Weltraumpartisanen 16: Pilgrim 2000
beirren zu lassen. Ein wahres Freudenfest brach im Dorf aus. Melchior wurde von den Pilgern ergriffen - und dann begann eine gründliche Reinigung. Er wurde gewaschen und geschrubbt und zu guter Letzt mit einem frischen Gewand versehen. Danach war unser Gefangener nicht mehr wiederzuerkennen. Er war ein stattlicher Mann mittleren Alters - mit kraftvoller Haltung und stolzem Gesicht.
Ich sprach ihn an.
»Hat Jeremias Sie wissen lassen, mit welcher Bedingung Ihre Begnadigung verbunden ist ?«
Melchior neigte langsam den Kopf. »Er hat .«
»Und sind Sie bereit, diese Auflage zu erfüllen? Es muß Schleusen geben, die aus der PILGRIM 2000 hinausführen zu den Landedecks. Was darunter zu verstehen ist, werden wir Ihnen später erklären. Wichtig ist für mich vorerst nur die Antwort: Können Sie uns führen? Und werden Sie es tun ?«
Zum zweiten Mal neigte Melchior den Kopf. »Ich bin bereit .«
Ich wandte mich an Jeremias.
»Dann«, sagte ich laut, »brechen wir morgen auf .«
Ich begab mich zurück zu meinen Männern. Mein Weg führte an Zacharias vorüber. Er stand ein wenig abseits und hatte meinem Gespräch mit Melchior gelauscht, ohne einzugreifen. Nun bemerkte er:
»Das Buch sagt: Wer die Hand erhebt wider seinen Nächsten, soll verstoßen sein... Commander, Sie stehen im Begriff, einen großen Fehler zu begehen .«
Ich ging nicht darauf ein. Zacharias war ein Eiferer. Und überdies - die Entscheidung war gefallen.
»Jeremias«, erwiderte ich, »denkt anders darüber .«
Den Männern - vornehmlich jedoch Captain Romen und Lieutenant Levy - riet ich an, noch einmal ausgiebig zu ruhen. Vor uns lag ein anstrengender Marsch von mehreren Tagen.
Danach zog ich mich zurück, um einige Bänder zu besprechen: für den Fall, daß ich den Marsch nicht überleben sollte. Ich hörte erst auf, als der Helm - über ein anderes Diktiergerät verfügte ich nicht - zu drücken begann.
Mittlerweile war es Abend geworden. Erleuchtete Fenster verrieten, daß in den Häusern die Öllampen brannten - zum letzten Mal. Ich dachte an die große, unerhörte Umstellung, die auf die Pilger wartete. Wie würden sie sich unter gänzlich anderen Lebensbedingungen auf der Erde zurechtfinden? Im nördlichen Kanada gab es ein stillgelegtes Versuchsgelände der VEGA - fernab von allen menschlichen Siedlungen. Vielleicht konnten sie dort siedeln und einen neuen Anfang wagen.
Als ich, um etwas kühlere Luft zu atmen, hinaustrat vor die Tür, erkannte ich auf dem Platz zwei Gestalten. Zwischen ihnen schien ein Streit ausgebrochen zu sein. Melchior sprach auf Judith ein, und Judith wich Schritt um Schritt vor ihm zurück.
Auf einmal streckte Melchior, scheinbar spielerisch, eine Hand aus, und seine Finger schlossen sich um Judiths Handgelenk.
Judith schrie auf.
Von irgendwoher kam Lieutenant Levy gerannt. Auch ich setzte mich in Bewegung.
Als ich zur Stelle war, hatte Melchior das Mädchen bereits losgelassen. Er und Lieutenant Levy standen sich gegenüber, und ich hörte meinen Funkoffizier mit gefährlich ruhiger, kalter Stimme sagen:
»Tun Sie das, was Sie da eben getan haben, nie wieder... nie wieder !«
Offener Streit, das war das letzte, was wir jetzt brauchen konnten. Darum sagte ich:
»Lieutenant, ich bin sicher, Sie mißverstehen die Situation. Melchior hat sich einen Scherz herausgenommen. Kein Grund, um gleich aus der Haut zu fahren... Ich habe doch recht , Melchior? War es ein Scherz ?«
Melchiors Blick wanderte von Lieutenant Levy zu mir herüber und wurde demütig.
»Es war ein Scherz, Commander«, erwiderte er. »Ich wollte niemanden erschrecken. Ich bitte um Verzeihung .«
Später, als ich mit Lieutenant Levy noch einmal zusammentraf, sprach dieser mich an: »Sir ...«
»Was kann ich für Sie tun, Lieutenant ?«
Lieutenant Levy deutete mit einem Kopfnicken hinüber zum Brunnen, an dem eine reglose Gestalt lehnte: Melchior.
»Was halten Sie von ihm, Sir ?«
»Er weiß den Weg«, entgegnete ich, »Nur das ist wichtig .«
»Ich traue ihm nicht, Sir«, sagte Lieutenant Levy. »Den ganzen Nachmittag über schon hat er Judith nicht aus den Augen gelassen .«
»Und deshalb mißtrauen Sie ihm ?«
»Es liegt etwas in seinem Blick, Sir«, sagte Lieutenant Levy, »und das flößt mir Angst ein .«
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9.
Als die Sonne aufging, brachen wir auf.
So ähnlich mochte sich in biblischer Zeit der Aufbruch der Kinder Israels vollzogen haben - auf ihrem Marsch in das gelobte Land.
Das Tor schwang auf, um nie wieder
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