Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange
meiner Koje, nachdem ich die Brückenwache an Captess Kato abgetreten hatte, und dachte zurück. Schon einmal war ich unterwegs gewesen nach Las Lunas. Die Kronos , jenes so lange von mir geführte Schiff, mit Captain Romen am Steuer, hatte John Harris und mich dorthin gebracht, wo Jing Fu bereits wartete.
Ein paar Stunden vor der Gründungsproklamation war wieder alles in Frage gestellt. Die Las Lunianer hatten im letzten Augenblick den Pachtpreis für die alte Versorgerrampe erhöht – und ohne ein geeignetes Stück Pachtland auf dem Mond konnte man sich den exterritorialen Status der UGzRR an den Hut stecken. Harris und sein VOR-Kollege verbrachten einen vollen Tag am Visiofon, um mit viel List und Tücke und Bettelei die zusätzlichen Mittel aufzutreiben.
Und dann, als diese vermaledeite Hürde genommen war, drohte der Pachtvertrag erneut zu platzen. Diesmal lag es an Captain Romen. An der Konferenz, die der endgültigen Ratifizierung vorausging, nahm ich als stummer Beobachter teil. Meine Aufgabe sollte es sein, der UGzRR vorzustehen als auch eines ihrer Schiffe, das Flaggschiff, zu führen. Mit dem politischen Hickhack, so hatte ich mir ausbedungen, wollte ich nichts zu tun haben. Mit den öligen Las Lunianern, die in der Welt nur ein Objekt der Ausbeutung sahen, hatte ich mich nie anzufreunden vermocht.
Als das Visiofon anschlug, nahm Walter Klearchos, der die Las-Lunas-Seite vertrat, das Gespräch entgegen. Ich achtete nicht auf das, was er sprach, aber mir fiel auf, daß seine Miene sich verfinsterte. Schließlich winkte er mich zu sich heran.
»Das geht Sie an, Commander.«
Kurz zuvor noch hatte er sich jovial und aufgeknöpft gegeben. Nun klang seine Stimme mürrisch und kalt. Ich zwängte mich vor den Monitor.
Der Anrufer war Terence Klostermann, der die zum Hotelkomplex gehörende Nobelkneipe Komet-Bar leitete. Wenn, wie man so sagt, Blicke hätten töten können – ich wäre nicht einmal mehr dazu gekommen zu sagen: »Ja, bitte, Mr. Klostermann.« Klostermann schäumte vor Wut.
»Commander, ich bin außer mir! Sie können mir glauben, daß ich schon manches erlebt habe, aber so etwas …«
Ich unterbrach ihn.
»Kommen Sie zur Sache, Mr. Klostermann! Was ist passiert?«
Er schnappte nach Luft. Am liebsten wäre er mir durch Draht, Kabel und Monitor ins Gesicht gesprungen.
»Einer Ihrer Leute, Commander, dieser schwarzhaarige Captain, ist drauf und dran, mir den Laden zu demolieren. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich nicht zögern werde, die Polizei zu holen. Die Komet-Bar, lassen Sie sich das gesagt sein, ist nicht die Versorgerrampe.«
Hätte ich Mr. Klostermann gesagt, daß Captain Romen, bevor er nach Las Lunas gestartet war, an Bord eines kaum noch flugtüchtigen Prototyps gerade von einem neunwöchigen Testflug zurückgekehrt war – er hätte, was sich damit verband, doch nicht begriffen.
Ich faßte mich kurz: »Unternehmen Sie nichts! Ich komme.«
Die Komet-Bar, muß man wissen, war das gesellschaftliche Mekka von Las Lunas. Hier trafen sich zu fortgeschrittener Stunde die tonangebenden Las Lunianer mit auswärtigen Politikern und Diplomaten; hier verkehrte der internationale Cruiserset mitsamt seinem juwelenbehängten weiblichen Anhang; hierher kamen die gewerbsmäßigen Spieler und die unvermeidlichen Glücksritter; und natürlich versammelten sich hier die zwielichtigen Nachrichtenjäger und Informationsaufkäufer aus Ost und West.
Kurz: die Komet-Bar war einer jener Schuppen, von denen man sich am besten fernhielt. Als ich aus dem Fahrstuhl stieg, war ich auf das Schlimmste gefaßt.
Mr. Klostermann wies mir mit zitternder Hand die Richtung.
»Das ist mein Ruin, Commander, mein Ruin!«
Wahrscheinlich verirrte sich von der Astronauten-Gilde nur selten jemand in sein Etablissement, sonst hätte er bereits über einschlägige Erfahrungen verfügt.
Die angeheiterte Kronos -Crew hatte die Bühne gestürmt, und auf dieser stand nun im gleißenden Rampenlicht, schweißüberströmt, die Krawatte auf Halbmast, das Hemd fast bis zum Bauchnabel aufgerissen, mit verzücktem Gesicht, Captain Romen und bearbeitete die erbeutete Geige. Wenn Grischa Romen außer dem Fliegen etwas perfekt beherrschte, dann war es die Musik. Sie steckte ihm im Blut: die ungestüme Melodie der Pußta ebenso wie ein formvollendetes Rondo. Er war ein Virtuose auf der Mundharmonika und ein wahrer Paganini auf der Geige. Falls er seine Begabung auch nur ein wenig kultiviert hätte, wäre ihm die
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