Weltraumpartisanen 16: Pilgrim 2000
nichts mehr zu fürchten, Sir.«
Zwischen ihm und unseren Belagerern war es zum Kampf gekommen. Viel Zeit und Gelegenheit, sich zur Wehr zu setzen, war ihnen dabei offenbar nicht verblieben. Wie immer dieser alte Yaquitrick auch beschaffen sein mochte - Tatsache war, daß Lieutenant Torrente unversehrt vor mir stand. Mein Blick folgte seiner Handbewegung:
Einer der beiden unheimlichen Burschen lag tot in einer Blutlache im Gebüsch; der andere jedoch baumelte kopfunter, mit gefletschten Zähnen und wütenden Augen, zwischen zwei Bäumen - gefangen in einer Schlinge des Telefonkabels.
Ich betrachtete ihn. Zwischen ihm und dem anderen Burschen gab es deutliche Unterschiede. Der tote Ratman war klein, gedrungen und zottig - mit niederer Stirn und wulstigem Kinn. Dieser jedoch war hochgewachsen und hatte blaue Augen. Er wirkte wie ein Mensch, der früher einmal andere Zeiten gesehen hatte, bevor er sich der Verwahrlosung überließ.
Lieutenant Torrente stieß ihn an und brachte ihn ins Schaukeln - und zog gleich darauf, als der Bursche nach ihm schnappte, die Hand zurück.
»Das ist kein Spiel, Lieutenant !«
»Ich spiele nicht, Sir. Wir brauchen einen Wegweiser. Darum habe ich ihn verschont. Wir sollten ihn mitnehmen und den Pilgern vorführen. Vielleicht können sich die mit ihm verständigen .«
Als wir am nächsten Vormittag in das Dorf zurückkehrten, begann der Ratman , nachdem er uns zuvor ohne großes Widerstreben gefolgt war, auf einmal wie wild an seinen Fesseln zu zerren.
Lieutenant Torrente zog die Schlinge enger und schleifte ihn unbarmherzig durch das Tor.
Jeremias eilte uns an der Spitze der Dörfler, gefolgt von meinen Männern, entgegen - und nie werde ich die tiefe Trauer in seiner Stimme vergessen, als er den Gefangenen ansprach:
»Melchior! ... Melchior, was ist nur aus dir geworden !«
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8.
Jeremias berichtete:
Vor sechs oder sieben Jahren hatte ein Pilger im Streit um eine Frau einen anderen Pilger erschlagen. Ihm war die übliche Strafe auferlegt worden - die einzige, die sich über ihn verhängen ließ. Man hatte ihn bis zum Tor geführt und ausgestoßen. Aber seine Spur verlor sich nicht alsbald - wie die so mancher anderer. Immer wieder war er in der näheren Umgebung aufgetaucht, im Zustand immer stärker werdender Verwilderung, und jedesmal war seinem Auftauchen ein Überfall der Ratmen gefolgt. Der Mann war offenbar zu einer Art Kundschafter unter den Ratmen geworden. Sein Name war Melchior. Und eben diesen Melchior hatte Lieutenant Torrente gefangen genommen.
Mein erster Eindruck war also richtig gewesen. Unser Gefangener war kein gebürtiger Ratman . Er entstammte dem Geschlecht der Pilger.
Ich ließ mir diese ungewöhnliche Situation durch den Kopf gehen - und mehr und mehr gelangte ich dabei zu der Überzeugung, daß Lieutenant Torrente eine goldene Hand bewiesen hatte.
»Jeremias«, sagte ich, »noch immer wissen wir nicht, wie wir zur Kronos zurückkehren sollen. Der Weg, auf dem wir gekommen sind, ist zu gefährlich. Und Sie können uns nicht raten. Wohl aber könnte Melchior - falls es gelänge, ihn dafür zu gewinnen - uns führen .«
Jeremias wiegte den Kopf; ich spürte seine Zweifel.
»Er ist ein schlechter Mensch, Commander. Ich hätte Angst, mich ihm anzuvertrauen. Er würde uns in die Irre führen - zu den Ratmen oder gar zu den Ratten selbst .«
Das war ein Gesichtspunkt, den ich selbst schon erwogen hatte.
»Ich glaube«, erwiderte ich, »es gäbe einen Weg, um diesen Melchior in die Gemeinschaft zurückzuführen - in die
Gemeinschaft, zu der er letztlich gehört, obwohl er von ihr ausgestoßen wurde. Nur benötigt man dazu viel innere Kraft und Überwindung .«
Jeremias hob leicht die rechte Hand. Er hatte begriffen. »Sie erwarten sehr viel von uns, Commander. Sie erwarten, daß wir ihm verzeihen - und daß wir alles vergessen, was er uns angetan hat: all die blutigen Überfalle, all die verschleppten Frauen und Kinder...«
Ich schwieg. Nach einer Weile erst fuhr ich behutsam fort:
»Es muß sein, Jeremias. Wir brauchen diesen Mann - und wir brauchen ihn zum Freund. Falls er wirklich ein Kundschafter der Ratmen war, kennt er im Umland jeden Weg und Winkel. Er kann uns helfen, die nächste Schleuse zu finden, und er kann uns Wege führen, die sicher sind .«
Jeremias erhob sich.
»Wir werden darüber beraten, Commander .«
Zwei Stunden später löste ich eigenhändig Melchiors Fesseln, ohne mich durch Lieutenant Torrentes düsteres Gesicht
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