Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
schlichten zu den Frauen zurück, welche nervös ihre Bewegungen beobachtet hatten.
Als sie den beiden ihre Beobachtung berichtet hatten, zischte Zaja: »Bei den Alten! Meint ihr, sie ...dieser Dämon, diese Medusa, hat das ganze Dorf getötet?!«
Sie bedeckte mit dem Handrücken ihren Mund und blickte Tyark entsetzt an.
»Die Großen Alten seien uns gnädig! Wie viele Menschen mögen hier gelebt haben? 30? Oder mehr?«
Zaja war bleich geworden und konnte nur mühsam ihre Tränen unterdrücken.
Arana zischte: »Aber warum sind hier dann keine Leichen? Was ist hier passiert?«
Tyark ließ seinen Blick auf die Hütten auf der anderen Seite der Dorfmitte gleiten – und erkannte eine von ihnen wieder. Es war die Hütte, hinter der die Frau um drei seltsame Schatten herumgetanzt war, die Tyark nicht recht einordnen konnte.
Die kleine Gruppe löste sich aus dem Schutz der Hütte und huschte über die Dorfmitte. Die leeren Fenster der Häuser wirkten auf Tyark wie leere Höhlen eines Schädels. Immer wieder musste er hinblicken, um sich zu vergewissern, dass keine Augen ihn daraus anstarrten.
Der Hof der Hütte war von einer kleinen Mauer und Holzbrettern umringt. Aber auch hier war nichts zu hören, bis auf das leise Rauschen des Windes in den Baumwipfeln und das leise Geräusch der Schneeflocken, die rundherum fielen. Arana pirschte sich zum Tor durch und schob leise den Riegel beiseite. Sie fluchte, als die metallenen Scharniere des Tors spröde knarrten. Ein Geräusch, das die Stille um sie herum geradezu zu zerreißen schien.
Tyark bemerkte eine Krähe, die auf etwas zu sitzen schien, das im Hof aufgebaut worden war. Als sie eintraten, dauerte es einen Augenblick, bis sie alle verstanden, was sie vor sich sahen. Zaja hielt sich eine Hand an den Mund und biss sich auf ihren Zeigefinger.
Auf dem Hof waren die Reste von vier großen, verkohlten Holzpfählen zu sehen, die aus großen Aschehaufen ragten, in denen vereinzelt verrußte Reste von Brennholz zu sehen waren. Arana zischte: »Bei den Alten! Sind das etwa... Scheiterhaufen ?«
Langsam traten sie heran. Tyark blickte immer wieder argwöhnisch zu der Krähe, welche mit halb geöffnetem Schnabel auf dem höchsten der Pfähle saß und ihn frech anzublicken schien. Seine Handflächen kribbelten.
Bleich trat Zaja vor und stocherte mit ihrem Kampfstab in dem Aschehaufen, der sich am Fuße des nächsten Pfahles befand. Dann stockte sie und schritt schweigend zurück. Sie blickte die anderen an und flüsterte trocken: »Knochen. Überall Knochen.«
So schritt sie alle Haufen ab. In jedem Haufen befanden sich Knochen, die in der heißen Glut eine bleiche Farbe angenommen hatten. In zwei der Haufen fanden sie sogar mehrere Schädel - darunter auch zwei kleinere, die von etwas älteren Kindern zu stammen schienen. Schockiert wich Zaja zurück und klammerte sich an Tyark. Insgesamt waren hier sieben Menschen verbrannt worden. Einige Knochen wirkten weißer als andere, als seien sie länger der Hitze ausgesetzt gewesen. Vielleicht hatten hier mehrere Feuer gebrannt, womöglich ein oder zwei Tage lang.
Arana murmelte mit Unbehagen in der Stimme: »Scheiterhaufen werden nur dazu verwendet, um Schwarzmager zu verbrennen. Der Orden gestattet diese Art der Hinrichtung schon lange nur noch unter strengen Auflagen. Und ich wüsste nicht, dass in den letzten 20 Jahren jemals Kinder der Hexerei verurteilt worden wären...«
Zaja blickte fassungslos auf die Zeugnisse der schrecklichen Szenen, die sich hier abgespielt haben mussten. Leise sagte sie: »Es muss furchtbar gewesen sein. Vielleicht sind die Dorfbewohner in Panik verfallen, als immer mehr von ihnen krank wurden...«
Muras fügte tonlos hinzu: »Es dürfte nicht lange gedauert haben, bis die ersten einen... Sündenbock suchten. Und fanden. Sogar mehrere.«
Tyark war ebenso getroffen wie die anderen. Er fragte sich, ob sich dieses Szenario auch in Schwarzbach abgespielt hätte, wenn sie nicht zufällig vorbeigekommen wären.
Er blickte sich angespannt um. Sein Blick blieb an einem Tisch hängen, der an der Rückwand der Hütte angebracht war. Zahlreiche Werkzeuge lagen darauf. Etwas Dunkles war an den Rändern der Tischplatte heruntergelaufen und hatte unter den Tischen kleine Lachen gebildet, die jetzt nur noch schwarze Flecken auf der festgestampften Erde waren.
Arana hatte seinen Blick bemerkt und ging zum Tisch hin. Sie stand eine Weile stumm davor und kam dann einem beklommenen Gesichtsausdruck wieder
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