Weltraumpartisanen 14: Kurier zum Mars
daraus seine persönlichen Konsequenzen ziehen. War es nicht seit jeher so gewesen, daß sich die Würde des Menschen bestätigte in der heiligen Empörung gegen den Mißbrauch von Macht und Autorität?
Ich überwand das Entsetzen, straffte mich und schlug die Augen auf. Und in der gleichen Sekunde sagte eine kühle, knarrende Stimme gleich neben mir: »Guten Morgen, Commander. Sie haben doch nicht etwa die Absicht, den ganzen schönen Tag zu verschlafen?«
Ich sprang auf.
Vor mir stand, begleitet von zwei erleichtert wirkenden uniformierten Wärtern, der einarmige Chef der VEGA, John Harris.
Was hatte das zu bedeuten? Eine neuerliche Teufelei? Oder war ich lediglich das Opfer einer Halluzination?
Harris wasserblaue Augen zwinkerten mir zu.
»Nur zu, Commander! Fassen Sie mich schon an! Ich bin’s wirklich.«
Ich brachte nur ein Stammeln über die Lippen: »Sir …«
Harris nickte.
»Schon gut, Brandis. Ich kann mir vorstellen, wie Ihnen zumute war. Nun – der Spuk ist vorerst vorbei. Vor ein paar Stunden ist die Entscheidung gefallen. Die meisten MOBs haben kapituliert. Aber es gibt noch allerhand zu tun – für Sie übrigens auch.«
Ich schwieg. Nun, da ich erkannte, daß ich nicht genasführt wurde durch eine Sinnestäuschung, war ich im Begriff schlappzumachen. Die stählerne Feder der Energie, die sich soeben noch auf den letzten, aussichtslosen Kampf vorbereitet hatte, gab plötzlich nach. Mir schwindelte.
Harris runzelte die Stirn und sah auf die Uhr.
»Minister Teodorescu hat zu einer Besprechung gebeten. Sie werden daran teilnehmen, Commander. Falls Sie Fragen haben – man wird sie Ihnen in wenigen Minuten beantworten. Ich möchte dem Minister nicht vorgreifen.«
Fragen? Natürlich gab es Fragen. Ich floß über von Fragen. Und wenigstens eine davon bedurfte einer sofortigen Antwort: »Sir, darf ich Ihre Worte so verstehen, daß meine Männer und ich frei sind?«
Harris Miene blieb ausdruckslos; seine Stimme knarrte: »Frei genug, um aus diesem verlausten Kittchen herauszumarschieren, Commander. Im übrigen sind Sie unverändert im Dienst. Also, lassen Sie mich nicht warten.«
Endlich war ich überzeugt. Ich griff nach meiner Mütze und setzte sie auf.
Ich brannte darauf zu erfahren, was sich zugetragen hatte. Vorerst freilich mußte ich mich in Geduld fassen. Harris hüllte sich in Schweigen.
Der Konferenzraum der VEGA glich dem Befehlsstand einer belagerten Festung. Ein rundes Dutzend Generäle und Obristen der verschiedenen Waffengattungen war darin versammelt. Uniformierte Techniker waren damit beschäftigt, zusätzliche Verbindungen zu stöpseln.
Einige Minuten vergingen, dann trat mit bleichem, todernstem, übernächtigt wirkendem Gesicht Ion Teodorescu ein, der Minister für Innere und Äußere Sicherheit. Er wurde begleitet von seinem persönlichen Referenten, Harold Pieterson.
Teodorescu grüßte mit einem knappen, steifen Kopfnicken.
»Meine Herren«
Der Minister stockte; er räusperte sich; er suchte nach den passenden Worten, um diese überstürzt angesetzte Konferenz zu eröffnen.
»– ich denke, ich sage nicht zu viel, wenn ich feststelle: Es ist uns gelungen, das Ärgste abzuwenden. Aber ich muß leider hinzufügen: Die Lage in der EAAU ist unverändert kritisch. Sinn dieser Zusammenkunft ist es, die Situation zu analysieren und danach die weiteren erforderlichen Maßnahmen zu beschließen.«
Der Minister verstummte erschöpft und sammelte neue Kraft. Nach einigen Sekunden fuhr er fort: »Da ich davon ausgehen muß, daß von den hier Anwesenden kaum einer einen völligen Überblick über die Lage hat, wird Mr. Pieterson Ihnen jetzt die nötigen Erläuterungen liefern.«
Teodorescu setzte sich.
Harold Pieterson – kühl, korrekt und farblos – ergriff das Wort.
»Die Lage, meine Herren! Ich kann nicht umhin zu erwähnen, daß über die Art und Weise, wie es dem Ex-Colonel Friedrich Chemnitzer gelungen ist, aus dem bestbewachten astralen Gefängnis der EAAU auszubrechen und zur Erde heimzukehren, bislang nur Vermutungen vorliegen. Der weitere Tatbestand freilich liegt klar auf der Hand. Friedrich Chemnitzer hat sich, von Ehrgeiz und Rachsucht getrieben, an die Spitze einer Verschwörung gestellt, die von dem bekannten Psychomechaniker Professor Dr. Henry Warren offenbar von langer Hand vorbereitet worden ist. Ziel des Putsches war es, mit Hilfe von ein paar Tausend MOBs die rechtmäßige Ordnung der EAAU zu stürzen und durch eine Personaldiktatur zu
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