Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
nahm einen weiteren tiefen Schluck zu sich. Seine buschigen Augenbrauen wackelten, als er sagte: »Tyark...ich weiß, du wirst wahrscheinlich nicht darüber reden wollen – oder können – aber...darf ich fragen, warum Adaque dich nach unserer Unterredung bei sich behalten hat? Zaja hat mir berichtet, dass du ihr nicht so recht sagen wolltest, worum es dabei gegangen sei...«
Der Bruder blickte Tyark auffordernd an. Tyark wandte hastig seinen Kopf ab und starrte in die tanzenden Flammen. Er schwieg eine Weile. Er erinnerte sich nur an das, was ihm die Magistra zuletzt gesagt hatte - und bis heute verspürte er eine tiefe Scham darüber, was er sich bei ihr eingebildet hatte. Eine seltsame Angst erfüllte sein Herz und er begann, sich unwohl zu fühlen. Es kostete ihn unglaublich viel Überwindung, aber schließlich sagte er leise: »Die Magistra weiß, dass ich ein Jäger bin. Sie hat mir... Glück gewünscht. Glaube ich zumindest.«
Goswin verschluckte sich am Bier und bekam einen gewaltigen Hustenanfall. Er prustete das Gebräu in weitem Bogen von sich und es dauerte eine ganze Weile, bis er sich wieder im Griff hatte. Während er nach Atem rang, winkte er der sorgenvoll dreinblickenden Wirtin ab.
Als er sich etwas beruhigt hatte, starrte er Tyark ungläubig an und hatte dabei sichtlich Mühe, die Stimme gesenkt zu halten: »Sie weiß was ?! Hast du...hast du es ihr etwa gesagt, du törichter Junge?!«
Tyark blickte unsicher im Raum umher – einige der anderen Gäste beobachtete sie bereits neugierig. Er hob beschwichtigend seine Hände und raunte Goswin zu: »Bitte, Goswin! Senkt Eure Stimme! Nein, natürlich habe ich es ihr nicht gesagt! Sie wusste es bereits, noch bevor ich überhaupt ein Wort sagen konnte!«
Goswin starrte ihn eine Weile entgeistert an. Dann trank er das restliche Bier in einem gewaltigen Zug aus und sagte fassungslos: »Ich verstehe das nicht! Wie konnte sie das wissen! Nicht einmal Magier spüren diese Gabe, das ist überliefert! Nein, nicht einmal Adaque könnte das!«
Unsicher sagte Tyark: »Ich habe mal gehört, dass manche Magier sogar die Gedanken der Menschen lesen können? Vielleicht...«
Goswin schüttelte energisch den Kopf und erwiderte: »Nein! Solch schreckliche Magie darf nur in absoluten Notfällen angewandt werden – und stets nur nach Rücksprache mit dem Orden! Und außerdem spürt das Opfer nur zu gut, dass jemand in seinen Kopf eindringt! Adaque wäre sicherlich mächtig genug, solche Magie wirken zu können – aber egal wie mächtig, das Lesen der Gedanken bleibt niemals unbemerkt, niemals!«
Goswin blickte Tyark lange schweigend an, seine Kiefer mahlten und sein Blick war undurchdringlich. Immer wieder schüttelte er den Kopf und murmelte mehr für sich selbst: »Nein. Nein, wie konnte sie das wissen? Das kann nicht sein - niemals!«
Tyark schwieg betroffen und so saßen beide lange am Feuer. Selbst die gutgelaunte Wirtin schaffte es nicht, Goswin weiter etwas anzubieten.
Schließlich stand der Bruder abrupt auf und sagte zu Tyark: »Ich muss dieser Sache auf den Grund gehen, unbedingt. Ich habe das Gefühl, als wäre direkt vor mir ein Schattendrache versteckt Ich muss lesen...vielleicht habe ich etwas übersehen...«
Er fuhr sich nachdenklich durch seinen zotteligen Bart und sagte schließlich: »Ich werde zum Zirkel zurückkehren. Keine Angst, Tyark! Ich werde die Magistra nicht stören. Aber ich brauche einige Folianten und Pergamente. Vielleicht finde ich auch was im Keller der Basilika. Auch wenn ich dann dem verdammten Marius was vorlügen muss.«
Er murmelte Unverständliches und stand ächzend auf. Er ließ einen verwirrten und verunsicherten Tyark allein am Feuer zurück - die Wirtin kam schließlich und bot dem Ratlosen ein Bier an, welches er dankbar annahm.
***
Als Tyark viel später leicht schwankend und alleine die Taverne verließ, schlug ihm eisige Nachtluft entgegen. Draußen standen zwei beleibte Kaufleute herum und unterhielten sich gedämpft und fröstelnd in ihre Umhänge gewickelt. Immer wieder blickten sie sorgenvoll in den Himmel und Tyark brauchte eine ganze Weile, bis auch er verstand, den Kopf zu heben. Weit oben im Firmament sah er die beiden Monde, zwischen ihnen der milchige, funkelnde Schweif Daimons. Beide standen nebeneinander und beide zeigten ihr volles Antlitz – Tyark hatte noch nie gesehen, dass beide Monde gleichzeitig voll waren und er bewunderte erst einige Augenblicke das seltene Schauspiel, bevor ihm
Weitere Kostenlose Bücher