Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Welten - Roman

Titel: Welten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
neuerlichen Ausflug dorthin erreichen wollte, aber mir fiel auch nicht ein, was ich sonst hätte unternehmen können. Vielleicht fand ich endlich wieder Schlaf, wenn ich sie real vor mir gesehen hatte.
    Also schlich ich hinunter. Es war genau wie die früheren Male, nur dass jetzt Karten und persönliche Gegenstände auf den Nachttischen lagen und mehrere Stühle in der Station verteilt waren - alles Dinge, von denen ich bei meinen ersten beiden Besuchen nichts wahrgenommen hatte, die aber wohl trotzdem da gewesen waren. Dann machte ich mich auf den Rückweg.
    In meinem Zimmer war jemand. Ich hatte das Licht gelöscht, doch jetzt war unter der Tür ein heller Streifen zu erkennen, der matt von dem polierten Boden reflektierte. Zuerst dachte ich natürlich, dass es der Pfleger vom Dienst war.
    Plötzlich fiel mir irgendwo am Ende des Gangs eine Bewegung auf. Eine blasse Gestalt verschwand im dunklen
Aufenthaltsraum und tauchte nach einiger Zeit wieder auf. Schließlich trat sie hinaus auf den nächtlich matt erleuchteten Korridor, und ich erkannte den Pfleger, der zurück an seinen Platz strebte. Er war so in eine Zeitschrift vertieft, dass er mich nicht bemerkte.
    In einem Anfall von Panik wich ich an die Wand zurück, so weit es nur ging, und versteckte mich hinter einem Schrank mit Feuerlöschgeräten. Der Pfleger nahm in seiner Station am Ende des Korridors Platz und legte, immer noch in seinem Magazin blätternd, die Füße auf den Schreibtisch. Er streckte sich zur Seite - ich hörte, wie die Rollen seines Stuhls quietschten - und schaltete leise das Radio ein. Blecherne Popmusik wehte herüber.
    Die Tür zu meinem Zimmer konnte ich nicht mehr sehen. Wer trieb sich dort herum, wenn es nicht der Pfleger war? War es der Eindringling, der sich erneut an mir hatte vergehen wollen? Vielleicht sollte ich die Tür aufreißen und ihn zur Rede stellen, in der Gewissheit, durch den Lärm und Aufruhr den diensthabenden Pfleger anzulocken. Oder vielleicht sollte ich mich gleich an diesen wenden und ihm von dem Unbekannten in meinem Zimmer berichten, damit er sich mit der Sache befasste.
    Gerade als ich mich für die zweite Möglichkeit entschieden hatte und mein Versteck hinter dem Feuerlöschschrank verlassen wollte, hörte ich die Toilettenspülung am Ende des Gangs.
    Knarrend öffnete und schloss sich eine Tür. Ich schob mich an der Wand entlang, drückte den nächsten Türgriff und trat ein. Meines Wissens handelte es sich um ein privates Besuchszimmer, das um diese Stunde leer war. Von der Toilette näherten sich Geräusche. Das Patschen von Pantoffeln. Ich erkannte einen der alten Knaben, dessen
Kiefer nicht ganz so schlaff herunterhing und der auch ein Gespräch über etwas anderes führen konnte als Fernsehen und Wetter. Mit vorgebeugtem Kopf passierte er den Türspalt, durch den ich ihn beobachtete.
    Jemand sagte etwas, und er blickte auf und gestikulierte in den Gang, wahrscheinlich in Richtung des diensthabenden Pflegers. Ich zog die Tür ein wenig weiter auf, um ihn im Auge zu behalten. Als er auf der Höhe meines Zimmers war, wurde die Tür aufgerissen, und Licht flutete heraus. »Mr. Kel?« Eine kräftige Männerstimme.
    Verwirrt blieb der Alte stehen und starrte blinzelnd zuerst in mein Zimmer und dann durch den Korridor. Sitzrollen quietschten, als sich der Pfleger in fragendem Tonfall vernehmen ließ.
    Dann schien dem Alten grelles Licht ins Gesicht, und er hob die Hand, um seine Augen zu schützen. Der Pfleger vom Dienst rief etwas, das helle Licht erlosch, und ein groß gewachsener, athletischer Mann in dunklem Anzug rannte an meinem Versteck vorbei zur Treppe. In einer Hand hielt er eine klobige Taschenlampe, in der zweiten etwas anderes, das er im Vorbeirennen hastig in seine Tasche rammte. Etwas Dunkles und Schweres. Ich wusste, dass es eine Waffe war.
    Daher:
    »Kann ich die Klinik verlassen?«, frage ich Dr. Valspitter. »Bitte?«
    Sie lächelt. »Vielleicht. Erst muss noch ein zweiter Arzt zur gleichen Auffassung kommen, aber ich glaube schon.«
    »Wunderbar! Können wir den anderen Doktor sofort um seine Meinung bitten?«
    »Haben Sie es so eilig?«
    »Ja. Ich will raus«, erwidere ich. »Heute noch.«

    Mit leisem Stirnrunzeln schüttelt sie den Kopf. »Heute nicht. Vielleicht morgen, wenn der Kollege meine Auffassung teilt. Vorher müssen wir aber alle Unterlagen ausfüllen und Sie mit Kleidern und ein wenig Geld versorgen. Also morgen vielleicht. Ich kann nichts versprechen. Aber auf jeden Fall

Weitere Kostenlose Bücher