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Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Titel: Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sulz
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endlich! Siehst du den großen Baum dort? Er bedeutet, dass es höchstens noch ein Tagesmarsch nach Schwarzbach ist. Endlich!«
    Pereo beschleunigte seinen Schritt deutlich und schon bald hatte Tyark wieder Schwierigkeiten, dem großen Mann zu folgen, der so außergewöhnlich trittsicher über scharfkantige Felsen und rutschige Flechten schritt.
    Schon bald standen sie unter einer gewaltigen Eiche. Tyark fiel es schwer, Pereos Begeisterung zu teilen: Der Baum hatte einen gewaltigen Durchmesser, sicherlich zwei Meter, und ragte bedrohlich in den bewölkten Himmel. Er hatte fast keine Blätter und war ungewöhnlich knorrig. Seine merkwürdig verkrüppelten, borkigen Äste ragten gut 30 Meter in den Himmel. Tyark mochte den Baum instinktiv nicht, der seine verknoteten Wurzeln tief ins Erdreich gebohrt hatte.
    Pereo schien seine Gedanken zu erraten, trat zu ihm und erklärte, während er behutsam den gewaltigen Stamm tätschelte: »Meine Großmutter erzählte mir früher, dass dieser Baum tatsächlich ein Haar sein soll. Ein Haar, das dem Riesen Sapherot aus dem Schädel wächst! Tatsächlich ist der Baum nicht tot, auch wenn er so aussieht. Alle paar Jahre ist er voll von dunklen Blättern. War immer schon kein gutes Vorzeichen, wenn er Blätter trug. Harte Winter und Hungersnöte hat meine Großmutter immer gesagt.«
    Pereo warf einen dunklen Blick in die Baumkrone. Dann sagte er nachdenklich: »Komm, lass uns keine weitere Zeit verlieren.«
    Nachdenklich folgte Tyark Pereo und war froh, den unheimlich Baum bald hinter sich lassen zu können.
    Erst einige Zeit später fiel ihm ein, was ihn so sorgenvoll gemacht hatte: Er wurde das Gefühl nicht los, an einem der obersten Äste Blätter gesehen zu haben. Dunkle Blätter, die sich im Wind leise flüsternd hin und her wiegten.

    Es dämmerte bereits, als sie an ersten spärlichen Feldern vorbeikamen, die sich in Felsstufen duckten. Pereo erklärte Tyark, dass diese dem Freibauern Mandolf gehörten, der in Schwarzbach lebe. »Mandolf lebt in ewigem Zwist mit dem Fürsten Sturmfels zu Lindburg. Er hat sich schon immer schwer damit getan, die Herrschaft des Fürsten anzuerkennen. Meint immer, nur der Himmel und die Riesen hätten ihm was zu sagen. Niemand sonst.«,
    Pereo lachte schallend. »Der Orden hört so etwas natürlich auch nicht gern. War wohl auch ein paar Nächte im Kerker des Fürsten. Drüben in Lindburg. Hat danach das Maul nicht mehr so weit aufgerissen! Aber an seiner Meinung hat es nichts geändert.
    Man kann einen Menschen wohl zum Schweigen bringen, überzeugt hat man ihn deshalb aber noch lange nicht. Gerade die Bergbauern des Grates haben gewaltige Dickschädel. Müssen sie auch.«
    Pereo griente vor sich hin und wies dann auf einen Schatten am Waldrand vor ihnen: »Dort drüben ist Mandolfs kleine Hütte. Die nutzt er immer, wenn er hier draußen arbeiten muss.«
    Tyark folge ihm beflissen und konnte sich gut diesen unbekannten, dickschrötigen Dorfbauern vorstellen, wie er die göttliche Ordnung in Frage stellte. Dabei war vollkommen klar, dass die Menschen stets jemanden brauchen würden, der sie regierte. Ansonsten würde nur Chaos ausbrechen und die Herzen der Menschen vergiften.
    Bald schon erreichten Sie ein Gebilde, das den Namen Hütte wohl kaum verdiente. Es war nicht viel mehr als ein Bretterverschlag, der zu zwei Seiten winddicht gemacht worden war, aber immerhin über ein moosbewachsenes Dach verfügte. Die Kälte der Nacht würde nicht aufgehalten werden, aber es würde zumindest ausreichen, sie trocken zu halten.
    Pereo stutzte plötzlich und wies auf den Boden des Lagerplatzes: »Jemand ist hier gewesen, warte.«
    Der Hüne kniete sich auf den Boden und hielt die Hand an einen dunklen Haufen, der offensichtlich die Überreste eines Feuers waren. »Noch warm.«, er blickte sich um, »Jemand ist noch vor Kurzem hier gewesen. Mandolf wäre nie so dumm, bei Anbruch der Dunkelheit zum Dorf aufzubrechen. Jemand Fremdes muss hier gewesen sein.«
    Ratlos spähte Pereo ins Dunkle und wie zur Antwort heulte ein Wolf in der Ferne. Aufkommender Wind begann, sein einsames Lied in den Baumwipfeln zu spielen.
    »Wer auch immer hier war, ist weg, Pereo. Wir sollten Feuer machen und uns ausruhen. Es ist auch wieder so kalt.«
    Tyark sah die mächtigen Kiefermuskeln in Pereos Gesicht arbeiten. Schließlich sagte dieser: »Du hast recht. Lass uns ein Feuer anzünden. Wer auch immer da unterwegs ist, wird mit etwas Glück morgen beim Dorf auf uns

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