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WELTEN-NEBEL

WELTEN-NEBEL

Titel: WELTEN-NEBEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Buchmann
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konnte. Er konnte sich seine Frage nicht verkneifen, auch wenn er wenig Hoffnung hatte, eine Antwort zu erhalten: „Was ist los? Ihr wirkt so abgelenkt.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Nichts, ich war nur in Gedanken.“
    Sollte er es dabei bewenden lassen? Offenbar wollte sie ihm nicht erzählen, was sie beschäftigte. Andererseits fühlte er sich für sie verantwortlich. Er musste ihr das Gefühl geben, ihm alles erzählen zu können. Nur weil sie in den letzten Tagen wenig miteinander gesprochen hatten, hieß es schließlich nicht, dass sie einander nicht mehr nahestanden.
    Er schaute ihr tief in die Augen und sagte: „Ihr braucht mir nichts vormachen, ich sehe doch, dass Euch etwas beschäftigt. Erzählt es mir, Ihr werdet sehen, danach geht es Euch besser.“
    „ Gut, aber nicht hier. Lasst uns nach dem Essen auf mein Zimmer gehen.“
    Was war es nur, was sie so sehr mitnahm, dass sie nicht in der Öffentlichkeit darüber sprechen wollte. Vor lauter Sorge konnte er kaum noch essen, ließ die Hälfte seiner Mahlzeit auf dem Teller.
     

    Als sie die Treppen zu ihrem Zimmer hinaufstiegen, überdachte sie ihren vorschnellen Entschluss. Sollte sie Waylen wirklich davon erzählen. Vertraute sie ihm wirklich genug, um ihm etwas so Persönliches zu erzählen? Doch sie wusste, er würde nicht lockerlassen, bis er den Grund für ihr seltsames Verhalten kannte. Zum Glück hatte er nicht gesehen, wie sie am Nachmittag zurückgekehrt war, mit verheulten Augen und völlig außer sich.
    Sie öffnete die Tür, bat ihn hinein. Er setzte sich auf den Stuhl, während sie unruhig in dem kleinen Raum auf und ab lief. Sie suchte nach den richtigen Worten, um zu beginnen. Sie war ihm dankbar, dass er geduldig wartete und keine Fragen stellte. Schließlich begann sie: „Es ist etwas vorgefallen zwischen mir und dem Helwaner. Als ich ihm heute Nachmittag das Geld für den heutigen Unterricht gab, hat er … hat er plötzlich nach meinen Händen gegriffen. Er sagte irgendetwas von einer anderen Art der Bezahlung. Dann hat er mich an sich gezogen und mich geküsst.“ Die Erinnerung daran ließ sie kurz innehalten, zu deutlich standen ihr die Bilder vor Augen. „Ich habe versucht, ihn von mir zu stoßen, doch er hielt mich fest, versuchte erneut, mir einen Kuss aufzuzwingen. Er sagte, ich solle mich nicht so zieren, ich wolle es doch auch, habe ihm die ganze Zeit schöne Augen gemacht. Erst als ich ihm mit voller Wucht auf den Fuß trat, hat er mich losgelassen. Ich bin davongerannt.“
    Ihr traten Tränen in die Augen, sie fühlte sich so schmutzig. Wie konnte sie zulassen, dass ein Fremder sie küsste. Das taten nur Frauen ohne Ehre.
    Sie spürte Waylens Hand auf ihrer Schulter. Dann begann er, ihr tröstend über den Rücken zu streichen. Mit ruhiger Stimme redete er auf sie ein: „Alles ist gut. Ihr seid in Sicherheit.“
     

    Die tröstenden Worte fielen ihm schwer, denn innerlich kochte er vor Wut. Am liebsten wäre er sofort zu diesem Helwaner gelaufen und hätte ihm mehr angetan, als ihm nur auf den Fuß zu treten. Wie konnte er es wagen, eine junge, unschuldige Frau zu belästigen. Und ihr dann auch noch sagen, sie habe es nicht anders gewollt. Hoffentlich glaubte sie ihm dies nicht und gab sich selbst die Schuld für den Vorfall. Wenn dem so war, musste er es ihr unbedingt ausreden. Danach erst konnte er sich um diesen Helwaner kümmern.
    Ihr Schluchzen hielt an. Gerne hätte er sie tröstend in den Arm genommen, doch in Anbetracht dessen, was vorgefallen war, wäre es wohl eine zu große Nähe gewesen. Daher beließ er es bei den hilflosen Gesten des Trosts, die er ihr bieten konnte.
    Sie hatte sich ausreichend gesammelt, um wieder zu sprechen: „Ich bin wohl selbst schuld. Ich habe seinem aufdringlichen Verhalten keine Grenzen gesetzt. Hätte ich ihm früher deutlich zu verstehen gegeben, dass unser Verhältnis nur ein geschäftliches ist, hätte er es sich nie erlaubt, mich zu küssen.“
    „ Nein. Es ist nicht Eure Schuld. Kein Mann darf eine Frau gegen ihren Willen küssen, egal was zuvor geschehen ist. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass Ihr irgendetwas getan habt, was ihn dazu ermutigt hat, sich Euch auf so unangemessene Weise zu nähern. Ich möchte nie wieder von Euch hören, dass Ihr den Vorfall verschuldet habt. So etwas dürft Ihr nicht einmal denken. Ihr habt genau das Richtige getan, Ihr habt Euch gewehrt, bevor dieser Mann Euch noch Schlimmeres antun konnte. Es ist doch bei dem Kuss geblieben,

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