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Weltenende (German Edition)

Weltenende (German Edition)

Titel: Weltenende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Caspari
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dreiecksähnlichen Figuren aufgeschichtet. In der Mitte würde die Zeremonie mit dem legendären Duell zwischen Harnepiep und Elster beginnen. Eine Legende aus dem siebzehnten Jahrhundert besagte, dass Harnepiep Rasmussen und Elster Stockhausen die Insel jeweils für sich beanspruchten. Sie bauten jeder ein Haus an die Küste, eines im Westen, eines im Osten, errichteten Stege ins Meer zum Fischen und doch konnten sie sich nicht einigen, wem die Insel wirklich gehören sollte und teilen mochten sie auch nicht. Die Familien bekriegten sich über Jahre, bis der Abt des Fermtener Klosters ein Duell vorschlug. Der unkonventionelle Vorschlag eines Geistlichen fand Gehör und man traf sich in der Bucht des heutigen Hafens, genau um Mitternacht des Sonnenwendtages, um die Dinge ein für alle Mal zu entscheiden. Um für Licht zu sorgen, schichtete man eben diese drei großen Feuer auf. Harnepiep und Elster entschieden sich für Faustfeuerwaffen, schossen aufeinander, verfehlten sich aber beide, was sich mehrfach wiederholte – die genaue Anzahl von Schüssen war nur ungenau überliefert –, aber zum Schluss trafen sie sich mit zwei Schüssen, die klangen wie einer. Keiner der beiden überlebte diese Nacht und übrig blieben nur die Kinder. Harnepieps Tochter und Elsters Sohn heirateten nur wenig später, was die Fehde endgültig beendete und damit eine Zeit des Wohlstands für Rabensruh einläuteten. Daran erinnerte das jährliche Sonnenwendfest.
    Nach einem Duell zu Beginn würde später gegen Mitternacht eine symbolische Hochzeit stattfinden. Letztere war bereits im Vorfeld des Fests ein wichtiges Thema auf der Insel. Es wurde diskutiert und auch gewettet, wer das diesjährige Paar werden würde. Der Bürgermeister gab erst kurz vor der Zeremonie bekannt, wer die Rollen übernehmen würde und wenn man den Gerüchten Glauben schenkte, fielen die Wetten dieses Jahr besonders hoch aus.
    Carl grinste breit. „E s könnte einer von uns werden“, sagte er.
    „Hast du gewettet?“
    „Nein.“
    „Ich würde wetten, die Tochter des Kaufmanns wird die Braut“, vermutete Jonas.
    „Ich hätte nichts dagegen. “
    „Woran du wieder denkst.“
    „Wie alt ist sie?“
    „ Achtzehn müsste sie sein.“
    Carl lenkte den Traktor über die Wiese. Der Hänger klapp erte laut und ein paar Scheite fielen herunter.
    „Mach langsamer!“, rief Jonas.
    „Barney hat uns ja schön reingelegt mit dem Holz.“
    Bis zu diesem Morgen hatten sie geglaubt, dass sie alles Holz neben der Scheune würden klein machen müssen.
    „Marie könnte es auch werden.“ Jonas blieb beim Hochzeitsthema.
    „Nein, sie ist noch zu jung. Es gibt immerhin einen Kuss am Ende.“
    „Oder auch nicht; Georg hat da einen Präzedenzfall geschaffen. Ein Wunder, dass die Insel nicht untergegangen ist“, entgegnete Carl grinsend.
    „Untergegangen vielleicht nicht, aber wir stehen vor der Apokalypse. Das ist nicht besser.“
    Letztes Jahr war Georg als Elsters Sohn bestimmt worden und als Harnepieps Tochter eine Verwandte der Wegner, die damals den Sommer über zu Besuch gewesen war. Sie hatte sich mit sehr viel Tamtam geweigert, ihn zu küssen oder ihn auch nur anzusehen. Gemunkelt wurde, dass sie vorher etwas mit Georg gehabt hatte und dass sie nicht weniger aufsehenerregend Schluss gemacht hatten.
    Unweit standen Ludwig und Mathilda. Sie wollten, um weiteren Überraschungen durch die Ombrage zu entgehen, einen Schutzkreis um das Festgelände legen. Ludwig hatte stundenlang an den Zweigen gearbeitet, immerhin waren über zweihundert nötig, um den Kreis groß genug zu halten und er hatte die Mistelzweige selbst schneiden müssen. Auf Rabensruh gab es Misteln, nicht besonders viele, aber ein paar alte Bäume und Sträucher waren von dem Parasiten befallen. Ohne Klettern oder einer guten Leiter kam man an keinen Zweig heran.
    Robert machte mit den Armen eine Kreisbewegung und Carl verstand, was er wollte. Jonas sprang vom Traktor und zusammen wiesen sie Carl ein, der den Hänger ziemlich geschickt rückwärts zwischen Steinen hindurch auf den Strand manövrierte.
    Die Fischer Weilacher und Fahrnhemm hatten die Feuerstellen ausgemessen und markiert und sie stapelten das Holz nach einem bestimmten Muster. Die Feuer sollten möglichst rasch brennen und es durfte keine toten Stellen geben, wo keine Luft hinkam. Jonas und Carl brachten ihnen die Scheite. Andere bauten Tische und kleine Pavillons auf. Es war eine anstrengende Arbeit, denn es war warm und schwül

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