Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
gehört, aber unser Glauben hat sich bei ihnen nie recht durchsetzen können. Ich hoffe, dass sie dadurch nicht Ihren göttlichen Zorn auf sich ziehen werden...«
Als Muras die Großen Alten erwähnte, durchzuckte Tyark ein Schmerz. Er spürte, dass an die Stelle seines Glaubens und seiner Hoffnung an das Göttliche nun eine dunkle, schmerzhafte Leere getreten war. Mit zugekniffenen Augen murmelte er: »Ich glaube nicht, dass sich die Großen Alten daran stören werden...«
Die Bilder der uralten, fast zu Staub zerfallenen Gebeine seiner Götter durchzuckten ihn und ihm fröstelte kurz, trotz der Wüstenhitze.
»Nun, wir wollen es beide hoffen! Das Verrückteste habe ich dir noch gar nicht erzählt!«, Muras strahlte verzückt, »Innerhalb dieser...äh, Barriere, scheint die Zeit viel langsamer zu vergehen als außerhalb! Wenn ich Wind zwischen den Kristallen «, er zeigte auf den Alten, »richtig verstanden habe, ist es schon vorgekommen, dass hier drin nur die üblichen sieben Jahre vergangen sind, während außerhalb der Barriere bereits zehn oder gar zwanzig Jahre vergangen sind! Unglaublich, oder?! Die Kalani nennen das den Zyklus . Und soweit ich verstanden habe, hat es sogar in ferner Vergangenheit schon Zyklen gegeben, die draußen 30 oder gar noch mehr Jahre gedauert haben! Der Große Zyklus, der in, äh, unserer Zeit vor gut 150 Jahren zu Ende gegangen ist, soll in der Außenwelt fast 300 Jahre angedauert haben!«
Tyark starrte ihn erschüttert an und Muras zuckte hilflos mit den Schultern. »Aber gerade so ein Großer Zyklus kommt wohl sehr selten vor. Von den jetzt lebenden Kalani hat keiner mehr einen solchen Zyklus erlebt. Normalerweise vergehen außerhalb der Barriere wie gesagt nur wenige Jahre, meist nicht viel mehr als 10 oder 15...«
Tyark fragte entsetzt: »Meinst du also, es könnte sein, dass – wenn wir irgendwann rauskommen – draußen schon 50 Jahre vergangen sein könnten?! Muras! Bis dahin hat Adaque längst Teanna erobert!«
Muras zuckte hilflos mit den Schultern und antwortete: »Wie gesagt, ist es nicht sehr wahrscheinlich. Ich fürchte aber, wir können nur hoffen, dass uns die Großen Alten wohlgesonnen sind. Nicht einmal die Kalani können diese geheimnisvolle Barriere durchbrechen. Selbst wenn sie wollten.«
Muras verschränkte die Arme vor der Brust und trat nach einem kleinen Steinchen, das sich aber als Teil eines größeren entpuppte und hartnäckig an seinem Platz blieb. »Ich habe mehrere Tage lang die Barriere besichtigt und auch den einen oder anderen Zauber probiert. Tatsächlich habe ich mich fast selbst zu den Großen Alten gezaubert, als ich einen Feuerball gezaubert habe. Es werden nämlich alle Zauber von der Barriere reflektiert - zum Glück nicht unbedingt in die gleiche Richtung, aus der sie auch gekommen sind.«
In Muras‘ Gesicht zuckte ein schwaches Grinsen. Er fuhr seufzend fort: »Wir sind hier gefangen, fürchte ich. Und die Welt da draußen könnte in der Tat längst eine andere sein, wenn die Barriere fällt.«
Tyark schüttelte irritiert den Kopf. »Was ist mit dem Portal? Können wir nicht die Vergessene Pforte nutzen, um hier heraus zu kommen? Schließlich sind wir ja so auch hergekommen?«
Muras schüttelte verdrießlich den Kopf: »Die Kalani wissen nicht, wie man das Portal selber nutzt. Und ich weiß es auch nicht. Abgesehen davon glaube ich, dass die Nutzung ein viel zu großes Risiko darstellt. Aber zum Glück sind die sieben Jahre bald wieder um, wie man mir sagte. Die Barriere wird bald fallen, wir haben Glück.«
Die kommenden Wochen verliefen für Tyark wir im Flug. Mühsam erholte er sich von den Strapazen ihrer Reise, die Kalani kümmerten sich fürsorglich um ihn. Die Wunden, die er von der Medusa erhalten hatte, waren zwar inzwischen vollständig geheilt, jedoch waren hässliche Narben zurückgeblieben. Auch an seiner Wange konnte Tyark zwei parallel verlaufende Narben spüren und grimmig stellte er fest, dass er bald Pereos vernarbtem Gesicht gleichen würde, wenn er noch mehr dieser Narben bekäme. Gerade die halbmondförmige Narbe auf seiner Brust schmerzte manchmal und manchmal wachte er nachts auf, da er geträumt hatte, das Medusengift sei in seine Wunden gedrungen und würde auch ihn zu einer Medusa verwandeln.
Auch wenn es seinem Körper immer besser ging, so blieb seine Seele in Dunkelheit. Immer wieder hatte er Zajas vor sich, immer wieder spürte er, wie seine Klinge durch ihren Hals schnitt und sie von einem Dasein
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