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Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Titel: Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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gesamte internationale Musikwelt zu Füßen gesunken.
    Captain Romen stand mit funkelnden Augen und dem Lächeln eines Wolfes im Rampenlicht und spielte auf der erbeuteten Geige eine alte Zigeunerweise, und die Crew, die rings um ihn herum die Stellung hielt, indem sie die andrängende Meute der vertriebenen Musiker und zu deren Verstärkung herbeigeeilten Kellner abwehrte, schlug dazu den Takt und gröhlte den improvisierten Text: »Perlen und Brillanten sind was für alte Tanten. Und jeder Kerl im Frack – das ist ein Aff' im Sack.«
    Mr. Klostermann – klein, rundlich und parfümiert, ein Mondgesicht mit Knopfaugen – rang die Hände.
    »Commander, es ist eine Katastrophe, ein Skandal! Sehen Sie … sehen Sie, was jetzt wieder geschieht! Man richtet mich zugrunde!«
    Mr. Klostermann war dem Zusammenbruch nahe. 
    Ich sah keinen Grund, mich aufzuregen: außer, daß der Regierende Bürgermeister von Las Lunas, Pietro Anastasia, und seine Frau die Komet-Bar betreten hatten und sich nun, wie das hier üblich war, von einem dargebotenen Tablett das Begrüßungsglas nahmen. Sie wählten Champagner. Mr. Klostermann sah das. Ich sah das. Und auch Captain Romen sah das.
    Und plötzlich begriff ich.
    Captain Romen zog seine beliebte Nummer ab. Der Geigenton schraubte sich in die Höhe. Der Wolf hatte ein neues, ahnungsloses Opfer gefunden.
    Die Crew, die die Bühne verteidigte, brüllte: »Rubine und Topase, die find ich auch im Glase. Und wenn das nicht so ist, dann ist der Inhalt Mist.«
    Es war nicht der Text des Liedes, was Mr. Klostermann als Katastrophe bezeichnete. Es war die Musik selbst, dieser irrwitzige Geigenton, der sich höher und höher schraubte. Captain Romen war auch hierin ein Meister. Ich sah: In eben diesem Augenblick, als Pietro Anastasia und seine Frau miteinander anstießen, war es so weit. Der hohe, kaum noch hörbare Geigenton tat seine Wirkung. Was mit den beiden Champagnergläsern geschah, glich einer kleinen Explosion. Sie zerplatzten den beiden in den Händen.
    Captain Romen spielte einen Tusch. Pietro Anastasia drohte mit beiden Fäusten. Und seine Gemahlin stand in triefender Abendrobe da und schrie wie am Spieß. 
    Die Crew schmetterte: »Für uns ist nichts verboten, wir tun, was uns gefällt. Wir sind die Raumpiloten, direkt vom Arsch der Welt.«
    Mr. Klostermann lag vor mir auf den Knien.
    »Commander, eine solche Beleidigung wird Pietro Anastasia niemals vergessen. Er wird auch mich, weil ich das zuließ, zur Rechenschaft ziehen …«
    Inzwischen fand selbst ich, daß Captain Romen mit der Darstellung seiner Künste etwas zu weit ging, und so kletterte ich auf die Bühne, nahm ihm die Geige aus der Hand und sagte: »Du tollgewordener Zigeunerprimas! Ich glaube, dir ist überhaupt nicht klar, was du hier anrichtest! Diese Las Lunianer schmeißen uns doch glatt den ganzen Vertrag hin …«
    Sie schmissen ihn nicht hin, aber sie ließen sich den in der Komet-Bar angerichteten Schaden Posten für Posten bezahlen. Ein paar Dutzend geplatzter Gläser, drei, vier für die Reinigung reife Abendkleider, ein beleidigter Regierender Bürgermeister – die Summe entsprach den Kosten eines kompletten Rettungskreuzers.
    Am nächsten Morgen nahm mich John Harris beiseite. »Also, die Sache ist so weit geregelt, Brandis. Bleibt die Frage: In welcher Form zieht man Captain Romen zur Verantwortung? Nur weil er Zigeuner ist, genießt er schließlich keine Narrenfreiheit …«
    Ich brauchte nicht zu überlegen. Von mir wurde erwartet, daß ich eine funktionierende Organisation auf die Beine stellte. Dieser Pachtvertrag und sogar die Unterzeichnung der Gründungsurkunde waren lediglich eine Grundlage. Die eigentliche Arbeit stand noch bevor. Was ich dafür benötigte, war ein halbes Dutzend raumerfahrener Besatzungen. Und so erwiderte ich: »Ich möchte vorschlagen, Sir, daß unser Geigenkünstler den Schaden abarbeitet: als C.v.D. der Florence Nightingale .«
    »Nein!« sagte John Harris wütend. »Auf keinen Fall!«
    Als ich an dieses Nein zurückdachte, mußte ich schmunzeln. Denn in eben diesem Augenblick war die von Captain Romen hervorragend geführte Florence Nightingale zur havarierten Fulgor unterwegs. Meine Gedanken kehrten abrupt in die Gegenwart zurück.
    Der Lautsprecher schepperte. »Commander, bitte auf die Brücke! Commander, bitte auf die Brücke!«
    Ich fuhr aus meiner Koje und stellte fest, daß die Sonne, die mich lange genug geärgert hatte, nicht mehr durch das Bullauge schien. Das

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