Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg
er auf einem Pferderücken gesessen hatte. Aber die beiden Pferde des Vaters waren prächtige, mutwillige Tiere gewesen. Der Vater hatte Hugh Mahan Wasescha, den einzigen Sohn, der ihm geblieben war, bis zu seinem achten Jahr nach alter Art zu einem Reiter, Jäger, Hirten und Wissenden der alten Geheimnisse erzogen. Eines Tages aber war er der Polizei verraten worden. Lange Jahre hatte Wasescha keine Pferde und keine Prärie mehr gesehen.
Er brach seine Erinnerungen ab. Joe hatte ihm mit einem Handzeichen einen Sattel empfohlen, der über dem Koppelzaun hing; Hugh legte diesen dem Dunkelbraunen auf, empfing Proviant und schwang sich auf; die Bewegung des Pferdes ging in seinen eigenen Körper über. Er brauchte nicht zu denken, was er zu tun habe. Seine Hände spielten mit dem Zügel, selbstverständlich wie einst; der Dunkelbraune gehorchte.
Die Reitertruppe der vier kam unter Inya-he-yukans Führung auf die Höhen und hinter dem Höhenrücken in das sich weithin erstreckende Wiesengelände, das von einem seichten Bach durchzogen wurde. Die Dämmerung des Herbstabends neigte sich zur Nacht. Die vier, die von Osten her westwärts ritten, schauten über die begrasten Erdwellen in die gelbe Glut am Horizont, hinter dem der Sonnenball schon geschwunden war. Die Büffel wurden als Schatten vor dem goldenen Leuchten sichtbar. Buffalo-Boy Robert, seine Frau Joan und Hanska galoppierten von der Herde her zu der Vierergruppe heran. Alle ließen ihre Pferde in Schritt fallen, und so näherte man sich miteinander den Büffeln. Inya-he-yukan sprach dabei mit Robert Yellow-Cloud. Es waren abgehackte einzelne Worte, verständlich nur unter Hirten, die Tag und Nacht zusammen arbeiteten.
Joe hielt seinen Scheckhengst an. Sofort standen auch alle anderen Pferde. Der Büffelbulle, Leittier der Herde, war zu erkennen. Es blieb noch ein Augenblick der Besinnung und des letzten Entschlusses. Niemand kannte Inya-he-yukans Plan ganz, aber alle erwarteten, daß er nun sprechen werde. »Der große Büffel muß sterben«, sagte Inya-he-yukan King, »damit ich seine Herde vor dem Tode bei den Mac Leans retten kann. Er ist zu stark und zu tapfer, um sich einen fremden Weg treiben zu lassen. Er muß sterben, aber seine Herde und seine drei jungen Söhne nehmen wir mit. Einer davon wird dem Vater Büffel und dessen Vater gleichen und das Geschlecht fortsetzen. In der Haut dieses Büffels, den ich jetzt töte, will ich einmal begraben sein. Ihr habt es alle gehört. Ich habe euch hierher mitgenommen, damit ihr das Sterben des großen Büffels seht, den ein roter Mann töten muß, und damit ihr seht, wie zwei Männer, eine Frau und ein Kind eine Herde Büffel treiben, die die Watschitschun nicht nach ihrem Willen lenken können. Wir werden eine Nacht und einen Tag unterwegs sein auf vielen Umwegen, und es wird eine harte Arbeit werden. Ich weiß nicht, ob wir alle Gefahren mit unseren Büffeln bestehen können. Wir sind aber eins mit unserer Mutter Erde und mit dem Großen Geheimnis; der Mond gibt uns Licht auf dem Weg. Wir wagen es. Wenn die Sonne wieder blutet und sinkt, werden wir auf der Ranch des Chuck Kingsley sein, der ein ehrlicher Mann und Sheriff ist und mit seinen Cowboys unsere Büffel hüten wird, bis wir sie zurückholen können. Er wird sich wundern, daß wir das große Treiben bis zu seiner Ranch gewagt haben; er wollte es mir nie recht glauben, obgleich der Vertrag abgeschlossen ist. Edgar und Andy, ihr reitet zurück, sobald ich die Herde auf dem Wege habe; ihr nehmt euren Wagen und meinen Jaguar und fahrt zu der Büffelranch, um uns anzukündigen. Der Senior-Cowboy soll uns mit zwei Mann entgegenreiten. Du, Wasescha, bleibst bei dem Büffel, den ich töten muß; die Hunde sollen den Toten nicht zerfleischen. Die Frauen werden zum Abhäuten und Ausnehmen kommen. Wenn du willst, so bleibe dann bei den Frauen und Kindern und schütze sie und berate sie, bis ich zurückkomme. Es wird einige Tage und Nächte währen, denn ich fahre Robert Yellow-Cloud und Joan nach Kanada. Dort braucht Robert nicht Soldat zu werden. Er wird Arbeit bei der Waldbrandbekämpfung finden. Ich weiß aber, was ich von dir erwarte, mein Bruder Wasescha. Die weißen Männer werden wüten, wenn sie kommen und weder Büffel noch Robert, noch mich finden können. Ich weiß jetzt nicht, was du dann tun kannst und wie der Streit ausgeht. Ich meine dich aber zu kennen. Du bist wie mein anderes Selbst und wirst so handeln, wie ich an deiner Stelle handeln
Weitere Kostenlose Bücher