Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg
würde.«
»Ho-je, Joe Inya-he-yukan.«
Joe nahm sein Jagdgewehr zur Hand; Robert, Joan und Hanska hielten sich bereit. Es gab viele Möglichkeiten, einen Büffel mit der Schußwaffe anzugreifen, gefährlich blieb es für einen einzelnen immer. Die großen Büffelmörder vor drei Generationen hatten mit Schnellfeuergewehren auf die Tiere geschossen. Die Vorfahren Inya-he-yukans hatten mit Pfeil und Bogen gejagt. Inya-he-yukan traf keinerlei Vorkehrungen für besondere Leichtigkeit oder Sicherheit eines Schusses. Er wählte den kühnen und schnellen Weg, der eine besonders ruhige Hand und ein besonders sicheres Auge erforderte und für seinen Plan der geeignete war. Der Leitstier stand zwischen den Reitern und der Herde; die Reiter waren aus Osten in westlicher Richtung geritten, und die Herde mußte westwärts getrieben werden. Der Standplatz des Stiers war für Joes Plan der denkbar günstigste, vielleicht aus Zufall, wahrscheinlich aber hatte Robert ihn schon geschickt isoliert, ehe Joe King kam.
Der Bulle stand ruhig da, abwartend; er war gesammelte Kraft, und niemand konnte sagen, wohin und wogegen diese Kraft sich vielleicht schon im nächsten Augenblick wenden würde. Er warf den Kopf, und als ahne er, daß es einen Kampf geben müsse, setzte er sich gegen die Reiter in Trab, die Erde mit einem Horn dabei aufpflügend. Inya-he-yukan fuhr seinem Schecken in die Mähne und trieb ihn mit einem schrillen Ruf zum plötzlichen Galopp. Die Hufe klopften die trockene Erde; zwischen Dunkel und Sternenschimmer flog der Schatten von Reiter und Pferd über die Wiese, dem Bison entgegen.
Der Reiter kam dem Stier zur Seite. Joe Inya-he-yukan hob das Jagdgewehr, legte an und drückte ab. Der Schuß krachte; das Pfeifen der Patrone zog durch die Luft zum Ohr.
Joe gab nur diesen einzigen Schuß ab.
Der Büffelstier überschlug sich und stürzte ins Gras. Er war tot. Sein mächtiger Körper lag im Gras, reglos für immer. Joe lud nach und gab das Gewehr wieder in den Halter am Sattel. Er erhob den dumpfen Büffeljagdruf und galoppierte weiter auf die Herde zu, um sie zu scheuchen.
Die Herde, vom Krachen des Schusses und vom Sturz ihres Leittieres erschreckt, setzte sich westwärts in Bewegung, trabte, galoppierte in die Richtung, die sie nach dem Willen der Hirten einschlagen sollte. Mit knallenden Peitschen und dem dumpf drohenden Büffeljagdruf verfolgten Robert, Joan und Hanska zusammen mit Joe die Herde und trieben sie weiter. Stelzbeinig galoppierten die Büffelkälber mit ihren Müttern.
Hugh Mahan war mit Monture und Tiger zurückgeblieben. Das schußgleiche Knallen, das Schreien, das Donnern des Galopps von Herde und Pferden wirkten in der Stille von Nacht und Prärie wie ein Aufstand des Urlauts, der Wildnis, des Ungebändigten, aber die Hirten blieben Herr darüber.
Die Herde machte nicht halt und nicht kehrt; sie brach nicht zur Seite aus. Vier Menschen, darunter ein Kind, lenkten sie.
Der Start war gelungen, der Plan war gut. Noch wußte aber niemand, was sich auf dem Weg mit 31 ungebändigten Büffeln ereignen konnte.
Die scharfen und die dumpfen Laute verklangen; es wurde ruhig um den toten Stier und um die drei Männer, die zu ihm herangeritten waren. Was für ein Tier, noch immer groß und mächtig, aus der endlosen Reihe der Büffelgeschlechter, die einst die Prärien beherrscht hatten, und selbst Vater eines neuen Geschlechts. Die drei Männer stammten aus einem Volk, das sich eins wußte mit der Erde, der Sonne, dem Mond und den Tieren, und sie weihten dem toten Büffel eine Zeit des Schweigens. Als sie um war, wurden sie wieder hellwach.
Monture und Tiger verabschiedeten sich von Mahan, um sich für ihre eigenen Aufgaben auf den Weg zu machen. Die beiden mußten auf der King-Ranch die Wagen holen, zur Büffelranch und von dort aus nach der der Reservation nahegelegenen Stadt New City fahren, wo Monture in dem Indianer-Vorort wohnte und wo der fiebernde Andy Tiger Ruhe finden konnte. So kam es, daß Hugh Wasescha in der Nacht allein bei dem toten Büffel blieb. Er suchte sich am Bachufer einen kräftigen Pflock, und mit Hilfe des Lassos, das am Sattel hing, pflockte er seinen Dunkelbraunen an. Einen Hammer hatte er in der Satteltasche gefunden; auch dieses Werkzeug gehörte zu einer Cowboyausrüstung. Vielleicht war Hugh mit dem Sattel Bobs geritten, der im Gefängnis saß.
Monture hatte Mahan seinen eigenen Revolver und Reservepatronen dazu gegeben. Mahan spielte mit der Waffe, entlud,
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