Weltraumpartisanen 14: Kurier zum Mars
Trotzdem zog er sich noch etwas weiter zurück.
19.8. Die Lage prekär. Wir nähern uns dem Mars, und der Kundschafter läßt uns nicht aus den Augen.
20.8. Ich habe alles auf eine Karte gesetzt und die Medusa in ein ausgedehntes Meteoritenfeld gesteuert. Die erlittenen Schäden halten sich in Grenzen. Voller Erfolg! Der Kundschafter ist endlich abgeschüttelt.
Keinerlei Kontakt. Keinerlei Kontakt. Keinerlei Kontakt. Keinerlei Kontakt. Dafür äußerst reger Funkverkehr der FLOBs.
Ich rief das FK.
»Brücke … FK, haben Sie sich den Code noch einmal vorgenommen?«
Lieutenant Mercier bedauerte: »Negativ, Sir. Der Code ist nicht zu knacken.«
Ich zögerte. Das Vertrauensverhältnis war gebrochen. Schließlich drückte ich noch einmal die Taste.
»Lieutenant, ich bin für jeden Fingerzeig dankbar.«
Eine Weile lang blieb der Lautsprecher stumm. Lieutenant Mercier schien zu überlegen. Ich wartete. Schließlich ertönte das erlösende Knacken.
»Ich kann für nichts garantieren, Sir. Aber da Sie mich schon mal fragen – hier meine Schlußfolgerung: Ein geschlossenes Rudel. Zwanzig bis dreißig FLOBs.«
Mein Mund fühlte sich auf einmal trocken an, als ich bestätigte: »Danke, FK.«
Die Treibjagd auf die Medusa näherte sich ihrem Höhepunkt. Überall im Raum schmetterten die Jagdhörner. Die FLOBs – durch den Verlust eines der ihren vorsichtig geworden – massierten ihre Kräfte. Und diesmal würden sie ganze Arbeit leisten.
Ein Frösteln überkam mich. Nach außen hin gab ich mich zuversichtlich und gelassen: in Wirklichkeit jedoch zehrten an mir Angst und Sorge. Es ging nicht um mich – wenngleich sich auch dies nicht völlig ausklammern ließ; es ging auch nicht nur um Wohl und Wehe von Schiff und Besatzung. Die Medusa war zu ersetzen, ihre Besatzung einschließlich meiner Person desgleichen. Viel mehr stand auf dem Spiel. Die Pest breitete sich aus – und noch immer war man im Warren Center des Glaubens, einer guten Sache zu dienen, wenn man die FLOB-Produktion auf vollen Touren laufen ließ. Man hatte mich zum Kurier bestimmt. Drei geplagte Kontinente verließen sich darauf, daß ich meine Pflicht tat.
Ein geschlossenes Rudel. Wo sammelte es sich – und wo gedachte es den entscheidenden, vernichtenden Schlag gegen die Medusa zu führen? Auf diese Fragen eine Antwort zu finden war drei Tagesreisen vor dem Mars im wahrsten Sinn des Wortes lebenswichtig.
Wieder und wieder studierte ich die Karten. Für die eine oder die andere Art der Ansteuerung galt es sich zu entscheiden.
Da gab es, als direkte Möglichkeit, die Beta-Gamma-Passage: eine schmale, gewundene Durchfahrt zwischen mehreren stark radioaktiven Feldern. Erfahrene Piloten gaben ihr den Vorzug gegenüber jeglichen Umweg. Vor den Feldern freilich galt es auf der Hut zu sein; wer in sie hineingeriet, war verloren. Aus diesem Grunde konnte in der Passage nur mit reduzierter Geschwindigkeit geflogen werden. Zudem waren, da die Felder sich ständig verlagerten, ständige Messungen vonnöten.
Eine andere Ansteuerungsmöglichkeit bestand darin, das Beta-Gamma-Feld in weitem Bogen zu umrunden. Das kostete einen zusätzlichen Tag, war jedoch in navigatorischer Hinsicht erheblich sicherer. Darüber hinaus bot es ungehinderte dreidimensionale Operationsfreiheit.
Ich überlegte und zögerte.
Irgendwo warteten auf uns die FLOBs. Auch sie waren – nun, nachdem ich ihren Kundschafter abgeschüttelt hatte – verunsichert. Wahrscheinlich zerbrachen auch sie sich das Gehirn im Bestreben, den nächsten Schritt der Medusa zu erraten. Sie waren nicht dumm; mittlerweile hatte ich das begriffen. Im Gegenteil: sie waren hochintelligente Mechanismen, denen so leicht kein anderer Verstand gewachsen war. Mit ihnen verglichen, war ein MOB ein einfältiger Provinzler. Ihr IQ war der von Genies; ihre Gehirne befähigten sie zu intellektuellen Leistungen vom Range eines Napoleons oder Einsteins. Was hatte ich, ein durchschnittlicher Testpilot der VEGA, dem entgegenzustellen? In der Schule war ich keineswegs der Beste gewesen. In meiner beruflichen Laufbahn gab es einen dunklen Punkt in Form eines selbstverschuldeten Unfalls, der mich um Jahre zurückgeworfen hatte. Und nun dieses verdammte Indianerspiel: List gegen List!
Irgendwann bat ich den Zweiten Ingenieur auf die Brücke.
Der Grund hierfür war die Erinnerung an einen Vortrag, den er vor etlicher Zeit – mehr aus Spaß am Theoretisieren denn aus ernsthaftem Anlaß – in Metropolis darüber
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