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Welten - Roman

Titel: Welten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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sind, hauen wir doch alle mal ein bisschen über die Stränge, oder?« Meine Worte schienen Edward nicht zu überzeugen. »Er wird schon seinen Weg finden.« Ich machte ein ernstes Gesicht. Diesen Scheiß konnte ich ziemlich glaubhaft von mir geben, weil ich ein paar Jahre älter war als Barney. Ich legte das Queue auf den Tisch und verschränkte die Arme. »Schauen Sie, Mr. N, Edward, der Druck ist immer viel größer, wenn jemand einen erfolgreichen Vater hat. Sie verstehen schon. Er blickt zu Ihnen auf, das weiß ich genau. Aber Sie sind - na ja. Es ist nicht leicht, in Ihre Fußstapfen zu treten. So ein Vorbild muss einem praktisch Angst einjagen. Sie sehen
das vielleicht nicht, aber das sind eben wieder Sie da oben in Ihren olympischen Höhen.«
    Er lächelte. Ein wenig traurig vielleicht. »Nun, Sie haben ja selbst gesagt, dass er sich seine Freunde besser aussuchen könnte.« Er lehnte sich auf den Stock und fixierte den Tisch. »Ich möchte nicht klingen wie ein viktorianischer Paterfamilias, aber es könnte bestimmt nicht schaden, wenn er die Bahn ein bisschen besser halten würde.«
    »Da haben Sie bestimmt Recht, Edward.« Ich nahm mein Queue auf. »Ich denke mir immer, er ist zu nett.«
    »Zu nett?«
    »Hatte es immer zu leicht, weiß nicht, dass es auf der Welt nicht so nett zugeht, wie er meint. Glaubt, dass alle anderen genauso entspannt und gutmütig sind wie er.« Ich schüttelte den Kopf und beugte mich vor. »Gefährlich.«
    »Vielleicht wäre es gut, wenn Sie ihn etwas in Ihre Lebensphilosophie einführen würden. Oh, guter Stoß.«
    »Danke. Klar, das könnte ich. Ich meine, ich hab natürlich schon mit ihm darüber geredet, aber ich könnte die Sache noch mehr betonen. Wenn Sie möchten. Weiß nicht, ob er auf mich hört, aber versuchen kann ich es ja.«
    »Ich wäre Ihnen sehr dankbar.« Mr. N strahlte.
    »Das mache ich doch gerne, Edward.«
    »Hmm.« Er wirkte nachdenklich. »Nächsten Monat sind wir in Schottland auf der Jagd. Barney und Dulcima haben versprochen, dass sie für eine Woche zu uns stoßen, aber ich rechne damit, dass er sich in letzter Sekunde wieder eine Ausrede einfallen lässt. Ich glaube, er findet mich langweilig. Jagen Sie, Adrian?«
    (Großartig, denke ich mir. Ich sage Barney, dass die ganze Woche koksweise auf meine Rechnung geht, damit er hinfährt,
und dann kann ich den Kontakt mit Mr. N vertiefen.) »Hab’s noch nie probiert.«
    »Sollten Sie unbedingt. Möchten Sie gern mitkommen?«

MADAME D’ORTOLAN
    Mr. Kleist fand, dass die Lady die Nachricht in Anbetracht der Umstände erstaunlich gefasst aufnahm. Er hatte etwas getan, was er in den mehreren Jahren seiner Anstellung bei ihr noch nie gewagt hatte: Er hatte sie bei ihrer Toilette gestört. Sie hatte ihn hereingebeten und sich vor ihrer Frisierkommode weiter geschminkt, während er hinter ihr stand. Im Spiegel konnten sie einander in die Augen sehen. Madame d’Ortolan hatte einen Peignoir übergestreift, aber wenn er seinen Blick nach unten schweifen ließ, konnte er, wie er feststellte, ziemlich viel von ihren Brüsten erkennen. So machte er einen halben Schritt nach hinten, um ihnen beiden ein peinliches Erröten zu ersparen. Etwas dieser Art hatte nie zwischen ihnen stattgefunden. Dennoch, als sich der Kater M. Pamplemousse aus dem Schatten des Hockers löste,auf dem seine Herrin saß,tat er dies mit vorwurfsvoller Miene. Madame d’Ortolan seufzte. »Harmyle?«
    »Leider ja, Madame.«
    »Tot?«
    »Vollkommen.«
    »Dann hat es unseren Mann endgültig aus der Bahn geworfen.«
    »In der Tat, Madame, man könnte sagen, er ist auf dem Gegengleis genau in die falsche Richtung unterwegs, und zwar mit erheblicher Geschwindigkeit.«

    Madame d’Ortolan warf Mr. Kleist einen vernichtenden Blick zu, bei dem die meisten Männer zusammengezuckt wären. Aber Mr. Kleist war nicht so leicht zu beeindrucken. »Sind wir ihm noch auf der Spur?«
    »Mit knapper Not. Zwei von fünf konnten sich ihm gerade noch an die Fersen heften, metaphorisch gesprochen. Sein nächster Übergang sollte dafür viel leichter nachzuvollziehen sein.«
    »Ich will ihn haben«, bemerkte sie. »Meinetwegen verletzt, aber lebendig.«
    Mr. Kleist nickte verständnisvoll.
    »Und nehmen Sie sich der korrekten Zielpersonen an: individuell, aber gleichzeitig.«
    Er nickte.
    »Unverzüglich.« Sie griff nach ihrer Haarbürste.
    »Selbstverständlich, Madame.«
    Als Mr. Kleist sich abwandte, tat er sein Bestes, um M. Pamplemousse einen zufälligen Tritt

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