WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)
keiner der Männer trug den geschwungenen Dolch.
Enttäuscht gab sie die Suche auf. In einem der kleineren Räume hatte nur ein einziger Verkäufer seine Waren ausgebreitet. Hier waren nur wenige Menschen. Die Luft war weniger stickig, was Melia dankbar bemerkte. Als der leichte Schwindel verschwunden war, der sie immer überkam, wenn sie sich in Menschenmengen aufhielt, ging Melia auf den Stand zu. Nur zwei kleine Jungen standen dort und betrachteten die ausgebreiteten Waren. Es waren Instrumente.
Begeistert betrachtete Melia die filigranen Arbeiten. Jedes dieser Instru -mente war in der Lage, Stille mit Leben zu erfüllen. Die Ehrfurcht ließ Melias Atem flacher werden.
„Hast du mich gesucht?“, fragte eine unendlich leise Stimme an ihrem Ohr. Melias Herz blieb stehen. Dann begann es heftig zu lodern. Die Stimme. Sie konnte nur einem gehören. Melia wandte sich nicht um. Vielleicht hatte sie es sich nur eingebildet. Dann spürte sie eine feder -leichte Berührung an ihrer Seite.
Panisch blickte sie zu dem Verkäufer auf. Doch der Mann hatte sich abgewandt und tat so, als würde er nichts bemerken. Die Jungen waren verschwunden. Der Raum war leer. Wer war dieser Mann, dass all die Menschen vor ihm flohen? Und warum stand er so dicht hinter ihr?
Seine Hände packten ihre Hüfte und zwangen sie mit einer sanften, aber bestimmten Bewegung sich umzudrehen. Und dann waren da nur noch die schwarzen Augen, in denen ein Funken glomm, der ihr fremd war. Doch dieser Funken war es, der ihr die Angst nahm. Wer auch immer dieser Mann war, Melia vertraute ihm.
„Ja“, hauchte sie.
„Melia, heißt du?“, fragte er. Seine Lippen fingen ihren Blick. Sie waren sanft geschwungen und nahmen seinem Gesicht etwas von der Härte. Das leichte Lächeln erschien Melia wie ein Leuchten in der Finsternis. Sie nickte, unfähig zu sprechen.
„ Mein Name ist Tubir len Akiré.“
Als er seinen Namen nannte, verließ alle Luft Melias Lungen. Diesen Namen kannte sie! Er war der erste Krieger des Königs. Er war ein Meister des Schwertes, die höchste Auszeichnung, die ein Akai bekom -men konnte.
Automatisch wich Melia zurück. Weg von diesem Mann, der sowohl für seine Grausamkeit, als auch für seine Gerechtigkeit bekannt war. Noch nie hatte Melia einen Gorin kennengelernt, der bei ihm gelebt hatte. Als Grund hatte sie immer vermutet, dass die Sklaven nach dem Dienst bei ihm tot waren.
Ein leichtes Flackern erschien in seinen Augen. Unsicherheit? Aber warum sollte ein solcher Mann unsicher werden? Oder war es Wut? Wut auf Melia, die vor ihm zurückwich. Sie wusste, dass kein Akai seinen Sklaven den Abstand bestimmen ließ. Sie hatte gegen seine Würde verstoßen. Schon das zweite Mal.
„Akai“, hauchte Melia und nutzte den wenigen Platz zwischen ihnen, um in die Knie zu gehen. Vielleicht reichte die unterwürfige Haltung, um seinen Zorn zu besänftigen.
„Steh auf!“, verlangte er, als ihre Knie den Boden gerade erst berührt hatten. Jetzt klang in seiner Stimme deutliche Verachtung.
Melia tat, was er ihr geheißen hatte, hielt den Blick aber gesenkt. Die Angst keimte in ihrem Inneren, schlug Wurzeln und durchzog sie, wie ein Fieber. Ihr Atem erstickte.
„Sieh mich an!“ Ohne dass sie etwas dagegen tun konnte, flackerten ihre Lider und sie sah zu ihm auf. Das Verlangen diesen Mann zu betrachten war zu stark, als dass ihre Angst es hätte unterdrücken kön-nen. Eine Hand legte sich unter Melias Kinn und hob es an. Und schon waren ihre Gesichter nur noch wenige Fingerbreit voneinander ent-fernt. Sie spürte seinen schnellen Atem an ihren Lippen, als er sie an sich zog. Dann waren da nur noch die weichen Berührungen seiner warmen Lippen und kühlen Finger. Melia spürte sein Verlangen.
Konnte es sein? Konnte er der gleichen Anziehungskraft erlegen sein? Ja , hauchte ihr Unterbewusstsein, während sie sich seinem Kuss hingab. Viel zu schnell lösten sich Tubirs Lippen von den ihren. Sie keuchten beide.
„Du bist wunderschön“, raunte er an ihrem Ohr. Es klang so innbrüns -tig, dass Melia ihn erstaunt ansah. Seine Augen spiegelten ihre Über-raschung. Es war eine liebevolle Überraschung. Beinahe als würde er sich gerade erst darüber klar werden, was er hier tat.
„Ich könnte euch gehören“, hauchte Melia und sprach damit ihre grö ßte Angst und noch größere Hoffnung aus.
„Nein, das wirst du niemals“, erwiderte er mit einem leichten Lächeln und Entsetzen schlug über Melia zusammen. Niemals?!
„Es
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