatte. Der Supermarket war geschlossen. Die Fahrt in das Tal der Weißen Felsen ging glatt vonstatten. Lucie und Irene machten unterwegs eine Lunchpause.
    »Missis King selbst wird nicht zu Hause sein«, meinte Irene Oiseda, »sie ist sicher bei der Versammlung, denn es geht ja um Leben und Tod ihres Mannes und Vaters ihrer Kinder. Aber irgend jemand wird uns aufmachen, und ich weiß, wo sie die Arbeiten aufbewahrt.«
    Nach Mittag gelangte der Wagen zu dem Wiesenweg, der zu dem gelben Haus hinaufführte. Oben stiegen Lucie und Irene aus. »Hier also ist das Schreckliche geschehen?«
    »Ja, dort drüben beim Friedhof ist Jerome ermordet worden.«
    Lucie Green widersprach dieser Formulierung nicht, da sie gegenüber Irenes Festigkeit einen Widerspruch für sinnlos hielt. Sie schaute sich nur um, ging dahin und dorthin. Da sie sich unvorhergesehenerweise am Tatort befand, drang ihre Aktivität durch, und sie wollte sich alles erklären lassen. Lange stand sie an der Stelle, von der aus Joe King geschossen hatte.
    »Hm«, sagte sie dann nur. »Gehen wir also ins Haus, Missis Goodman.«
    Ein Kind machte auf; es mochte fünf oder sechs Jahre alt sein. »Seid leise«, sagte es. »Cora schläft. Wasescha hat sie von Melittas Haus hierher geholt, weil der Doc hierher mit dem Wagen kommen kann. Hoffentlich kommt er bald einmal.«
    Irene nickte und führte Miss Green in den Raum, der Queenie King als Behelfsatelier diente. Viele Arbeiten waren hier gestapelt, Ölgemälde, Skizzen.
    »Eine Fundgrube, Missis Goodman! Diese Schätze dürfen doch nicht hier vergraben werden.«
    »Missis King hat neben Ranch und Kindern wenig Zeit übrig. Sie ist froh, wenn sie die Kraft findet zu malen.«
    »Ich kümmere mich darum. Ausstellung Monture und Queenie King, das wirkt anziehend.«
    »Darf ich eben einmal nach den Kindern drüben sehen?«
    »Aber bitte – ich bin mit den Bildern sehr beschäftigt.«
    Irene Oiseda ging in den Raum hinüber, der als Schlaf- und Kinderzimmer diente. Die Zwillinge saßen dort und spielten leise mit den drei Jüngsten. Irene Oiseda, die die Kinder nur voll übermütigen Lebens kannte, wunderte sich. Aber der große Tag der Versammlung, sagte sie sich, an dem fast alle Erwachsenen fort waren, und die noch immer übergroße Genesungsmüdigkeit Magasapas mochten die Zwillinge beeindruckt haben, so daß sie ruhig blieben und sogar die Erwachsenen gemahnt hatten, es zu sein. Oiseda beugte sich zu den Kindern, die am Boden saßen und ihre Puppen herzten.
    »Ihr seid sehr lieb.«
    Sie ging auf Zehen zu der schlafenden Magasapa hinüber. Die junge Frau war noch immer sehr blaß, ihre braune Haut ließ die Adern durchschimmern. Irenes Gegenwart schien sie nicht zu stören, ihre Lider blieben geschlossen. Der Atem ging so schwach, daß kaum eine Bewegung der Brust oder der Nasenflügel sichtbar wurde.
    Irene Oiseda wollte den Puls fühlen.
    Sie fand ihn nicht gleich. Sie suchte danach. Magasapas Hände waren kühl. Aber das Herz arbeitete noch.
    »Magasapa schläft«, sagten die Zwillinge noch einmal.
    »Sie möchte nicht gestört sein.«
    Irene trat zurück. Aber sie blieb besorgt und ging noch einmal an die

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