Weltraumpartisanen 05: Vorstoss Zum Uranus
sicher auf festgelegter Bahn; menschliches Eingreifen war vorerst nicht erforderlich. Alles, was es für die Besatzung noch zu tun gab, beschränkte sich auf das regelmäßige Kontrollieren der verschiedenen Armaturen und die Herstellung einer Sprechverbindung mit VEGA-Center zu den festgesetzten Zeitpunkten. Lediglich Per Dahlsen hatte alle Hände voll zu tun, um uns dreimal innerhalb von 24 Stunden mit einer jeweils neu komponierten Mahlzeit zu überraschen. Einer regelmäßigen Beschäftigung ging auch Miss Wolska nach: Sie begann mit den kosmischen Analysen.
Jene erste Mahlzeit nach der G-Zeit bescherte jedem von uns ein Glas Champagner. Bei dieser Gelegenheit hielt ich eine kleine Ansprache, deren Wortlaut im Bordbuch vermerkt wurde, so dass ich sie heute wortgetreu wiederzugeben vermag.
»Nie wurde ein Testflug unter dramatischeren Umständen durchgeführt«, sagte ich. »Und wenn wir jetzt unsere Gläser erheben, wollen wir jener Besatzung gedenken, die auf einem fremden, feindlichen Planeten verzweifelt darauf wartet, von uns gerettet zu werden. Möge es uns vergönnt sein, ihr beizeiten die benötigte Hilfe zu bringen. Das sollte für uns der schönste Lohn sein.«
An diesem ersten Reisetag nach der G-Zeit ließ ich Lieutenant Mercier in meine Kabine kommen.
»Sir«, fragte er höflich, »was haben Sie auf dem Herzen?«
»Vorerst nur das Eine«, erwiderte ich, »rufen Sie Scott – und zwar so lange, bis er sich gemeldet hat.«
Lieutenant Mercier neigte ein wenig den Kopf. »Aye, aye, Sir. Was aber, wenn er sich auch bei mir nicht meldet?«
»Dann rufen Sie ihn morgen wieder! Versuchen Sie es bei jeder sich bietenden Gelegenheit!«
»Aye, aye, Sir.«
Sollten kosmische Störungen die Ursache für Scotts Schweigen sein, so waren wir VEGA-Center gegenüber zweifellos im Vorteil. Dennoch schraubte ich meine Erwartungen nicht zu hoch, denn auch auf den Interplanaren, Astrostaten und Stellanormen kontrollierte man die Delta-IX -Frequenz: weit draußen im Weltraum, fernab von jeder störenden und irritierenden Atmosphäre, ohne jedoch zu einem besseren Resultat zu kommen als die Funker von VEGA-Center. Mein Beweggrund war weniger von der Hoffnung geprägt als vielmehr von dem Wunsch, nichts unversucht gelassen zu haben.
Im Cockpit waren alle Lichter gelöscht, so dass ich mich auf meinem Kommandantensessel vom Himmel umspannt fühlte. Fast vermeinte ich die Kälte des Raumes zu spüren, aber das beruhte auf Einbildung: Die Temperatur im gesamten Schiff betrug konstant 21 Grad Celsius. Dennoch fröstelte ich.
Nichts verriet die ungeheure Geschwindigkeit, mit der die Hermes ihre einsame Bahn zog. Nun, da das Triebwerk abgeschaltet war, war auch nicht das leiseste Vibrieren zu spüren. Meinem Gefühl nach schien das Schiff auf der Stelle stillzustehen, aber ich wusste aus Erfahrung, ohne auch nur auf die Instrumente zu sehen, dass dieses Gefühl trog. In Wirklichkeit verringerte die Hermes die Entfernung zum Uranus mit jeden 24 Stunden, die vergingen, um 108 Millionen Kilometer.
Nie war ich der Milchstraße so nahe gewesen. Eingehüllt in ihr kaltes Licht, das mich mit Milliarden von Diamanten zu überschütten schien, hielt ich Zwiesprache mit dem unermesslichen, unfassbaren Raum, der aller menschlichen Eile spottete, denn wohin sich der Mensch von seinen Schiffen darin auch tragen ließ: Immer und überall lag sie unweigerlich weiter vor ihm, die Unendlichkeit, kalt, schweigend, ohne Zeit und Maß.
11.
Niemand ahnte, dass das Unheil zum zweiten Schlag gegen die Hermes rüstete – und selbst wenn jemand etwas geahnt hätte, wäre kaum etwas zu vermeiden gewesen. Knapp vier Reisetage waren seit der G-Zeit vergangen: ruhige gleichmäßig verlaufende Tage, über die es nichts zu berichten gäbe, wäre es nicht zwischen Captain van Kerk und Lieutenant Xuma erneut zu Streitigkeiten gekommen.
Anlass hatte das Foto eines hübschen blonden Mädchens gegeben, das Captain van Kerk herumreichte: »Und das da ist gewissermaßen meine Zukünftige. Wir heiraten, sobald diese Sache hier erledigt ist.«
Ich war der Erste, der einen Blick auf das Bild werfen durfte, und nachdem ich dies ohne sonderliches Interesse getan hatte, reichte ich das Foto weiter an Stroganow, und so ging es reihum, bis es schließlich von Lieutenant Xuma in die Hand genommen wurde. Um diese Zeit war ich damit beschäftigt, meine Eintragungen im Bordbuch zu vervollständigen, so dass meine Aufmerksamkeit vorübergehend abgelenkt war und
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