Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet
Kontrollbaracken. Den Schlagbaum galt es zu meiden. Die wachhabenden Polizisten ließen sich nicht ablenken - und jenseits des Schlagbaums lauerten im Dunkeln und in nicht einzusehenden Verstecken ihre Kollegen mit den blutgierigen großen Hunden.
Oliva an der Hand, schlug ich die andere Richtung ein, um die Mauer in Augenschein zu nehmen.
Ihr Anblick bewies, daß mein Entschluß übereilt war.
Wer diese Mauer überwinden wollte, mußte sich mit Leiter und Seil ausrüsten wie zum Ausbruch aus dem Innenhof eines Zuchthauses; doch selbst, falls es ihm unbehelligt gelingen sollte, die Mauer zu erklimmen, hatte er noch nichts erreicht, denn dann geriet er unweigerlich in den Lichtkegel der Scheinwerfer und damit in das Schußfeld der Wächter.
Die Wächter schliefen nicht. Auf den Wachttürmen sah ich ihre Silhouetten vor dem bestirnten Himmel; hier und da glomm eine Zigarette.
Oliva und ich folgten der Mauer, und mit jedem Schritt, den ich tat, schmolz meine Zuversicht dahin. Oliva hatte recht: Die Stadt unbemerkt zu verlassen war unmöglich. Oliva schien meine Gedanken zu erraten, denn ihre Hand drückte auf einmal die meine.
„Mark, es war sehr lieb gemeint - aber wir sollten's aufgeben. Es geht einfach nicht. Machen Sie sich keine Vorwürfe. Es ist nicht Ihre Schuld."
Ich blieb stehen, um zu überlegen.
Ich haderte mit mir selbst. Mit großen Versprechungen war ich gekommen - und nun stand ich mit leeren Händen da.
Wir befanden uns auf einer Brücke. Unter uns, dunkel und geheimnisvoll, strömte ein breiter Fluß majestätisch einem fernen Meer entgegen. Die Luft schmeckte feucht und kühl. Ich musterte die Böschung. Sie war flach und ohne Hindernisse.
„Das letzte Wort, Oliva ", sagte ich, „ist noch nicht gesprochen. Du bekommst deinen Spaziergang im Wald. Alles, was wir dazu benötigen, ist ein Depot. Wo ist das nächste?"
Oliva sah sich um und schüttelte betrübt den Kopf. „Mark, in dieser Gegend bin ich nie gewesen."
„Aber du mußt doch wenigstens wissen, woran man ein solches Depot erkennt."
„Oh!" sagte Oliva erleichtert. „Wenn es nur das ist! Ein Depot ist immer sehr groß, es hat keine Fenster, und es ist immer knallrot gestrichen."
Ich zog Oliva bereits hinter mir her. „Dann komm."
Wir mußten nicht lange suchen. Bereits in der nächsten Hauptverkehrsstraße, in die wir einbogen, war der knallrote Anstrich, von verdeckten Scheinwerfern angestrahlt, der beherrschende Mittelpunkt.
Das Depot hatte das Aussehen eines rechteckigen Bunkers. Eine gelbe Aufschrift kennzeichnete es als
BIG-MOTHER-DEPOT Nr. 408
Wir traten ein.
Selbst ich, gewohnt an den Anblick der VEGA-eigenen Arsenale auf der Erde und auf der Venus, war beeindruckt. Von der Stecknadel bis zum beleuchteten Springbrunnen war alles vorhanden.
Anfangs wollte ich für uns ein Boot besorgen - doch nun änderte ich meinen Sinn. Ein Boot, das flußabwärts schwamm, war eine höchst auffällige Angelegenheit -und die Blicke der Wachtposten auf den Türmen waren dafür gewiß geschärft.
Ich fand eine Dose mit schnelltrocknendem Metallkitt und gab sie Oliva zum Tragen.
„Was ist das?" fragte sie. „Was fangen wir damit an? Das ist doch nur Kitt."
„ Wart's ab!" antwortete ich.
Im Kellergeschoß stießen wir auf die Automobile. Ich wählte eines mit nur zwei Türen und hieß Oliva einsteigen. Der Zündschlüssel steckte, der Tank war randvoll. Zum ersten Mal in meinem Leben saß ich in einem benzingetriebenen Fahrzeug. Auf der Erde war das letzte irgendwann in den späten zwanziger Jahren gefahren. Ich entdeckte die Betriebsanleitung und überflog sie. Danach sah ich auf die Uhr.
Die Zeit lief. Sie lief uns davon.
In einer knappen halben Stunde würde die Sonne aufgehen.
Oliva stellte keine Fragen mehr - selbst dann nicht, als ich mich daran machte, die Türspalten des Automobils mit Metallkitt abzudichten. Ich arbeitete rasch und konzentriert, aber dennoch verstrichen zehn kostbare Minuten. Ich drehte den Zündschlüssel, und der Motor heulte auf. Ich trat die Kupplung, legte den Gang ein, gab etwas Gas, ließ die Kupplung los, und der Wagen setzte sich tatsächlich in Bewegung. Behutsam lenkte ich ihn aus dem Depot heraus. Auf der Straße trat ich das Pedal durch.
Der Wagen schoß über die Brücke. Ich riß das Steuer herum.
Oliva schrie auf.
Der Wagen rumpelte die Böschung hinunter und klatschte in den Fluß . Der Motor verstummte.
Was ich erwartet hatte, trat ein. Der Wagen schwamm. Die Strömung löste
Weitere Kostenlose Bücher