WELTEN-NEBEL
zu Kräften zu kommen.
„ Er ist doch nicht etwa eingeschlafen? Wie kann Rihnall schlafen, während wir hier auf der Insel festsitzen und das nächste Ufer so weit entfernt ist, dass ich es nicht einmal sehen kann?“
„ Immer mit der Ruhe, Bevan. Lass ihn sich etwas ausruhen. Wir können problemlos einige Zeit hierbleiben. Ich kenne diese Insel, hier droht uns keine Gefahr. Als wir damals die Ruinen untersuchten, haben wir eine ganze Weile auf ihr gelebt. Allerdings ist es wirklich weit bis zum Ufer. Doch es gibt kleine Inseln, kaum mehr als aus dem Wasser ragende Steine, und flache Stellen, an denen wir rasten können. Deshalb meiden die großen Passagierschiffe diese Gegend auch. Ansonsten könnten wir auch warten, bis das nächste vorbeifährt. So aber müssen wir uns selbst helfen.“
„ Ihr hättet mich vorwarnen können, dass unsere Reise im Wasser endet.“
„ Ehrlich gesagt, ich habe nicht damit gerechnet, an exakt der gleichen Stelle wieder herauszukommen. Rihnall wohl auch nicht. Aber er hat schnell reagiert und hat uns mit nach oben gezogen, seine Gabe war dabei sicher hilfreich.“
„ Welche Gabe?“
„ Haben wir dir nie davon erzählt? Er kann unter Wasser atmen. Wie sonst hätte er die Ruinen unter Wasser erforschen können?“
„ Ich habe nie darüber nachgedacht. Wahrscheinlich nahm ich an, er verwendete die gleiche Technik wie die Männer meines Stammes, wenn sie in Küstennähe nach Muscheln tauchen, sie halten einfach eine Weile die Luft an. Sie trainieren hart, bis sie es lange genug aushalten.“
„ Nein. Rihnall kann stundenlang unter Wasser bleiben. Immer wenn ich ihn schwimmen sehe, glaube ich, er fühlt sich im Wasser wohler als an Land.“
„ Redet ihr über mich?“
Rihnall setzte sich auf.
„ Bilde dir ja nichts darauf ein.“
„ Sei bloß nicht so frech, Frau, sonst lasse ich euch hier auf der Insel zurück.“
Beiden war anzusehen, dass sie es nicht so meinten. Es war wohl der Übermut über die geglückte Heimkehr, der sie zu diesen Scherzen verleitete. So fröhlich hatte Bevan sie noch nie erlebt. Sie schaltete sich in das Gespräch ein: „Du kannst mich doch nicht für ihr vorlautes Mundwerk bestrafen.“
„ Da hast du recht. Lasst uns wieder ernst werden. Bevor wir von hier weg können, muss ich noch einmal zu den Ruinen tauchen. Wenn der Spiegel mit uns gereist ist, liegt er jetzt dort unten. Ich will ihn holen, so ich ihn finde.“
Schon begann er, einen Teil seiner Kleidung abzulegen. Sie waren ohnehin alle zu dick angezogen, denn hier herrschte sonniges Frühlingswetter. Wäre ihre Kleidung nicht durchnässt gewesen, hätten sie darin längst zu schwitzen begonnen. Nur noch mit einer dünnen Stoffhose bekleidet, ging Rihnall auf Süylin zu und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ich beeile mich und bin bald wieder bei euch. Ruht euch aus, ihr werdet eure Kräfte brauchen.“
Dann war er auch schon in den Fluten verschwunden.
Während sie auf seine Rückkehr warteten, kümmerten sie sich um ihre Kleidung, befreiten sich von überflüssiger und richteten das, was sie noch am Leib trugen. Dann legten sie sich in die Sonne, um sich vollständig zu trocknen. Eigentlich war dies sinnlos, sobald Rihnall zurückkehrte, würden sie erneut in die Fluten steigen. Doch nach den kalten Tagen in den Bergen genoss Süylin die warmen Strahlen einfach, döste sogar ein.
Ihr Mann hielt Wort. Noch bevor es Mittag wurde, war er zurück. In seiner Hand hielt er den Spiegel, der zu ihrem Erstaunen in einem Stück war. Wie war dies möglich? Hatte ihre Reise den Spiegel wieder zusammengefügt?
Rihnall reichte ihn ihr und sie drehte ihn in ihren Händen. Es gab keine erkennbaren Bruch- oder Nahtstellen. Als ahnte er ihre Fragen, sagte er: „Ich glaube nicht, dass es der ist, der uns herbrachte. Der zerbrochene wird wohl auf dem Hochplateau zurückgeblieben sein. Diesen hier fand ich in den gesunkenen Überresten eines Bootes, unseres Bootes. Als wir damals nach Atress reisten, ist er wohl mit dem Boot versunken. Ich musste ganz schön im Schlamm wühlen, um ihn zu finden. Doch lasst uns keine Zeit verschwenden, wenn wir die Küste noch heute erreichen wollen, müssen wir bald aufbrechen.“
Bevan raffte die restliche Kleidung zusammen, doch Süylin hieß sie, innezuhalten. „Die lassen wir hier, sie ist nur nutzloser Ballast, wir nehmen nur mit, was wir anhaben. Und natürlich den Spiegel.“
Gemeinsam glitten sie ins Wasser. Rihnall schwamm
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