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WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)

WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)

Titel: WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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unmenschliches Antlitz kam darunter zum Vorschein: spitz gefeilte Zähne, das Gesicht mittels einer Narbe wie zweigeteilt, leere Augenhöhlen, in deren Untiefen zwei winzige Flammen brannten. Doch so abscheulich die Gestalt auch aussah, niemand schien sie zu bemerken.
    Unbeabsichtigt festigte sie ihren Griff um den Arm ihres Gefährten. Sie bedachte ihn mit einem besorgten Blick, doch schien er wie alle ande-ren blind für die groteske Gestalt zu sein. Stattdessen führte er sie tiefer hinein in den wogenden Ozean.
    Sie erreichten einen ausgedehnten Platz, ummauert von mehrstöckigen Backsteinhäusern, an dessen Ende sich die Kathedrale erhob. Tausende Kerzen standen auf den Stufen sowie in den Fenstern und scheinbar ebenso viele Paare tanzten miteinander zu den Klängen der Streich -instrumente. Mit Leichtigkeit übertönte die Musik das Stimmenchaos.
    Ihr Gefährte nahm sie bei der Hand und geleitete sie auf den Platz. Dem Takt der Musik folgend, sich drehend und tanzend, nur auf den Partner fixiert versank die Umgebung in einem farbenprächtigen Schlei -er. Mit jeder Drehung verwischten die Konturen ein wenig mehr, ver-flüssigten sich beinahe, wie im Rausch bunte Schlieren hinterlassend. Über ihren Köpfen explodierte das Firmament und regnete als grüne, rote und blaue Sterne gen Erdboden.
    Ihr Kreiseln kam allmählich zum Erliegen. Je langsamer sie wurden, umso mehr entschwanden die verschmierten Farbtupfer. Die Welt legte ihr altes Gewand an, während Puls und Herz das Blut aufgeregt durch ihre Adern pumpten.
    Aurelia runzelte die Stirn. Ein eigenartiger Geruch umfing sie. Befrem -dend, unmenschlich, unheilvoll. Sie schaute an ihrem Gefährten vorbei.
    Ruhig verharrte die Gestalt in der Menge. Derart fürchterlich entstellt erinnerte es sie an die zurückliegende Begegnung. Ein haarloser, sehni -ger Schädel, der Unterkiefer vorstehend mit unzähligen wild gewucher-ten Zähnen, die ihm wie Dornen aus dem Gesicht ragten. Doch aber-mals nahm niemand das dämonische Wesen zur Kenntnis.
    Sie atmete tief durch, legte die Arme um den Nacken ihres Gefährten und drückte ihn fest an sich. Unwillkürlich fragte sie sich, ob er ihren hämmernden Herzschlag durch die zahlreichen Kleidungsschichten bemerken würde.
    Mit Argwohn registrierte sie etliche weitere Wesen, die inmitten der Tanzenden standen und versessen lauerten. Einige trugen Masken, andere dagegen boten offen ihre grässlichen Fratzen dar.
    Ihr wurde es zuviel.
    Mit Nachdruck packte sie seine Hand und verließ den Platz.
    Der seltsame Geruch verflüchtigte sich wider Erwarten nicht, sondern blieb an ihr haften wie eine Wolke. Sie beschleunigte ihren Schritt, ac htete nicht auf die verdutzten Kommentare ihres Partners und suchte Zuflucht in einer der Straßen.
    Sie schluckte. Wohin sie auch blickte, allerorts erspähte sie jene verzerr -ten Monstrositäten. An Hausecken lehnend, sich in der Menge wie Felsen unbeeindruckt gegen die Flut der Menschen stemmend, mit anzüglichem Grinsen an ihnen vorbeigehend.
    Das Blut rauschte ihr in den Ohren und der Herzschlag schien ihr den Brustkorb zu zertrümmern. Kreuz und quer hetzte sie durch die über -quellenden Alleen, bis sie plötzlich in eine verwaiste Seitengasse einbog.
    „Kannst du mir sagen, was los ist?“, durchdrang seine Stimme den benebelnden Dunst, der ihre Gedanken umwallte.
    Ihm keine Antwort gebend, schritt sie weiter zum Ende der Gasse. Sie fröstelte und die Nackenhaare stellten sich ihr auf. Unentwegt inten-sivierte sich der Gestank, ob dem sich ihr die Kehle zuschnürte.
    Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie ihre Verfolger nicht abgehängt hatte, sondern geradewegs in deren Falle gelaufen war.
    Schattengleich huschten Silhouetten durch das diffuse Dämmerlicht. Irgendetwas schabte in der Dunkelheit über den blanken Stein, Schritte hallten von den hohen Wänden wider.
    „Wir haben euch gefunden!“, feixte es grell.
    Ein Blick zu ihrem Gefährten verriet ihr seine Verwirrung. Doch obwohl sich ein furchtsamer Ausdruck in seine Augen stahl, stellte er sich schützend vor Aurelia.
    Man ließ sich Zeit, und es verging ein nervenaufreibend langer Mo -ment, bis sich die Wesen schließlich aus den Schatten ins Zwielicht wagten – aus seinem Ächzen las sie, dass die Monstrositäten keines-wegs nur Einbildung gewesen waren.
    Ehe sie auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte, geriet die Welt vor ihren Augen aus den Fugen. Brutal zu Boden geschleudert, wurde ihr die Luft aus der Lunge gepresst.

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