Weltraumpartisanen 13: Countdown für die Erde
Chemnitzer.
Noch am gleichen Abend fand die ausführliche Lagebesprechung statt. Ich hatte dazu die Messe der Medusa zur Verfügung gestellt. An der Besprechung nahm die gesamte Medusa-Crew teil - also auch der von Colonel Chemnitzer mitgebrachte fünfköpfige Stab. Erneut huschten über die Monitoren Filme, Skizzen und mathematische Formeln.
Die Atmosphäre war frostig. Kein persönliches Wort wurde gewechselt. Colonel Chemnitzer hatte es vermieden, Captain Romen und meinen Lieutenants die Hand zu geben. Die unselige Kluft, die seit altersher zwischen den Pionieren und der VEGA klaffte, war tiefer und unüberbrückbarer als je zuvor.
Der einzige Lichtblick bestand in der raschen Auffassungsgabe des Colonels, die es ihm ermöglichte, den Kern des sich abzeichnenden bergbautechnischen Problems auf Anhieb zu erfassen. Noch während Ludmilla Wolska erläuterte, wie sie sich die Installation der atomaren Energiezellen vorstellte, erteilte er seine ersten Befehle:
„Fünfundzwanzig Bohrlöcher auf den markierten Positionen, ich verstehe. Es ist wohl auch in Ihrem Sinne, wenn wir weiter keine Zeit verlieren."
Er warf ein paar Zeilen auf ein Blatt Papier und reichte es Major Pecheral, seiner rechten Hand.
„Sorgen Sie dafür, daß das erledigt wird!" Major Pecheral eilte in den Funkraum.
Ludmilla Wolska hatte ihre Ausführungen beendet; nun lag es an mir, die letzten passenden Worte zu finden.
Ich zögerte. Die kurze Ansprache kostete mich Überwindung. Demgegenüber stand unausweichlich die Pflicht.
Es traf zu: Chemnitzers Anwesenheit auf dem Helin war eine üble Überraschung. Sein Hochmut und die kaum kaschierte Feindseligkeit, mit der er uns bereits am Kilimandscharo entgegengetreten war, belasteten das Arbeitsklima. Doch die vor uns liegende Aufgabe fragte nicht nach persönlichen Gefühlen; sie wollte bewältigt sein: rasch, gründlich und ohne vermeidbare Komplikationen. Und als Fachmann war Colonel Chemnitzer kaum zu schlagen.
„Nun denn, Colonel - wenn hiermit alle Ihre Fragen eine Antwort gefunden haben, bleibt mir nur noch übrig, meiner Hoffnung auf gedeihliche Zusammenarbeit Ausdruck zu geben."
Colonel Chemnitzer tat, als hätte er nichts gehört. Er stand auf und wandte sich mit einem betörenden Lächeln an Ludmilla Wolska.
„Sie tragen ein bezauberndes Kleid, meine Gnädigste." Die Wolska errötete.
„Sie, Colonel, sind der erste hier, dem das aufgefallen ist."
„Unglaublich!" Chemnitzer beugte sich vor und küßte der Wolska die Hand. „Freilich, um ehrlich zu sein - noch mehr als dem Kleid gilt meine Bewunderung der Frau, die es trägt und mit ihrer Anwesenheit diesen abscheulichen Stern veredelt. Darf ich der Hoffnung Ausdruck verleihen, daß auch ein anderer geistiger Genuß als Zahlen und Formeln Ihr Wohlwollen finden könnte?"
Ludmilla Wolska lächelte.
„Und wie, Colonel, lautet Ihr Vorschlag?"
Chemnitzer beugte sich zum zweiten Mal über ihre Hand. „Das Herzblut Frankreichs", sagte er, „Champagner! Sie werden mir doch die Ehre geben?"
Ludmilla Wolska zögerte. Die Spannung, die zwischen der Medusa Crew und dem Chef der Pioniere herrschte, war ihr nicht entgangen. Sie blickte zu mir herüber.
Chemnitzer sagte rasch: „Ich schicke Ihnen ein Dingi. Sagen wir -in einer Stunde."
Danach grüßte er knapp und begab sich zur Schleuse; seine Offiziere trotteten hinter ihm her; alles in allem - ein strahlender Komet und sein Schweif.
Ludmilla Wolska wartete, bis die Pioniere das Schiff verlassen hatten, dann sagte sie:
„Auf jeden Fall, Commander, ist der Colonel ein charmanter Mann und alles andere als ein Spartaner."
Ich antwortete nicht und ging hinauf zur Brücke. Nach einer Weile trat auch Captain Romen ein.
„Auch eine Art, uns den Krieg zu erklären, Sir!" sagte er.
Ich hob die Schultern.
„Miss Wolska ist ein erwachsener Mensch. Uns steht es nicht zu, ihr den Umgang vorzuschreiben."
Ich blickte hinüber zu den funkelnden Lichtern des Pioniercamps. Ein halbes Dutzend Raupenschlepper zog vorbei. Wahrscheinlich wuchsen jenseits des nahen Horizontes bereits die Bohrtürme. Noch ein paar Stunden - und auf diesem verdammten, Ding würde das Unterste zuoberst gekehrt sein.
Eine Unterlassungssünde fiel mir ein. Aus lächerlichem Aberglauben hatte ich die traurige Pflicht immer wieder hinausgezögert. Gegen diesen Aberglauben gab es keine Medizin; die ganze Fliegerei unter den Sternen war davon durchsetzt. Man riß darüber seine Witze - aber dann, wenn man mit der
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