Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weltraumpartisanen 05: Vorstoss Zum Uranus

Weltraumpartisanen 05: Vorstoss Zum Uranus

Titel: Weltraumpartisanen 05: Vorstoss Zum Uranus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
Vom Netzwerk:
Ein astronomisches Besteck nach Art der alten Seefahrer zu nehmen ist – so hat es sich mittlerweile herausgestellt – die einzige zuverlässige Methode einer Ortsbestimmung. Alle anderen Hilfsmittel der Orientierung versagen. McIntosh und ich »navigieren« zwischen den Mahlstaubflächen und -kratern einher wie ein Frachtsegler des 17. Jahrhunderts, an dessen Ruder ein betrunkener Steuermann steht. Zum Glück ist McIntosh ein recht zuverlässiger Navigator, der mit einem Sextanten umzugehen weiß.
    Wir haben schätzungsweise erneut zwei Meilen zurückgelegt und McIntosh ruft VEGA-Center. Nach einer halben Stunde gibt er auf; noch immer lässt sich eine Verbindung nicht herstellen. Drei von den fünf Monden sind immer in Sicht und McIntosh behauptet, dass sie »strahlende Materie« enthalten müssten, die den Funkverkehr behindere. Zu beweisen vermag er das natürlich nicht.
    Erneut unterhalten wir uns über die Frage, ob der Uranus je ein von Menschen bewohnter Planet sein wird. Ich bezweifle das. Selbst wenn man ihn mit einer Atmosphäre versieht, wäre man doch ewig der lähmenden Schwerkraft ausgeliefert. Dazu käme diese gespenstische Dunkelheit, die im Grunde keine Dunkelheit ist. Auf die Dauer vermag sie einen verrückt zu machen. Das hält niemand lange aus. McIntosh meint, all dies seien Probleme, die mit der Zeit gelöst werden könnten. Schließlich sei die Venus ja auch einmal eine trostlose Stätte der Verbannung gewesen, schlimmer als jedes Sibirien, und nun stehe sie unter den Weltwundern an erster Stelle. McIntosh ist überhaupt der optimistischere von uns beiden. Ich vermag seine Zuversicht nicht unbedingt zu teilen. Mehr denn je vermissen wir eine Leine.
9. November
    McIntosh empfängt, als er VEGA-Center ruft, unerklärliche, sehr starke Sendeimpulse, die alles andere völlig überlagern. Zum ersten Mal bezweifelt McIntosh seine Mondtheorie, ohne dass er eine andere Erklärung für unseren Funkausfall anzubieten hat. Die Herkunft der undeutbaren Signale ist rätselhaft.
    Ein Höhenzug macht uns zu schaffen. Jeder Schritt aufwärts erfordert die Aufbietung aller Energie. Der einzige Vorteil ist der, dass es in unserer unmittelbaren Umgebung keinerlei Mahlstaubkrater gibt. Der Boden unter unseren Füßen ist fest und zuverlässig.
    Nun ist auch McIntosh am Ende seiner Kräfte. In einer unachtsamen Sekunde verliere ich ihn aus den Augen, und als ich ihn schließlich finde, liegt er völlig erschöpft in einem flachen Graben, aber als ich vorsichtig andeute, dass es unter diesen Umständen wohl angebracht sei, beizeiten umzukehren, will er nichts davon wissen. Immer mehr erinnert er mich an Kapitän George Washington De Long, der 1881 die Überlebenden der »Jeanette«-Expedition über das arktische Eis dem fernen Sibirien entgegenführte, wobei er dem Tod und der Erschöpfung seinen auf eine Flagge geschriebenen Wahlspruch entgegenstellte: »Nil desperandum« . Niemals verzweifeln: das scheint auch McIntoshs Devise zu sein.
    Innerhalb von zwei Stunden die dritte Rast: Es kostet mich höchste Überwindung, das Tagebuch weiterzuführen. Neuerdings gibt es Schwierigkeiten im Sprechfunkverkehr; wir können uns nur noch innerhalb sehr eng bemessener Grenzen verständigen, und selbst das nur unter Schwierigkeiten, da ein Rauschen unsere Stimmen überlagert.
    McIntosh errechnet unsere Position. Wir befinden uns genau 76 Meilen nordwärts von Delta IX – und das auf einem völlig unerforschten, nur sehr oberflächlich und ungenau kartografierten Planeten. Ob wir je zu unserem Schiff zurückfinden werden? Es geht fast ständig ein scharfer, böiger Wind, so dass die Spuren, die wir hinterlassen, fast im Handumdrehen wieder verwehen.
    Der totale Mangel an Farben macht sich in Sehstörungen bemerkbar. Man vermag weder Entfernungen zu schätzen noch Richtungen einzuhalten. Nachts geht es McIntosh und mir viel besser, aber die Uranus-Nächte sind viel zu kurz, um sich richtig zu erholen, und zum Marschieren sind sie infolge ihrer unbeschreiblichen Finsternis nicht geeignet: nicht auf diesem tückischen Planeten, bei dem jeder Fehltritt unweigerlich den Tod bedeutet. Wieder suchen wir uns einen Weg zwischen kleinen und großen Staubsümpfen. Die größten mögen einen Durchmesser von etlichen Meilen haben, die kleinsten gleichen getarnten Kanalisationsschächten.
    Ein Missgeschick hat unsere Lage plötzlich katastrophal zugespitzt. Ich stolperte und beschädigte beim Fallen den Umhängebeutel mit den Vorräten.

Weitere Kostenlose Bücher