Weltenende (German Edition)
“, antwortete Jonas.
„N atürlich, der schüchterne Tobias. Ich glaube, er hatte die Hosen gestrichen voll.“
„Ich hätte auch Angst gehabt bei Elenore.“
„ Ja, das ist gut möglich. Bei mir hast du keine Angst?“
„ Das, na ja … muss ich welche haben?“, stotterte Jonas.
„Nein, aber ich habe welche.“
„ Gut, ich auch, aber so eine große Sache ist das nicht, … denke ich. Wir heiraten ja nur. Manche Prominente machen das dauernd.“ Jonas schaute wieder auf die Uhr. Es war noch ein bisschen Zeit. Vielleicht sollten sie vorher einmal üben, dachte er, und lief rot an, als ihm klar wurde, was er gerade - Gott sei Dank - nur gedacht hatte.
Melanie fächelte sich mit dem Stadtanzeig er Luft zu. Es war unerträglich heiß in der Küche, zumindest in den verdammten Hochzeitskleidern des siebzehnten Jahrhunderts.
Schon kurz vor zw ölf piepte das Funkgerät. Jonas sprang auf. „Es geht los!“, rief er viel zu laut und öffnete die Tür. Melanie manövrierte umständlich ins Freie. Soweit Jonas wusste, gab es früher keine breiteren Türen, sondern eher schmälere, was bei diesem Kleid kaum zu glauben war.
Jonas stellte sich neben Melanie und hielt ihr seinen Unterarm hin. Sie stutzte kurz, lächelte dann liebreizend und hakte sich ein.
„Also dann wird geheiratet, hätte ich heute Morgen nicht gedacht“, meinte Jonas und Melanie antwortete: „Ist wohl wie das Kinderkriegen, einmal nicht aufgepasst und schon ist es passiert.“
Sie schritten bedächtig über die Wiese und die ersten Leute standen schon bei den Dünen, wo sie einen schmalen Korridor gebildet hatten. Die Lampions schaukelten in der Briese, nur die Blitze der Fotoapparate störten die Stimmung. Carl und Fanny klatschten ganz vorne Beifall und Barney fotografierte natürlich auch. Sie blieben kurz vor ihm stehen und Melanie und er schauten in die Kamera, bis sie vom Blitz geblendet wurden. Georg, sein Vater, eine Gruppe Jugendlicher, Marie mit ein paar Freundinnen, die Marots. Eigentlich kannte Jonas sie alle und sie kannten ihn, obwohl er streng genommen kein Rabensruher war. Er war einer von drüben, was man landläufig und in Abwesenheit eine Landratte nannte.
Ludwig wartete in der Mitte der drei Feuer und sein Talar wehte gefährlich nah an die Feuer heran.
„Wir haben gar keine Ringe“, sagte Jonas erschrocken, war aber nicht einmal sicher, ob es in den Jahren zuvor Ringe gegeben hatte.
„In deiner Jackentasche“, flüsterte Melanie ohne den Mund richtig zu bewegen.
Jonas tastete danach und tatsächlich befanden sich dort Ringe. Endlich setzte die Musik ein und der Rabensruher Männerchor – viele waren es nicht – schmetterte Wagners Brautchor aus Lohengrin. Carl und Melanie gingen noch langsamer, sodass das Stück wenigstens noch einen Moment lief, ehe sie Ludwig erreichten.
Mit jedem Schritt wurde Jonas nervöser und Melanies Hand klammerte sich unnötig fest an seinen Arm.
Sie blieben vor Ludwig stehen und der Pfarrer sagte laut: „Jetzt lasst euch mal kurz los und stellt euch neben mich.“ Er schob Jonas nach links und Melanie rechts von sich. Jonas spürte, dass er rot wurde, obwohl das sicherlich im Licht der Feuer niemand merkte. Der Gang, durch den sie gekommen waren, hatte sich geschlossen und die Zuschauer drängten dichter an sie heran.
Ludwig begann seine Rede. Er hielt jedes Jahr eine Rede und sie enthielt immer viele Anspielungen auf das vergangene Jahr. Meist war sie komisch, stellenweise auch ein wenig peinlich, weil er durchaus auch jemanden auf die Schippe nahm , und sie endete natürlich immer mit der Heirat zwischen den Elsters und Harnepieps vor nunmehr genau dreihundertsechzig Jahren. Und dann zitierte Ludwig die Texte einer typischen Hochzeit, wie sie jeder kennt. Melanie Elster wurde gefragt, ob sie Jonas Harnepiep zum Mann nehmen wollte und Jonas wurde gefragt, ob er Melanie Elster zur Frau nehmen wolle und dann erklärte er sie beide für Mann und Frau. Und noch etwas lauter sagte er: „Möge das nächste Jahr und alle noch kommenden so friedvoll und erfolgreich sein, wie es sich ein jeder wünscht. Gott möge seine beschützende Hand über diese Insel legen und möge deren Ende in weiter, weiter Ferne liegen.“
Jonas holte die Ringe hervor. Mit zit trigen Fingern schob er den viel zu großen Ring auf ihren Ringfinger. Sie verlor ihn beinahe, als sie dasselbe bei Jonas tat.
„Ein en Kuss! Wir wollen den Kuss sehen!“, rief jemand aus der ersten Reihe und die anderen fielen
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