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Welt im Fels

Welt im Fels

Titel: Welt im Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Harrison
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werden Stücke abgeschnitten.«
    »In gewissem Sinn sind diese Stücke von Tieren unsterblich«, sagte Chimal, als sich der Bildschirm verdunkelt hatte. »Obgleich Teile weggenommen werden, sterben sie nie. Ich möchte wissen, von was für einem Tier sie stammen.«
    »Ich habe mir nie Gedanken über die Unsterblichkeit in der Fleischbank gemacht. Vielen Dank. Ich werde darüber nachdenken, denn es scheint eine wichtige Frage zu sein. Das Tier wurde Rind genannt, mehr weiß ich nicht darüber.«
    Chimal aß zögernd einen Bissen, dann mehr und mehr. Es schmeckte besser als alles, was er bis dahin gekostet hatte. »Das einzige, was fehlt, ist der Chilipfeffer«, sagte er halblaut.
    »Morgen wird er nicht fehlen«, sagte der Chefobservator und notierte es sich.
    »Ist dies das Fleisch, das ihr den Geiern gebt?« fragte Chimal.
    »Ja. Die weniger guten Stücke. Es gibt nicht genug Niederwild im Tal, um sie am Leben zu erhalten, deshalb müssen wir sie füttern.«
    »Warum haltet ihr sie überhaupt?«
    »Es ist des Großen Planers Wille.«
    Das war nicht das erstemal, daß Chimal diese Antwort bekam. Auf dem Weg zu diesem Quartier hatte er Fragen gestellt, stellte immer noch Fragen, und nichts war ihm vorenthalten worden. Aber oft erschienen ihm die Beobachter ebenso unwissend über ihr Los wie die Azteken.
    »Das erklärt die Geier«, nickte er. »Aber warum die Klapperschlangen und Skorpione? Als Coatlicue in die Höhle verschwand, kam eine Menge von ihnen heraus. Warum?«
    »Wir sind die Beobachter und müssen in der Ausübung unserer Pflicht streng sein. Wenn ein Vater zu viele Kinder hat, ist er kein guter Vater, denn er kann sie nicht alle versorgen. Dasselbe Problem haben wir mit dem Tal. Wenn es dort zu viele Menschen gäbe, wäre nicht genug Nahrung für sie da. Deshalb lassen wir mehr Schlangen und Insekten ins Tal hinaus, wenn die Bevölkerung eine bestimmte Anzahl von Menschen beiderlei Geschlechts übersteigt.«
    »Willst du damit sagen, diese giftigen Tiere werden nur zu dem Zweck gezüchtet, die Menschen zu töten?«
    »Die richtige Entscheidung ist manchmal die schwerste. Deshalb werden wir alle dazu erzogen, stark und unbeirrbar zu sein und die Absichten des Großen Planers zu verwirklichen.«
    Darauf gab es keine Antwort. Chimal aß und trank die vielen guten Dinge und versuchte, die ungeheuerlichen Tatsachen zu verarbeiten, die er bisher erfahren hatte. Er deutete auf die Reihe von Büchern an der Wand.
    »Ich habe versucht, eure Bücher zu lesen, aber sie sind sehr schwer, und viele der Wörter kenne ich nicht. Gibt es nicht einfachere Bücher?«
    »Die gibt es, und ich hätte selbst daran denken sollen. Entschuldige, aber ich bin ein alter Mann, und mein Gedächtnis ist nicht mehr so gut, wie es sein sollte.«
    »Wie alt bist du?«
    »Ich bin im hundertneunzigsten Jahr. Wenn es des Großen Planers Wille ist, hoffe ich meine vollen zweihundert zu erleben.«
    »Eure Leute leben so viel länger als unsere. Wie kommt das?«
    »Wir haben Maschinen, die uns helfen, die Medikamente stärken uns, und unsere Aktoskelette stützen und beschützen uns. Wir sind zum Dienen geboren, und je länger unser Leben dauert, desto mehr können wir tun.«
    Chimal dachte darüber nach. »Und die Bücher, von denen du sprachst …?«
    »Ja, natürlich. Nach der heutigen Andacht werde ich dich hinführen. Nur Observatoren haben Zutritt, die Rot tragen.«
    »Ist das der Grund, weshalb auch ich dieses rote Gewand trage?«
    »Ja. Es erschien uns am klügsten. Alle Leute werden dich respektieren.«
    »Während du bei der Andacht bist, möchte ich mir den Ort ansehen, wo die Wachleute sind, von wo aus sie ins Tal sehen können.«
    »Ich werde dich selbst hinführen.«
    Es war ein ganz neues Gefühl für ihn, ohne Angst und Hast durch diese Tunnels zu gehen. Jetzt, in seinem roten Gewand und mit dem Chefobservator an seiner Seite, standen ihm alle Türen offen, und die Leute salutierten, wenn sie vorbeigingen. Wachmann Steel wartete am Eingang zur Beobachtungszentrale auf sie.
    »Ich möchte um Vergebung bitten«, sagte sie mit niedergeschlagenen Augen. »Ich wußte nicht, wer du warst.«
    »Niemand von uns wußte es, Wachmann«, sagte der Chefobservator und berührte ihren Deus. »Doch das bedeutet nicht, daß wir auf die Buße verzichten sollten. Du wirst einen Kasteier tragen, für dreißig Tage, und du wirst es freudig tun.«
    »Ich werde es«, sagte sie eifrig und verbeugte sich mit gefalteten Händen.
    »Der Große Planer

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