Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
unters Dach, wo sich sechs einfache, strohgedeckte Betten unter das schräge Dach duckten.
Tyark und Zaja stiegen als erstes die Treppe zur Schlafstatt hinauf. Das Licht der kleinen Öllampe vermochte den Raum, der über die ganze Länge des Hauses reichte, nur spärlich zu erleuchten. Neben manchen Betten standen flache Tische und einzelne Hocker, an den Wänden waren drei größere Bauernschränke untergebracht. Bei manchen standen die Türen offen und gaben den Blick frei auf staubige und oft von Schimmel fleckige Kleidung, die teilweise achtlos aus den Schränken heraushing.
Pereo hatte sich unten an der Treppe postiert, war aber nicht weiter hinaufgestiegen, als er die Enge des Dachbodens gesehen hatte – Tyark konnte es ihm nicht verübeln. Er fragte sich heimlich und schaudernd, was Pereo erlebt haben musste, dass er trotz seines Mutes und seiner Stärke Angst vor so etwas Harmlosen wie engen Räumen hatte!
Durch mehrere Stellen im Dach tropfte Wasser hinein, durch ein kleines Dachfenster am anderen Ende des Raumes drang zuckend das Licht der im Orkan tobenden Blitze.
»Alles voller Staub hier...«, murmelte Zaja, während sie sich an den ersten Betten zu schaffen machte.
»Die Decken liegen wild verteilt herum, hier hat sich niemand die Mühe gemacht, aufzuräumen...«
Sie stockte und hustete, als eine Staubwolke aus einer der Decken aufwallte. »Es scheint, als seien sie in aller Eile aufgebrochen. Zu ihr .«
Tyark hatte es gedankenverloren mehr zu sich selbst gesprochen und fast fühlte er sich ertappt, als er Zaja zusammenzucken sah. Sie richtete sich auf und blickte Tyark erstaunt an. Leise fragte sie: »Zur ihr ? Hast du wieder was geträumt? Oder hier etwas gesehen...oder gespürt? Sag es mir, es könnte wichtig sein!«
Tyark wich ihrem Blick aus und trat verlegen von einem Bein aufs andere. Schließlich antwortete er leise: »Ich...glaube, ich spüre sie. Manchmal habe ich den Eindruck, als... als spräche sie zu mir. Wobei es meine eigene Stimme ist, die ich in meinem Kopf höre – aber es sind nicht meine Worte, nicht meine Gefühle, verstehst du? Vielleicht bin ich auch einfach schon zu lange unterwegs...«
Er versuchte zu grinsen, doch Zajas forschender Blick ließ ihn schließlich weiterreden: »Diese Stimme hat mir gesagt, die Bergleute wären bei ihr . Ich weiß nicht, ob das stimmt. Aber jedenfalls scheint hier alles so, als seien die Bergleute plötzlich aufgebrochen... Ich meine, unten steht noch Essen auf dem Tisch...«
Zaja trat an ihn heran und umarmte ihn fest. Er spürte, wie sich ihre festen Brüste gegen seinen Körper drückten.
»Du brauchst keine Angst haben, Tyark! Du bist nicht allein! Wir werden dir helfen – und wir werden herausfinden, was hier passiert ist!«
Wie von alleine fand seine Hand in ihre und einen kurzen Moment schienen sie sich inmitten der tosenden Natur aneinander festzuhalten. Dann hatte ihm Zaja einen sanften Kuss auf den Mundwinkel gegeben. Ein langer Blitz erhellte ihr Gesicht. Bevor er reagieren konnten, trat sie unvermittelt einen Schritt zurück.
»Du hast von Gefühlen gesprochen...wenn sie zu dir spricht – was genau meinst du? Was fühlst du?«
Tyark zuckte verwirrt mit den Schultern. Wie gerne hätte er ihr gesagt, dass ein Teil seines Herzens sich nach ihrer Stimme verzehrte. Dass dieser Teil von ihm wusste, dass ihre Liebe mehr war, als ein einzelner Mensch in seinem ganzen Leben erfahren könnte... Sag ihr, dass du mich liebst – und dass du alles tun wirst, um diese Liebe zu erhalten! schoss es ihm durch den Kopf.
Er biss die Zähne aufeinander und antwortete schließlich: »Ich fühle...große Angst. Angst vor ihr . Und fast noch mehr Angst vor dem, was dort hinter dieser Frauengestalt lauert...nein, was dort wartet . Und, hm, ich spüre eine Art Liebe . Sie ist hier oben stärker als im Dorf. Ich weiß daher, dass sie in der Nähe ist, Zaja. Wir müssen vorsichtig sein.«
Fast ängstlich forschte er in Zajas Augen nach Anzeichen von Misstrauen. Aber sie trat nur schweigend näher und umarmte ihn nochmals fest. Er spürte erneut ihren drahtigen Körper durch die nasse Gewandung. Er schloss die Augen, atmete bewusst ihren Geruch ein. Als er seinen Arm um Zaja legen wollte, entwand sie sich geschickt. In ihren Augen mischte sich Sorge mit einem Funken Angst, den Tyark sich nicht erklären konnte.
»Ich werde dich in meine Gebete an die Großen Alten einschließen, Tyark. Es wird dir nichts passieren.«
Sie lächelte ihn tapfer
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