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Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Titel: Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sulz
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Reißzahn.
    Erst jetzt begriff Tyark, dass ihn Hunderte, vielleicht Tausende von Augenpaaren anstarrten. Die abgeschlagenen Köpfe waren nicht tot. Ihre Augen folgten jeder seiner Bewegungen. Die Köpfe, die am Rande lagen, schienen sogar ihre Augäpfel zu verdrehen, um ihn besser anblicken zu können.
    Einige der Köpfe grinsten ihn dabei an, andere waren zu einem tonlosen, bizarrem Schreien verzogen. Wieder andere streckten ihre Zungen heraus, die oft genug blutig oder abgebissen waren. Ein beständiges Flüstern und Wispern aus unzähligen Mündern schien in der Luft zu liegen.
    Tyark strauchelte zurück, erneut drohte das Entsetzen ihn zu übermannen. Als sein Blick diese höllische Felsnadel entlangglitt, sah er plötzlich, wie auf der vormals leeren Spitze nun ein großer, golden glänzender Thron erschienen war. Und obwohl niemand darin saß, spürte Tyark deutlich, wie ihn etwas von dort zu beobachten schien. Das schreckliche Wispern der Köpfe vor ihm wurde ängstlich - einige der Köpfe weinten, manche von ihnen auch blutige Tränen, manche lachten spöttisch und irre – und doch starrten alle Tyark unbeirrt an.
    Dann hörte er eine Stimme in seinem Kopf hallen, die einerseits seine eigene war und dabei doch so fremdartig und verzerrt wirkte, wie dieser Ort selbst. Erneut hatte Tyark das Gefühl, den Verstand verlieren zu müssen.
    Willkommen, Tyark. Nun bist du endlich hier... Habe keine Angst vor den Bildnissen, die dein unreifer Verstand von diesem Ort erzeugt. Es kann dir nichts geschehen.
    T yark brauchte eine Weile, bis er überhaupt in der Lage war, zu antworten. Mit brüchiger Stimme flüsterte er: »Wo...woher weißt du, wer ich bin? Wer bist du? Was bist du?«
    Die Köpfe blickten ihn an, einige fuhren sich mit der Zunge über die rissigen Lippen, andere rollten mit ihren Augen. Das Wispern wurde lauter. Ein helles, vollkommen humorloses Kichern tönte durch seinen Verstand, viele der Köpfe begannen ebenfalls, mit weit aufgerissenen Mündern zu lachen. Bei einigen quoll dabei dunkles Blut heraus, rann über ihre abgeschlagenen Hälse und wurde von den darunterliegenden Köpfen gierig aufgenommen. Manche streckten ihre verstümmelten Zungen danach aus und versuchten, es von den anderen abzulecken.
    Namen. Wie es mich immer wieder erstaunt, dass ihr einen solch starken Drang in euch habt, Dinge zu benennen... Ich sehe ein, einige dieser Namen mögen hilfreich sein. Doch die meisten sind eher irreführend und töricht, viele schlicht falsch...
    Die Stimme schien um Tyark herumzutanzen, ihm wurde schwindelig und erneut fürchtete er, den Verstand verloren zu haben.
    Bizarres Mitleid schwang in der Stimme mit, als sie fortfuhr: Aber ich verstehe das vollkommen. Nur was ihr benennen könnt, ist für euren schmalen Verstand auch begreifbar. Nur was einen Namen hat, das gibt es auch. Wie grauenhaft muss es für euch sein, wenn etwas keinen Namen haben kann! Und wie eigentümlich es doch ist, dass ihr trotz der schwäche eures Geistes einst schon so weit gekommen wart... wie kurios...
    Wieder kicherte die Stimme in seinem Kopf. Obwohl Tyarks Herz immer noch wie wild klopfte, verspürte er auch leisen Zorn in sich aufsteigen über die abfällige Art, wie diese seltsame Stimme über ihn sprach.
    Tyark zuckte zusammen, als die Stimme wispernd fortfuhr: Aber Tyark, ich kenne dich. Und auf eine bestimmte Weise habe ich dich schon immer gekannt. Und sei beruhigt: Bei unserem nächsten Zusammentreffen wirst du mich auch sehen können, das verspreche ich dir. Denn dein Geist wird wachsen und gedeihen. Du wirst reifen und dann wird dein Verstand dort etwas sehen, wo vorher nur... Leere war, so wie es jetzt noch scheint. Auch wenn deinesgleichen in all der Zeit allenfalls in Nuancen verstanden hat, was ich wirklich bin.
    Verwirrt schwieg Tyark. Viele der Köpfe lachten leise, andere weinten weiter. Vergnügt flötete die Stimme weiter:
    Sei nicht traurig, mein Kind. Es fällt mir trotz aller Ewigkeit schwer mir vorzustellen, den Kosmos aus deiner beschränkten Perspektive zu betrachten. Aber das spielt jetzt keine Rolle. Denn vieles von dem, was ich dir noch sagen werde, wird in deinen Augen keinen Sinn machen. Aber habe Verständnis für mich: es ist bereits Jahrhunderte her ist, dass ich zuletzt mit einem Menschen von Angesicht zu Angesicht gesprochen habe - nicht viele haben sich einer derartigen Ehre als würdig erwiesen...
    Tyark spürte, wie seine Beine unter ihm nachzugeben drohten und er versuchte

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