Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet
sie uns begrüßt hatte, entschwand sie, um für mich und die Lieutenants ein Zimmer zu richten.
Über die beiden Enkel hatte mich Bogulob bereits unterrichtet: Sie waren die Kinder seines einzigen Sohnes. Beide Eltern waren im Verlauf der sogenannten Entpopularisierung von Mir - aufgrund ihrer Weigerung, den angestammten Besitz zu verlassen - ums Leben gekommen.
Hamon war ein aufgeweckter, fröhlicher Bursche von vierzehn Jahren, der, als wir die Wohnung betraten, lakritzeessend vor dem Fernseher saß.
Der Fernseher gehörte, wie ich auf den ersten Blick sah, zu den festen Bestandteilen der Wohnung. Der Film, der gerade lief, kam von BIG MOTHER und zeigte Einzelheiten aus dem Produktionsprozeß . Eine mechanische Stimme kommentierte.
Oliva mit ihren siebzehn Jahren war eine erblühende Schönheit. Glutäugig, mit langem rabenschwarzem Haar und mit den graziösen Bewegungen einer Ballerina, erschien sie mir als das anmutigste weibliche Wesen, dem ich nach Ruth O'Hara begegnet war.
Sie reichte uns allen die Hand, und zur mir sagte sie: „Großvaters Freunde sind auch meine Freunde. Ich hoffe, Sie werden sich wohl bei uns fühlen. Wollen Sie mir nicht Ihren Namen nennen?"
„Mark", sagte ich.
Oliva zog die Stirn kraus.
„Mark", wiederholte sie. „Das hört sich baraträisch an. Aber Großvater hat schon gesagt, daß das nicht zutrifft. Trotzdem - es ist ein Name, der mir gefällt. Wenn Sie wollen, dürfen Sie mich Oliva nennen."
Die beiden Lieutenants hatten es sich bereits auf dem Sofa bequem gemacht, und Hamon war damit beschäftigt, ihnen vorzurechnen, was alles BIG MOTHER innerhalb vierundzwanzig Stunden zu produzieren imstande war. Der Junge sprudelte die Zahlen und Fakten heraus wie ein Glaubensbekenntnis.
Bogulobs Miene verfinsterte sich. Er warf mir einen traurigen Blick zu und hob die Schultern.
Ich sah mich in der Wohnung um.
Darin war alles enthalten, was der Mensch zum Leben benötigt, und noch einiges mehr. Die Dekorationselemente bestanden aus lebensgroßen Postern mit den Abbildungen einiger streng blickender Herren in weißen Kitteln - und ohne daß ich zu fragen brauchte, wußte ich, daß es sich dabei um die Ingenieure handelte, von denen Bogulob gesprochen hatte: die gegenwärtigen Führer der Wohlstandspartei.
Bogulob , der hinter mich getreten war, sagte leise:
„Man bekommt die Poster geliefert, und man muß sie aufhängen -oder aber der Nachbar denunziert einen bei der Polizei. Die Ingenieure sind, wie ich schon sagte, die Hohenpriester unserer Zeit."
Mittelpunkt der Wohnung war ein Raum, dessen einzige Ausstattung aus einem Schaltpult mit nummerierten Knöpfen bestand. Davor lag ein Buch, das etwa das Format und den Umfang eines großstädtischen Telefonbuches hatte. In die Wand war eine Pendeltür eingelassen, von der eine Rutsche auf den Fußboden hinabführte. Bogulob sagte: „Das Herzstück jeder Wohnung in dieser Stadt, Mark. Hamon weiß darüber besser Bescheid als ich. Er wird es Ihnen erklären."
Hamon tat dies mit dem Eifer eines Missionars.
„Sagen Sie bloß, Sie wissen nicht, was das ist, Mark! Das weiß doch jedes Kind."
Ich unterdrückte ein Schmunzeln. „Ich weiß es nicht."
Hamon musterte mich mißtrauisch . Er schien sich nicht im klaren zu sein, wieweit er mir glauben durfte.
„Sie nehmen mich nicht auf den Arm ? " „Ganz bestimmt nicht, Hamon ."
Er wiegte den Kopf.
„Mann, wo kommen Sie bloß her!"
Sein Mißtrauen begann sich zu legen. Er war bereit, mir zu glauben - und damit erwachte sein Ehrgeiz.
Hamon reichte mir das Buch.
„Los, suchen Sie sich was aus, Mark!"
Das Buch war kein Telefonbuch. Es war das vollständige Verzeichnis aller von BIG MOTHER lieferbaren Artikel. Jeder Artikel war mit einer Nummer versehen.
„Egal was?" fragte ich.
„Egal was", antwortete Hamon . „Über die Rutsche bekommen wir ohnehin nur Sachen, die nicht größer sind als ein mal ein mal ein Meter. Alles andere muß man sich aus den Depots holen."
Ich machte die Probe aufs Exempel, indem ich das Buch einfach aufschlug und mit dem Finger auf eine Zahl wies: „Also gut. Die Bestellnummer ist 38-24-47-13."
Hamon wiederholte die Nummer und drückte die entsprechenden Knöpfe.
„Es wird etwa fünf Minuten dauern", sagte er. „Aber in den Neubauten geht das bereits ruckzuck."
Ich sah auf die Uhr. Wir warteten.
Nach vier Minuten und dreiundfünfzig Sekunden schlugen die Pendeltüren auseinander, und auf der Rutsche erschien der angewählte
Weitere Kostenlose Bücher