Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
kicherte und antwortete keck: »Gerne, mein stolzer Ritter! Aber erst, nachdem Ihr ein Bad genommen habt, natürlich! Es sei denn, dass dies Eure Geheimwaffe gegen die Drachen ist...!«
Erneut lachten sie herzlich und alberten so lange herum, bis sie die skeptischen Blickte einiger vorbeilaufender Bauern auf sich zogen.
***
Beim Näherkommen sahen Zaja und Tyark, dass es sich bei den Menschenmassen vor den Toren tatsächlich um Flüchtlinge handelte. Es mussten einige Hundert sein. Alte, oft auch verletzte, Männer, Frauen, Kinder – alle hatten sie provisorische Zelte aufgeschlagen, zwischen denen sich matschige Pfade hindurchschlängelten. Es roch nach menschlichen Ausscheidungen, Tieren und – wie Tyark still für sich feststellte – nach Angst und Elend.
Einige der zerlumpten Gestalten gingen in die Knie und grüßten Zaja unterwürfig. Gütig sprach Zaja den Segen der Großen Alten, auch wenn dieser sonst nur durch einen Geweihten gegeben werden konnte. Aber einen solchen suchte Tyark inmitten des Elends vergeblich. War es denn nicht Aufgabe des Ordens, gerade bei den Schwächsten und Ärmsten zumindest für das Seelenheil zu sorgen?
Als er Zaja leise darauf ansprach, zuckte sie nur mit den Schultern und sagte: »Natürlich sollte es das sein Tyark. Und ich bin mir sicher, dass der Orden hier präsent ist. Wahrscheinlich sogar mein Mentor, Goswin, persönlich. Vielleicht war er schon hier.«
Als sie sich den gewaltigen Stadttoren näherten, sahen sie, dass ganz in der Nähe eines kleinen Wäldchens ein großes Heerlager aufgebaut war, dessen Grenzen teilweise sogar durch provisorische Palisaden gesichert war.
Tyark sah reguläre Soldaten, einige rau aussehende Landsknechte und sogar eine Handvoll Ritter, die in ihren glänzenden Rüstungen übten oder auf prächtigen Pferden an ihnen vorbeiritten.
Besorgt raunte er Zaja zu: »Das ist kein gutes Zeichen. Sie rüsten sich für eine Schlacht – das heißt wohl, dass der Krieg viel näher ist, als wir geglaubt haben!«
Müde aussehende Huren standen in der Nähe des Lagers und versuchten ihr Glück beim eher ärmlich aussehenden Fußvolk.
Schließlich standen sie vor dem eindrucksvollen Stadttor, welches von einer Handvoll gut ausgerüsteter, aber ungepflegt aussehender Stadtgardisten bewacht wurde.
Ihre Aufgabe schien es zu sein, Händlern Zoll abzunehmen – aber auch, wie Tyark überrascht feststellte - Flüchtlinge davon abzuhalten, in die Stadt zu kommen. An diesem Auftrag ließen sie keinen Zweifel und Tyark konnte beobachten, wie sie sogar einen schäbig gekleideten Halbstarken unter großem Gejohle der Umstehenden in den Burggraben stießen. Nur mühsam konnte sich der Junge aus dem schlammigen Wasser retten.
Doch Tyark war nicht nur wegen dieser Gardisten unwohl zumute. Er war in seiner Heimat in der Hauptstadt aufgewachsen, welche nicht nur wesentlich sauberer gewesen war und zum anderen sicher doppelt so viele Einwohner gehabt haben dürfte wie Lindburg. Dennoch hatte er bereits aus der Ferne etwas gespürt, das ihn zunehmend verwirrte und ihm leichte Kopfschmerzen bereitete. Es war, könne er die Menschen um ihn herum nicht nur sehen oder riechen – es war, als spüre er sie förmlich. Er spürte ihre Gegenwart wie fernes Flüstern in sich, ihre Seelen, durcheinanderwirbeln wie Blätter im Herbst. Nur mühsam konnte Tyark vor Zaja verbergen, wie verwirrt er innerlich war.
War es das, was diese unheimliche Stimme ihm zuletzt zugeflüstert hatte? Die Gabe , die in ihm erwachte - das Geschenk? Tyark betete still zu den Großen Alten. Mochten sie verhindern, dass der Dämon sein Spiel mit Tyark spielen konnte! Denn egal, welche Gabe der Dämon gemeint haben mochte – Tyark fürchtete, dass sie mit einem Preis kommen würde, den er zu zahlen nicht bereit war.
Seine Grübeleien wurden jäh unterbrochen, als Zaja ihm in die Seite knuffte. Einer der Stadtgardisten hatte sich zu ihnen bewegt und mit ihnen geredet. Verwirrt blickte Tyark in das picklige Gesicht mit dem flaumigen Bartansatz vor ihm. Haarsträhnen lugten aus dem Helm heraus, im Mund des Gardisten fehlten zwei Vorderzähne.
»...hier wollt?«, hörte Tyark ihn sprechen, während sich eine gereizte Ungeduld sich auf dem jungen Gesicht abzeichnete.
Schnell sprang Zaja ein. Während Sie Tyark erneut mit ihrem Ellenbogen stupste, sagte sie: »Wir sind hier mit dringender Kunde für den Fürsten! Ich bin Zaja, Schwester des Ordens der Großen Alten und dies ist Tyark – ein, äh,
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