WELTEN-NEBEL
nicht. Die Geräusche des höfischen Lebens drangen nur gedämpft durch die üppige Vegetation. Er konnte ihrem Gesicht ansehen, dass auch sie diesen Ort mochte. Eine Weile liefen sie schweigend umher, lauschten dem Geräusch der im Wind raschelnden Blätter. Er pflückte eine der kleinen zarten Blumen, die im Schatten der Büsche gediehen, und reichte sie Bevan. Ihr Lächeln bezauberte ihn, ihre natürliche, etwas wilde Schönheit nahm ihn gefangen. Er wusste, diese Frau war sein Schicksal.
Sein Kuss wurde von ihr erwidert und machte jedes Wort überflüssig.
EPILOG
Zu Beginn des zwölften Mondes war es endlich so weit, ein gesunder Junge erblickte das Licht der Welt. Rihnall war überglücklich, als er seinen Sohn endlich in den Armen halten konnte und sie war es nicht minder. Es grenzte an ein Wunder, dass das Baby gesund war, eingedenk all der Beschwernisse, die sie während der Schwangerschaft hatte durchmachen müssen. Ihr Mann meinte, das Kind habe wohl die Stärke seiner Mutter geerbt. Dafür aber hatte es die dunkelblaue Haut seines Vaters. Ob dies auch mit der besonderen Begabung des Unter-Wasser-Atmens einherging, würde sich noch zeigen müssen. Doch abgesehen davon war es ein ganz normaler Säugling, der seinen Eltern schlaflose Nächte, aber auch viel Freude bereitete. Auch hatten sie alle Unterstützung, die sie sich nur wünschen konnten. Ihre alte Vertraute Ellina war stets zur Stelle, wenn sie Hilfe mit dem Kleinen benötigte.
Zumindest vorübergehend hatte Süylin eingewilligt, mit ihrer Familie im Palast zu leben, auch wenn ihr der ganze Luxus übertrieben und nutzlos erschien. Sie hatte gelernt, dass es nicht viel bedurfte, um glücklich zu sein. Für die Zukunft träumte sie von einem einfacheren Leben. Trotzdem sie eine Prinzessin war, sollte ihr Sohn so normal wie möglich aufwachsen. Auch Rihnall hatte den Wunsch nach einem Leben außerhalb der Palastmauern geäußert.
Noch aber wollten ihre Eltern sie nicht gehen lassen, sie waren ganz vernarrt in ihren Enkel und wollten ihn in ihrer Nähe haben. Sie gönnte ihnen dies, schließlich hatten sie durch ihre Flucht einigen Kummer zu durchleiden gehabt. Besonders ihre Mutter hatte sich damals sehr gegrämt. Doch letztendlich hatten der König und die Königin verstanden, warum Süylin diesen Weg gegangen waren. Und sie hatten daraus gelernt. Ihr Vater hatte sie sogar um Verzeihung für die arrangierte Hochzeit gebeten.
Das einzig Bedauerliche an der Geburt ihres Kindes war, dass es die Aufmerksamkeit von einem wesentlich wichtigeren Ereignis ablenkte, das unmittelbar bevorstand: der Hochzeit ihres Bruders.
Sie hatte sich nichts dabei gedacht, als ihr Bruder am Tag nach ihrer Ankunft zu ihr gekommen war und sie über Bevan ausgefragt hatte, sie hielt es für Neugier. Als Bevan aber am gleichen Tag Fragen über Gelkan stellte, wurde sie misstrauisch. Es kostete sie einige Mühe, Bevan zu entlocken, was im Palastgarten geschehen war. Anfangs war sie unsicher, was sie von der Sache halten sollte, doch dann bemerkte sie die Blicke, die die beiden tauschten. Alsdann half sie als Übersetzerin über so manche Verständigungsschwierigkeit, zunächst ohne irgendjemandem von der sich anbahnenden Liebe zu erzählen. Selbst Rihnall hatte sie es verschwiegen, da die beiden es so wünschten.
Daher war sie die Einzige, die nicht vollkommen überrascht war, als Gelkan ungefähr einen Mond nach ihrer Ankunft in Gal verkündete, er wolle Bevan heiraten. Die Aufregung war groß, besonders der König äußerte Bedenken. Er merkt an, dass Bevan damit die zukünftige Königin wäre, ein Umstand, der möglicherweise nicht von allen Elungern gutgeheißen würde. Vielleicht war dies auch seine Meinung, das konnte Süylin nicht herausfinden. Gelkan aber ließ sich nicht umstimmen und seine Ankündigung, für seine Liebe auch auf den Thron zu verzichten, brach alle Widerstände. Süylin war stolz auf ihren um ein Jahr älteren Bruder. Wie sie hatte er die Stärke bewiesen, seinem Herzen zu folgen. Sie wünschte ihm und Bevan alles Gute für ihre Ehe.
Ihre privaten Belange ließen ihr leider kaum Zeit, die Gelehrten zu unterstützen, die sich mit den Aufzeichnungen über Atress und mit dem Spiegel beschäftigten, den sie Weltenspiegel nannten. Sie fand dies eine unzutreffende Bezeichnung, schließlich waren es keine fremden Welten, die dort abgebildet waren, sondern nur andere Länder. Diese waren, bei allen Unterschieden, dennoch Teile einer
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