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Welt im Fels

Welt im Fels

Titel: Welt im Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Harrison
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Schaum wurde auf die Wunden aufgetragen, nachdem sie fotografiert worden waren. Die Diagnose wurde im Computer gestellt, und die Behandlung wurde programmiert. Das Analysegerät fuhr geräuschlos nach oben in den Behälter zurück, und ein metallener Chirurg nahm seinen Platz ein. Er schwebte über der Wunde, betrachtete sie mit seinem Binokular-Mikroskop und machte sich mit seinen vielen Armen an die Arbeit. Obgleich er nur immer an einer sehr kleinen Fläche arbeitete, kam er unglaublich schnell voran, schneller als ein menschliches Chirurgenteam es je vermocht hätte. Ein Klümpchen Schaum wurde weggeräumt, die Stelle gesäubert, verbranntes Gewebe blitzschnell entfernt. Dann wurde ein verbindender Kleber aufgetragen, der auch das Gewebewachstum beschleunigte, und die blitzenden Instrumente tasteten weiter zur nächsten Verletzung, seinen Arm hinunter, schlossen die Wunden, nähten die durchgeschnittenen Sehnen zusammen und verbanden die Nervenenden. Dann zu seiner linken Brustseite, wo der Laserstrahl tief in die Muskeln geschnitten, doch keins der inneren Organe getroffen hatte. Schließlich das Bein, eine verbrannte Fläche am Oberschenkel …
    Als Chimal aufwachte, konnte er sich zunächst nicht erinnern, was geschehen war und warum er in einem Bett lag. Er stand unter dem Einfluß starker Beruhigungsmittel und empfand keine Schmerzen, aber er fühlte sich schwindelig und so erschöpft, daß er sich nicht einmal umdrehen konnte.
    Die Erinnerung kam wieder, und mit ihr die Bitterkeit. Er hatte es nicht geschafft. Die endlose Reise ins Nichts würde weitergehen. Die Observatoren nahmen ihre Aufgabe zur Erhaltung viel zu ernst; sie wären nie auf den Gedanken gekommen, sie zu beenden. Vielleicht hatte der Große Planer hier seinen einzigen Fehler gemacht: indem er zu gut vorgeplant hatte. Die Beobachter versahen ihre Arbeit zu gut und zu freudig, als daß sie sich dazu hätten entschließen können, eines Tages mit ihr aufzuhören. Der nächste Stern, wenn sie ihn je erreichten, würde bestimmt wieder ungeeignete Planeten haben. Chimal hatte nur eine Gelegenheit gehabt, die Reise zu beenden, und der Versuch war fehlgeschlagen. Es würden ihm keine weiteren Gelegenheiten geboten werden, dafür würden die Observatoren schon sorgen – und nach ihm würde es keine Ankömmlinge mehr geben. Wenn jemals wieder Kinder aus einer Verbindung zwischen den beiden Dörfern geboren werden sollten, würde man sie hier nicht willkommen heißen. Vielleicht würden die Götter dem Oberpriester rechtzeitig etwas ins Ohr flüstern, und er würde sie als willkommene Opfer benutzen.
    Die Pflegemaschine, die wahrgenommen hatte, daß er zum Bewußtsein gekommen war, entfernte den intravenösen Tropfeinlauf aus seiner Armbeuge und reichte ihm eine Schüssel mit warmer Brühe.
    »Bitte öffne deinen Mund«, sprach die liebliche Stimme eines vielleicht schon vor Jahrhunderten gestorbenen Mädchens vom Tonband. Ein gebogenes Rohr senkte sich in die Brühe und näherte sich vorsichtig seinen Lippen. Er gehorchte.
    Die Maschine mußte auch gemeldet haben, daß er wach war, denn die Tür ging auf und der Chefobservator kam herein.
    »Warum hast du so etwas Unmögliches getan?« fragte er. »Keiner von uns kann es verstehen. Es wird Monate dauern, bis der Schaden behoben ist, denn wir können dich nicht mehr in die Nähe der Anlage lassen.«
    »Ich tat es, weil ich will, daß ihr die Bahn ändert. Wenn wir die Änderung vornähmen, könnten wir in weniger als fünfzig Jahren im System Proxima Centauri sein. Das ist alles, worum ich dich bitte, seht euch die Planeten genauer an! Du brauchst nicht einmal zu versprechen, daß es außer den Observatoren jemand erfährt. Willst du das tun?«
    »Nun, nicht aufhören!« schalt ihn die freundliche Stimme der Pflegemaschine. »Du mußt alles aufessen. Hörst du?«
    »Nein. Natürlich nicht. Die Entscheidung ist getroffen und protokolliert worden, und ich kann sie beim besten Willen nicht rückgängig machen. Du solltest mich nicht einmal darum bitten.«
    »Ich muß an dich appellieren! Beende die jahrhundertelange Gefangenschaft und die Angst und das Sterben! Befreie dein eigenes Volk von der Tyrannei, der es unterworfen ist!«
    »Du redest wie ein Verrückter.«
    »Ich sage nur die Wahrheit. Sieh dir mein Volk an! Sie leben ein kurzes Leben voll Brutalität und Schmerzen, in Aberglauben und Angst, werden unterdrückt und getötet von grausamen Priestern, die die Herrschaft noch grausamerer Götter

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