Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
Ritter am Hofe. Sollte daher ein wachsames Auge auch hier notwendig sein, so ist es meine Aufgabe, dafür zu sorgen. Aber der Grund meiner Anwesenheit ist heute ein anderer. Genau genommen, sind Eure beiden Gefährten der Grund.«
Beklemmung legte sich Tyarks Herz. Raphael lachte kurz und hob beschwichtigend seine Hand, die in einem Kettenhandschuh steckte. Er sagte: »Prälat Marius hat mich hierher geschickt – ich soll mich hier mit euch und der Magistra treffen. Es...«, er blickte sich um fuhr dann fort, »...es geht wohl um eine, nun, Mission , auf die ich und einige meiner Männer euch begleiten werden. Eine Mission, um deren Ziel ein merkwürdiges Geheimnis gemacht wird...«
Seine braunen Augen blickten Tyark und Zaja forschend an. Er sagte: »Aber es wäre unklug, weiter hier darüber zu reden. Ich habe die Magistra bereits gesehen, sie wird bald hier sein und uns alles Weitere erklären, nehme ich an.«
Tyark atmete heimlich erleichtert aus. Er spürte nun sogar eine gewisse Erleichterung, dass dieser gestandene Krieger ihn begleiten würde. Heimlich musterte er Raphael. Sein glänzender Harnisch wies deutliche Spuren von Kämpfen auf. Fast schien es ihm, als sei eine Ecke geschmolzen oder zumindest großer Hitze ausgesetzt gewesen. Auf der Brust waren drei tiefe, nur oberflächlich ausgebesserte Kratzer zu sehen, die parallel verliefen – als seien sie einst von einer Kralle in das Metall geschlagen worden. Tyark musste schlucken. Wahrscheinlich zeugten diese Beschädigungen von großen Schlachten und waren deshalb nur dürftig ausgebessert worden.
Plötzlich hatte Tyark den Eindruck, als sei die Halle ein Stück heller geworden. Er blickte sich ahnend um – und sah die Gestalt der Magistra, wie sie aus einem Nebeneingang heraustrat und auf sie zukam. Sie war ein schlichtes, weißes Kleid mit dunkelroten Verzierungen gekleidet und sah einfach atemberaubend aus. Ihre langen blonden Haare waren zu einem festen Pferdeschwanz verschnürt, ein zartes und zugleich melancholisches Lächeln lag auf ihren blassen Lippen, als sie ihrem Blick über die Anwesenden gleiten ließ. Als sie Goswin erblickte, hellte sich ihr Gesicht auf und anmutig schritt sie durch den Trubel der Halle auf sie zu. Ein Diener starrte der Magistra verträumt hinterher und stolperte über einen Stuhl, sein Tablett und alles was darauf gewesen war verteilte sich scheppernd auf dem Fußboden.
Goswin und Raphael neigten ihre Köpfe in Ehrerbietung. auch Zaja und Tyark taten es ihnen nach. Adaques melodische Stimme erklang: »Bitte! Ihr seid heute hier als meine Freunde. Wir können auf die Formalien verzichten, nicht wahr?«
Adaque stand nun vor ihnen und hatte Goswin lächelnd die Hand auf den Oberarm gelegt. Erneut spürte Tyark einen irritierenden, feinen Stich in der Magengegend. Hastig verdrängte er die aufkommenden Erinnerungen an die verstörende Vision in ihrem Turmzimmer.
Die Magistra ließ sie ihren gütigen Blick über die Gruppe gleiten, Tyark schien es fast so, als ob sich ihre Augen, deren Farbe erneut irgendwie unbestimmbar schien, länger als bei den anderen an sein Gesicht hefteten. Schließlich blickte sie Raphael an und neigte knapp ihren Kopf. Sie sagte: »Kommandant. Ich freue mich, dass Marius Euch für mein Anliegen gewinnen konnte.«
Raphael nickte und antwortete: »Er hat mir alles erzählt. Diese...Mission scheint mir in der Tat von hoher Wichtigkeit. Aber vielleicht sollten wir an einem anderen Ort darüber reden.«
Adaque lächelte zustimmend und gebot ihnen, ihr zu folgen.
Sie folgten ihr in den Nebeneingang, hinter dem eine schmale Wendeltreppe nach oben führte. Vor einer Tür, vor der drei Wachen standen, blieb Adaque stehen. Sie drehte sich um und sagte mit einer Stimme, in der Traurigkeit wie eine ferne Melodie mitschwang und Tyarks Herz schwermütig machte: »Bevor wir uns in das Kaminzimmer zurückziehen, möchte ich euch noch etwas zeigen.«
Sie wandte sich an Raphael und sagte: »Raphael – Ihr habt sie bereits gesehen. Darf ich Euch deshalb bitten, hier auf uns zu warten?«
Raphael nickte kurz und Adaque wandte sich an die Wachen, welche ihr anstandslos die schmale, eisenbeschlagene Tür öffneten. Tyark, Zaja und Goswin folgten der Magistra in einen schmalen Gang, welcher in den großen Bergfried zu führen schien. Am Ende des Ganges kamen sie erneut an eine Tür, die keinerlei Schloss oder Griff aufwies – und sich plötzlich von alleine öffnete. Dahinter lag ein Raum, der von einem
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