WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)
entschieden, das Leben eines Elfen zu genießen und deinen Frieden zu finden.“
„ Ja, Mutter.“
Iliolins Augen blickten traumtrunken in die leuchtende Iris ihres Soh -nes, dann fiel ihr Kopf auf den Tisch. Xorxoril nahm ihr Handgelenk und fühlte den Puls. „Das Spinnengift hat seine Wirkung getan. Dein Herz schlägt nicht mehr. Ich bin nicht hier, um zu kämpfen, ich bin zurückgekommen, um dich zu töten und ich habe es getan.“ Mit schnellen Schnitten seines Obsidiandolchs trennte er Iliolins Kopf vom Körper, dann öffnete er den Brustkorb und entnahm das warme Herz.
Er blickte nach draußen. Die Sonne kroch bereits in die Laubdecke und legte einen Goldschimmer wie ein Mosaik über die Kronen, wie es nur in einem Ort der Waldelfen vorstellbar sein konnte. Xorxoril blickte auf den Morgentau, der sich auf das Gras gelegt hatte: „Keine Zeit mehr, um meiner Kindheit hinterherzutrauern“, hustete der Elf mit Selbst-verachtung in der Stimme, steckte den Kopf und das Herz der Frau, die ihn geliebt hatte, in seine Rückentasche. Dann nahm er das Bild von der Wand und fügte es hinzu.
Er ging mit schnellen Schritten, aber ohne zu rennen, durch das Dorf. Die ersten Waldverwandten blickten bereits aus ihren Rindenhütten und winkten ihm zu, ihm, der den Umhang der Wache trug. Dann gelangte er zum Wald, folgte dem Bachlauf entgegen dem Strom, bergauf – kein Silberhund würde seine Spur finden. Er warf den Umhang in ein Dickicht. Xorxoril rannte die Serpentinen hinauf zu den Granitfelsen, kam zu dem verborgenen Eingang, sprang zwischen den Stalaktiten und Stalagmiten hindurch und sang in der Sprache der Schwarzelfen, ein anderes Lied als das Lied des Waldes. Sein Lied klang wie das Röcheln Verwundeter, wie das Knirschen von Daumenschrauben, wie Peitschenschläge in sonnenlosen Verliesen.
Der Elf kam zum unterirdischen Fluss und dort warteten sie, die W achen seines Erzeugers, fünf Herzjäger der Unterwelt und zwei Ne-kromanten, denn die Kinder aus dem Bauch der Erde wiegten sich niemals in Sicherheit. „Warst du erfolgreich?“, fragte ihn der Anführer.
„ Sonst wäre ich nicht zurückgekommen“, knurrte Xorxoril, dessen grüne Iris schwarz zu leuchten schien. Die Eskorte geleitete ihn zu ihrem Nachen aus Rippenknochen, bespannt mit Zwergenhaut, sie fuhren Stunden um Stunden durch die Dunkelheit, bis sie zum Wasser-fall der Höhlen kamen. Die Wachen vertäuten das Boot am Obsidian-hafen.
Dann stiegen sie die Felstreppen hinab in die Lavasteinhöhle, zum Tempel der Todesmutter von Xordoron. Zum ersten Mal in seinem Leben durfte Xorxoril die Kultstätte betreten.
Xorgolgorcharas Priester hatten sich um den runden Obsidianaltar versammelt und lauschten stumm den Ritualgesängen ihres Meisters. Er stand in ihrer Mitte, seine Haut glänzte schwarz wie poliertes Ebenholz und seine Haare fielen weiß wie pulverisierte Knochen ab. Xorxoril betrat mit gemessenen Schritten den heiligen Kreis und fiel vor Ygor-roriul Lavapfeil auf die Knie, öffnete die Rückentasche und legte dem Hohepriester das Herz und den Kopf zu Füßen.
„ Nun, mein Sohn, du hast die Prüfung bestanden. Ab heute bist du für uns kein Murdulul mehr, kein Bastard; und wer dich jemals einen Mischling nennt, wird den Tod empfangen. Dieses war dein erster Schritt auf deinem Weg, ein würdiger Nachfolger deines Vaters zu werden, ein Todeself unter Todeselfen, ein Geschöpf der Finsternis, dessen Seele so schwarz ist wie die Tränen der Göttin, der du dienst, deiner Todesmutter.“
Xorxorils Augen glänzten und eine Träne floss über seine grauen Wan -gen. Alle Zweifel, alle Unsicherheiten seines früheren Lebens lösten sich auf. Er hatte die Prüfung bestanden und war aufgenommen in die Priesterschaft der Xorgolchara; er hatte bewiesen, dass er seinen Namen mit Würde trug: Xorxoril, das Blutopfer.
Er neigte seinen Kopf vor dem ausdruckslosen Antlitz desjenigen, der einst seine kreatürliche Mutter geschändet hatte: „Danke, Vater. Ich habe lange gebraucht, aber jetzt bin ich endlich in den Hallen unserer Muttergöttin angekommen.“
Flügelschlag und Wolfsgebiss
Marina Hascher
Licht fiel in den dunklen Keller was einige Mäuse empört davon -huschen ließ. Knarrend öffnete sich die schwere Tür.
„Die Spuren führen hier runter.“
„Könnt ihr schon was sehen?“
„Mann, von Hausarbeit hat der Kerl
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