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Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Titel: Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sulz
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Schwertes so lange an die Stirn, bis das Leben aus dem zuckenden, gequälten Körper quoll.
    Blut war der Schwarzhaarige ins Gesicht gespritzt. Ihre aufgerissenen Augen starrten auf das Unbeschreibliche, welches sich hier gerade zugetragen hatte. Und obwohl sie auch am Ende dieses Schicksalstages noch atmen konnte, würde sie niemals vergessen können, was sich eingebrannt hatte in ihre noch junge Seele.
    Betäubt vor Angst und Grauen blickte sie in das lächelnde Gesicht ihrer Schwester. Nur Güte und Liebe lagen darin und ein unendliches Versprechen.
    Während sie in den Trümmern des Dorfes nach Habseligkeiten ihres früheren Lebens suchten, war beiden klar, dass ein langer Marsch ins Ungewisse vor ihnen liegen würde - doch sie hatten keine Angst mehr vor dem dunklen Wald und den hohen Bergen dahinter. Sie wussten, dass kein wildes Tier einen Angriff wagen würde, kein Gespenst, kein Monster und vielleicht nicht einmal ein Dämon würde es wagen, sich ihnen in den Weg zu stellen!
    Die Blonde stand vor dem Leichnam eines Menschen, den sie vor undenklich langer Zeit einmal gekannt und sogar von Herzen geliebt hatte. Ein Mensch, den sie einmal Mutter genannt haben mochte. Doch die Gefühle daran waren nicht mehr als das leise Rascheln von Herbstlaub - klein, vergänglich und bedeutungslos.
    Der ganze Kosmos ersteckte sich vor ihren Augen und nur wenig hinderte sie noch daran, ihre Hand danach auszustrecken und für immer aufzuhören, nur ein Mensch zu sein!
    Hand in Hand verließen die beiden Schwestern das brennende, blutende Tal. Düster ragten die verkohlten Balken der kleinen Hütten in den roten Himmel wie Knochen.
    ***

    Tyark schreckte stöhnend auf. Er sah einen dunklen Schatten vor sich, der nach ihm zu greifen schein. Er spürte Schweiß auf seiner Stirn, sein Magen verkrampfte sich: Die unheilvollen, dunklen Augen der ansonsten unerklärlich gesichtslosen blonden Schwester schienen für einen Moment direkt vor seinem Gesicht zu schweben. Sie schrie ihn an: »He! Aufwachen, du Stadtstreicher! Aufstehen!«
    Tyark blinzelte in das trübe Licht des Morgens. Vor ihm standen zwei schlechtgelaunte Stadtgardisten, einer stieß ihm den Schaft seiner Hellebarde in den Oberarm. Instinktiv griff sich Tyark an die Seite, er erinnerte sich gut an den Stich, welchen er heute Nacht erhalten hatte. Seine Hand fühlte den zerfetzten Stoff – doch anstelle einer tiefen Wunde spürte er überrascht nur das wulstige Gewebe einer scheinbar alten Narbe. Auch seine Beinwunde war vernarbt, als sei sie bereits einige Wochen alt.
    Der Schaft der Hellebarde stieß erneut zu. »Hast du nicht gehört?! Aufstehen, verdammt!«
    Mühsam rappelte sich Tyark auf und versuchte dabei, seine Blöße mit den stinkenden Lumpen zu bedecken, die er in der Nacht zuvor gefunden hatte. Seine Versuche wurden von den Gardisten mit lautem Gelächter quittiert, auch einige Passanten waren amüsiert stehengeblieben.
    Heimlich blickte Tyark an sich herab, doch die restlichen, blutigen Spuren der letzten Nacht waren durch den Dreck der Gasse glücklicherweise überdeckt. Erstaunt stellte er fest, dass er nicht einmal Kopfschmerzen hatte. Er blickte in das Gesicht des Gardisten vor ihm. Ein lichtes rotes Bärtchen lag um dessen Mund, auf dem ein heimtückisches Lächeln lag. Dieser hatte mittlerweile die Schwarze Klinge entdeckt und war misstrauisch einen Schritt zurückgetreten: »So, so! Bewaffnet bis du also auch noch! Nur Bürgern ist es gestattet, bewaffnet herum zu laufen! Du kommst jetzt mal mit! Wir werden schon rausfinden, wo du diesen hübschen Säbel gestohlen hast!«
    Tyark räusperte sich mühsam und sagte mit rauer Stimme: »Ich bin kein Bettler! Ich habe einen Passierschein!«
    Die Gardisten lachen erneut höhnisch. Einer von ihnen grölte Tyark an: »So! Dann mal her mit dem Schein, du schmutziger Hund!«
    Der Schaft der Hellebarde wurde Tyark erneut hart in die Seite gestoßen, Wut wallte in ihm auf. Gereizt suchten seine Hände nach der Tasche mit dem Passierschein – bis ihm einfiel, dass er diesen wahrscheinlich in der Hosentasche gelassen hatte. Wenn er ihn nicht sogar bei irgendeinem Kartenspiel verloren hatte...
    »Ach, so! Der Passierschein war wohl in deiner Hosentasche, wa?! Na, das is‘ aber ärgerlich, dass du ihn gleich mitsamt deiner Hose verloren hast!«
    Die Männer vor ihm lachten schallend. Tyark schloss kurz die Augen und atmete tief ein. Während er noch überlegte, wie er bloß aus dieser Sache herauskommen könnte,

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