Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
hatte.
    »Dabei bleiben Sie? Na, meinethalben. Aber mit Gerald werden Sie noch Ihren Spaß erleben. Dem ist nicht mehr zu helfen. Früher hat man so was aufgehängt.«
    Der Wächter zeigte mit dem Daumen in die Richtung, in der am Hügelhang noch der alte Galgenbaum des Lynchgerichts zu sehen war.
    »Ja, danke«, sagte Mahan und verständigte sich mit Ball durch einen Blick, daß sie gehen wollten.
    Ball fuhr Mahan in der noch freien Wartezeit durch die Stadt. Er zeigte ihm die Saurierbar, bei der Doug Coles und sein Freund umgekommen waren, und die beiden tranken Coca-Cola in der Bierwirtschaft des gleichen Wirts. Sie fuhren anschließend durch die Vorortsiedlung der Indianer, die die Reservation zur Zeit einer Hochkonjunktur, durch Arbeitsversprechen verlockt, verlassen hatten und nun bei abgesunkener Beschäftigungszahl fast alle im Elend lebten. Hier wohnte der Priester Elk in einer Holzhütte.
    Mahan verständigte ihn, daß er sich um Gerald Bedford kümmern wollte. Aber der indianische Priester wußte nichts Näheres. Er hatte keinen Zutritt zum Gefängnis. Von dem kleinen Iliff Bedford, der im Krankenhaus lag, berichtete er, daß es ihm sehr schlecht gehe.
    Es wurde Zeit, zum Gefängnis zurückzufahren. Ball fand wieder einen Parkplatz und ging mit Hugh zum Tor.
    »Er weiß schon«, sagte der Pförtner, »daß er abgeholt wird. Paßt ihm aber nicht, wollte wohl lieber gleich untertauchen. ›Hab’ niemand gerufen‹, hat er geschimpft.«
    »Hat er ja auch nicht«, sagte Mahan.
    Die Stunde war um.
    Es kamen die Schritte von zwei Menschen von innen her zum Tor, ein leichter, ein schwerer. Der Pförtner ging in seine Loge zurück. Es wurde gemurmelt und mit Papieren geraschelt. Dann tat sich eine kleine Tür in der großen Eisenpforte auf, und Gerald Bedford kam heraus.
    Er war schlank und auffallend mager, hielt die Schultern etwas gebeugt; den Kopf hatte er zur Seite gelegt. Er betrachtete die beiden Männer vor dem Tor mißtrauisch, lauernd. Doch lief er nicht weiter, sondern blieb stehen. Er trug Jeans, ein verblichenes Hemd und eine abgetragene Jacke, einen alten speckigen Cowboyhut.
    Mahan trat vor.
    »Mein Name ist Wasescha«, sagte er in der Stammessprache. »Ich komme von deiner Schwester Tatokala. Sie durfte dir nicht schreiben und durfte nicht kommen. Deshalb hat sie mich geschickt, und weil ich noch keinen Wagen habe, hat Mister Ball mich gefahren. Wir wollen heute nachmittag deinen kleinen Bruder besuchen, der hier im Krankenhaus liegt. Es wäre gut, wenn du mit uns zu ihm gehen könntest.«
    Bei den Worten »kleiner Bruder« hatte bei Gerald etwas aufgeleuchtet. Es war rasch wieder erloschen, aber er sagte doch: »Ho-je.«
    Beim Einsteigen in den Wagen nahm Ball am Steuer Platz, Mahan wartete, ob Gerald sich neben den Fahrer oder neben ihn auf den Rücksitz setzen wollte. Gerald zögerte einen Moment; es verwirrte ihn, daß er selbst entscheiden sollte, und der Platz neben dem Fahrer mochte ihn reizen. Aber dann setzte er sich doch neben Mahan.
    »Ich habe uns im Krankenhaus angemeldet«, erzählte Ball. »Die Besuchszeit ist heute nachmittag. Wir können vorher etwas einkaufen und einen Bissen essen.«
    Er fuhr zu einem altbekannten kleinen Sport- und Westerngeschäft, dessen Inhaber auch am Sonnabend den Laden offenhielt. Die drei Eintretenden waren die einzigen Kunden um die Lunchzeit. Der Verkäufer begrüßte Ball mit Namen and zeigte keine Neugier, wer seine Begleiter seien.
    Ball ließ sich Ledergürtel vorlegen, Mahan Sporthemden. »Such dir ein Hemd und ein Paar Jeans aus«, sagte er zu Gerald in der Stammessprache. »Ich lade dich ein.«
    Der Verkäufer hatte »Jeans« verstanden, legte blaue und schwarze vor und aus Verkaufsinteresse auch passende Hemden und Halstücher dazu. Die Kombination von schwarzen Jeans, schwarzem Hemd und gelbem Halstuch schien Gerald zu interessieren, aber er schob sie wieder weg.
    »Nicht das Richtige?«
    »Das sind Joes Farben«, sagte Gerald.
    Der Verkäufer stutzte einen Moment.
    »Warum nicht?« fragte er dann höflich. »Sie passen zu Ihnen auch – meine ich.«
    Er nahm aber ein gelb-dunkelblaukariertes Hemd aus dem Schrank und legte es zu den dunkelblauen Jeans. Davon konnte Gerald sich nicht trennen. Mahan kaufte.
    »Schuhe?«
    Gerald schüttelte den Kopf.
    Die Stulpenstiefel aus weichem Leder und ein Ledergürtel, wenig verziert, waren die einzigen guten Stücke, die Gerald mit in die Freiheit gebracht hatte. Er hatte sie für das verhängnisvolle

Weitere Kostenlose Bücher