Weltraumpartisanen 16: Pilgrim 2000
als eine Art Manhattan erschienen, als ein zusammenhängendes Gebilde von Wohnungen, Einkaufszentren und Versorgungseinrichtungen. Nun jedoch mußte ich erfahren, daß man sich zwischen all diesen Gebäuden verirren konnte.
Der Umstand, daß im Dschungel Pfade existierten, beunruhigte mich. Ich sprach Melchior darauf hinan; er lachte:
»Fürchten Sie noch immer einen Hinterhalt, Commander? Die Ratmen kommen nur selten hierher .«
Lieutenant Torrente hatte zugehört und geschwiegen. Ein paar Minuten später nahm er mich unauffällig beiseite und wies wortlos auf eine kleine Lichtung. Das Gras war niedergetreten. Das war noch nicht lange her.
Kurz bevor die Dunkelheit lautlos wie eine gewaltige schwarze Fledermaus über uns herfiel, erreichten wir unser Nachtquartier.
Bis zum letzten Augenblick hatte ich das kuppelförmige Gebäude nicht bemerkt. Erst als Melchior ein paar Zweige beiseite bog, sah ich den Eingang. Das gläserne Portal war geborsten. Das Glas knirschte unter den Stiefeln,
Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, wohin es uns verschlagen hatte.
Es war das Theater von Pilgrimville - stummer Zeuge einer untergegangenen Kultur. Auf der Bühne standen noch die Requisiten. Hier hatten bis zuletzt - bis der Knopfdruck eines Wahnsinnigen die Vernichtung auslöste - die alten Pilger die gleichen Spiele erlebt, die sie von unserer gemeinsamen Erde mitgebracht hatten. Diese Vorstellung hatte etwas Ergreifendes.
Melchior mißdeutete mein Schweigen. Er sagte entschuldigend:
»Es ist spät, Commander, und man muß nehmen, was sich bietet .«
Ich erhob keinen Einspruch. Ein Nachtlager war wie das andere - sofern es nur Sicherheit bot. Statt einer Antwort nahm ich den Helm von der Schulter, klemmte ihn mir unter den linken Arm und schaltete den Scheinwerfer ein. Der Lichtschein wanderte über den Fußboden. Dieser war sauber. Die sonst üblichen Rattenexkremente fehlten. Melchior begriff wonach ich Ausschau hielt, und sagte:
»Sie können beruhigt sein, Commander. Die Ratten meiden diesen Platz .«
Es war nur eine Behauptung. Ich brauchte die Erklärung. Ich fragte: »Und aus welchem Grund ?« Melchior zeigte ein schwaches Lächeln.
»Deshalb, Commander. Passen Sie auf !« Wie am Tage zuvor steckte er einen Finger in den Mund und stieß einen Pfiff aus. Ich zuckte zusammen. Die Akustik des Saales gab dem Pfiff die Gewalt einer Posaune. So und nicht anders mußte es sich angehört haben, als Jerichos Mauern einstürzten. »Die Ratten, Commander, haben ein empfindliches Gehör. Sie fühlen sich hier nicht wohl .«
Nachdem ich mich davon vergewissert hatte, daß auch die Garderoben sauber waren, kehrte ich zu Jeremias zurück.
»Melchior hat recht«, sagte ich, »Wir sollten hier lagern .«
Jeremias neigte zustimmend den Kopf.
»Es ist gut, Commander. Die Leute werden zufrieden sein. Sie sind todmüde vom langen Marsch, vor allem die Frauen und Kinder .«
Wenig später gingen Lieutenant Levy und Judith von Raum zu Raum, um die wenigen mitgeführten Öllampen zu verteilen. Ihre Schatten huschten vor ihnen her wie ruhelose Seelen.
Bevor ich mich ausstreckte, teilte ich auch diesmal wieder die Wachen ein:
»Erste Wache - Lieutenant Torrente; zweite Wache -Lieutenant Xuma ; die dritte Wache übernehme ich.«
Der Schrei einer Frau in höchster Todesangst jagte mich hoch. Ich fand meinen Helm und ließ den Scheinwerfer aufleuchten. Neben mir erhoben sich meine Männer
»Was ist passiert, Sir ?« fragte Lieutenant Torrente.
»Wir werden es feststellen«, erwiderte ich, »Wer hat die Wache ?«
»Lieutenant Simopulos noch immer, Sir,« »Und wo steckt er?«
»Als ich ihn verließ, drehte er seine Runden im Foyer - dort, wo jeder vorbei muß .«
Ich zeigte Ruhe und Beherrschung. In Wirklichkeit verging ich vor Angst und Sorge. So fest konnte kein Wachtposten schlafen, daß ihm nicht auch dieser Schrei durch Mark und Bein gegangen wäre.
»Lieutenant Torrente - kommen Sie mit !«
Lieutenant Torrente und ich stürzten ins Foyer. Dort verlangsamte sich mein Schritt immer mehr, bis ich schließlich stehenblieb und mich nicht mehr rührte. Es war anders, als es im allgemeinen geschildert wird: kein Keulenschlag, kein brutaler Schreck, kein lähmendes Entsetzen. Es war lediglich ein trauriges Begreifen; es war das durch keine Hoffnung und durch keinerlei Trost gemilderte Zur Kenntnisnehmen, daß es für mich und Lieutenant Simopulos keine gemeinsamen Flüge unter den Sternen mehr geben würde.
Mein
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