WELTEN-NEBEL
zu sprechen.
Süylin war unwohl bei dem Gedanken, ihn alleine gehen zu lassen, doch der Häuptling des Bergstammes bestand darauf, dass sie zurückblieb. So konnte sie nichts weiter tun als ungeduldig auf Rihnalls Rückkehr zu harren.
Er konnte ihnen ihr Erschrecken ansehen. Da sich die Menschen des Bergstammes inzwischen an seine blaue Haut gewöhnt hatten, hatte er diese Reaktion nicht in Betracht gezogen. Kurz überlegte er, wie er sich den Männern vorstellen sollte. Vor dem Krieger des Bergstammes konnte er nicht zugeben, dass er kein göttlicher Bote war. Genauso wenig aber wollte er lügen. Er begrüßte die Männer und sagte: „Wie ihr seht, bin ich kein Angehöriger eures Volkes. Daher fällt mir die Rolle des Vermittlers zu. Ich gehöre keinem der Stämme an und bin daher unparteiisch. Ich hoffe, dass ihr darauf vertraut und mir den Grund eurer Anwesenheit hier mitteilt.“
Er hoffte, diese Erklärung würde fürs Erste genügen und die Männer zum Reden bringen.
Einer der Männer trat vor. Zunächst betonte er ihre friedlichen Absichten. Dann sagte er, es ginge um etwas, was ganz Atress beträfe und daher der Zusammenarbeit aller Stämme bedürfe. Mehr wollte er nur dem Anführer des Bergstammes gegenüber enthüllen.
Rihnall versprach, die Nachricht zu überbringen, und kehrte in die Siedlung zurück.
Der Anführer ließ sich Zeit mit seiner Entscheidung, ganze drei Tage ließ er die Männer vor den Toren warten. Dann aber siegte seine Neugier und er empfing die drei Anführer. Auch sie und Rihnall waren bei dem Treffen in der Großen Hütte zugegen, ebenso einige bewaffnete Krieger. Deutlicher hätte der Anführer sein Misstrauen nicht zum Ausdruck bringen können.
Auch seine Begrüßungsworte waren voller unüberhörbarer Warnungen. So erinnerte er den Anführer des Küstenvolkes an die Geisel, die er in seiner Gewalt hatte. Auch gegen die anderen beiden Stämme stieß er unverhohlene Drohungen aus. Die Gäste aber zeigten sich unbeeindruckt. Entweder, sie waren sich ihrer Sache sehr sicher oder sie waren gute Schauspieler.
Süylin beobachtete alles genau, versuchte in den Gesichtern zu lesen. So sehr sie und Rihnall sich in den letzten Tagen auch den Kopf darüber zerbrochen hatten, sie hatten nicht erraten können, was die Männer hergeführt hatte. Dass es jedoch etwas von großer Bedeutung sein musste, dessen waren sie sich sicher, warum sonst hätten drei Stämme, die seit Jahrhunderten mehr oder weniger verfeindet waren, sich plötzlich zusammenschließen sollen. Auch die Tatsache, dass sich die Anführer persönlich auf den Weg gemacht hatten und nicht etwas Boten geschickt hatten, zeugte von der Wichtigkeit der Unternehmung.
Nachdem die Formalitäten abgeschlossen waren, baten die Gäste darum, dass die Krieger die Hütte verließen. Was sie zu sagen hätten, sollte zunächst in aller Stille geschehen. Auch ihre eigenen Stämme hätten sie im Unklaren gelassen.
Das würde der Anführer niemals zulassen. Er würde nicht einwilligen, schutzlos in seiner eigenen Großen Hütte zu sein. Das Gespräch drohte zu scheitern, bevor es begonnen hatte. Sollte sie versuchen, zu vermitteln? Sie tauschte Blicke mit Rihnall. Dieser aber schüttelte den Kopf, hatte ihre Idee wohl erahnt.
Im Raum herrschte noch immer gespannte Stille. Plötzlich erhob der Anführer des Bergvolkes die Stimme: „Ergreift sie, sie wollen mich ermorden!“
Ein Tumult brach los. Sie drückte sich gegen die Wand, um nicht von den Kriegern umgerissen zu werden. Ihre Augen suchten nach Rihnall, doch er war in dem Pulk von Menschen nicht auszumachen. Dafür konnte sie beobachten, wie die Anführer der anderen Stämme die Flucht ergriffen. Doch ihre Chancen standen denkbar schlecht. Drei Männer gegen mindestens zwanzig Krieger, die ihnen zu folgen suchten. Doch plötzlich wurde die Aufmerksamkeit der Verfolger abgelenkt. Ein Ruf übertönte alle anderen Geräusche: „Im Namen der Götter befehle ich euch, einzuhalten.“
Alle Augen waren nun auf ihn gerichtet. Als die Unruhe begonnen hatte, hatte er schnell einen Schemel erklommen, um einen guten Überblick zu bekommen. Die Bedrängnis, in die die drei Anführer geraten waren, war ihm nicht entgangen. Er zweifelte nicht daran, dass sie einen sofortigen Tod finden würden, wenn man ihnen habhaft wurde. Er musste ihnen Zeit für die Flucht verschaffen. Der Ruf entfuhr seiner Kehle, noch bevor er richtig darüber hatte nachdenken können.
Es waren nur
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